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22.09.17 / Bunzlauer Tassen im Schrank / Dank einer Idee von Polens Präsidentengattin kommt »Tippelware« wieder zu Bekanntheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-17 vom 22. September 2017

Bunzlauer Tassen im Schrank
Dank einer Idee von Polens Präsidentengattin kommt »Tippelware« wieder zu Bekanntheit
Chris W. Wagner

Mittlerweile von vielen Polen durchaus liebevoll „Bunzloki“ genannt, ist die berühmte Bunzlauer Keramik nun endlich auch im Bewusstsein der Polen angekommen, allerdings über die internationale Werbung als „Polish Pottery“.

Dass dieses hierzulande zumindest unter älteren Semestern bekannte Markenzeichen Bunzlaus und damit auch Schlesiens in letzter Zeit durch die polnische Presse ging, dazu trug Polens First Lady Agata Kornhauser-Duda bei. Sie schenkte dem britischen Kronprinzenpaar William und Kate bei ihrer Visite im Warschauer Palast „Belweder“ Mitte Juli als Gastgeschenk ein Bunzlauer Teeservice und erhöhte damit die Akzeptanz dieses eigentlich ja deutschen Kulturguts in der Republik Polen. Die Verkaufszahlen haben seit dem blaublütigen Besuch nun auch im Land zugenommen. „Bunzlau ist eine nicht allzu große Stadt in Niederschlesien, in der bereits im Mittelalter eine besondere Tonart entdeckt wurde. Die ersten dokumentierten Töpfereien sind dort bereits im 16. und 17. Jahrhundert entstanden“, erklärte die in Krakau geborene Deutschlehrerin und Präsidentengattin beim Überreichen des Geschenks. Gekauft wurde das Teeservice allerdings nicht in Bunzlau, sondern in einem Warschauer Firmenverkauf.

Polish Pottery hin oder her, der Großteil der Keramikproduktion geht ins Ausland. Die Deutschen und die US-Amerikaner lieben immer noch die klassischen kobalt-, braun- und rotgemusterten Geschirre im Pfauaugendekor. Der neue Markt in Fernost bevorzugt Pastellfarben und moderne Dekore, die ein Europäer sonst auf Bunzlauer Keramik nicht vermuten würde. Auch orangefarbene Keramik oder solche in mintgrün, türkis oder hellbraun wird dort gerne gekauft.

Wer jedoch auf dem Bunzlauer Ring, dem Marktplatz der Stadt, nach der einst und nun allmählich wieder berühmten Keramik sucht, wird bitter enttäuscht. Es gibt gerade einmal einen Glaswarenladen, doch dort sucht man Bunzlauer Keramik vergeblich. Allerdings eröffnete Anfang Juli gegenüber des Bunzlauer Rathauses eine neue Tourismusinformation. Dort soll für die Keramikstadt die Werbetrommel gerührt werden. Doch im Moment werden nach Keramik Suchende erst einmal in das nur wochentags geöffnete Internationale Keramikzentrum (MCC) oder in die am Stadtrand gelegenen Manufakturen mit ihren Werksverkaufshallen gelotst. Auch sonst deutet keine Werbung auf dem Ring darauf hin, wofür die Stadt stand und zumindest in der Theorie eigentlich wieder stehen soll.

Erst beim Besuch des Keramikmuseums wird einem bewusst, wo man sich eigentlich befindet. Dieses knüpft an das deutsche Stadtmuseum von 1908 an, das jedoch mit dem Kriegsende gänzlich ohne Exponate dastand. So hat man sich dort ausschließlich der Keramik zugewendet. Bei einer Führung erfährt man zum Beispiel, dass bereits 1380 im Schweidnitzer Stadtbuch ein Bunzlauer Töpfer erwähnt wurde oder man erhält Informationen über die erstmalige Erwähnung der Töpferzunft im Jahre 1511. Seinen guten Ruf konnten die Bunzlauer Produkte 1851 auf der Weltausstellung in London bestätigen, wo die Erzeugnisse der Töpferei Johann Gottlieb Altmann mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurden. Bahnbrechend war 1897 die Gründung der international renommierten Königlichen Keramischen Fachschule, deren gesamtes Lehrpersonal von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin nach Bunzlau kam. Die Erfolgsgeschichte der Bunzlauer Keramik endete mit dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung.

Im Jahre 1946 konnte die Keramikproduktion durch Tadeusz Szafran (1886 - 1955), einen Professor der Schule für Dekorative Kunst Krakau, wiederaufgenommen werden. Doch bis die Stadt begann, sich zu ihrem Vorkriegserbe umfassend zu bekennen, ging viel Zeit ins Land. 1994 wurde das erste Keramikfest der Nachkriegszeit in Bunzlau durchgeführt, das allerdings erst ab 1999 jedes Jahr im August gefeiert wird.

Das schönste im Keramikmuseum bleibt natürlich die „Tippelware“ selbst. Diese wurde aus vielen niederschlesischen Museen zusammengetragen oder es handelt sich um Schenkungen aus privaten Sammlungen, die das Ziel haben, die Entwicklung vom einfachen Braungeschirr zu der bunt dekorierten Keramik Bunzlauer Art in der Zeit von etwa 1900 bis 1945 zu dokumentieren. Vielleicht spricht man im Hause Windsor beim Tee aus Bunzlauer Keramik über „traditionelle“ Polish Pottery. Eine bessere Werbung für Bunzlau als der First Lady gelang wohl noch niemandem.