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22.09.17 / Berliner Teufelsberg – Geschichte eines besonderen Horchpostens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-17 vom 22. September 2017

Berliner Teufelsberg – Geschichte eines besonderen Horchpostens
Silvia Friedrich

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es hier keine Erhebung. Der Berliner Teufelsberg, am Nordrand des Grunewalds gelegen, entstand erst aus nicht mehr verwendbarem Trümmerschutt aus geschätzten 88000 ausgebombten Ruinen Berlins. Der Abraum wurde über behelfsmäßige Eisenbahntrassen in den Wald befördert. Dass sich im Kalten Krieg hier die britisch-amerikanische „Field Station Berlin“ befand, beschreibt das Buch „Der Teufelsberg in Berlin. Eine archäologische Bestandsaufnahme des westlichen Horchpostens im Kalten Krieg“. 

Die beiden Autoren Wayne D. Cocroft und John Schofield sind beide Archäologen mit Forschungsschwerpunkten „Moderne Militäranlagen“ und „Neuere Militärarchäologie“. Wobei Schofield noch eine ganz persönliche Beziehung zu den Anlagen auf dem Teufelsberg hat, wie er in einer privaten Anmerkung gleich zu Beginn des Buches erklärt. Sein Vater nämlich, Wing Commander A.E. Schofield, war zwischen 1971 und 1973 Kommandeur der 26 (UK) Signals Unit in Berlin. Die Familie lebte in Gatow, und Schofield erinnert sich, wie sein Vater täglich mit dem schwarzen Opel zur Arbeit fuhr.

Die Geheimnisse um die Einrichtung, die eine der wichtigsten elektronischen Abhör- und Nachrichtenbeschaffungsanlagen des Westens war, nahm der Kommandeur mit ins Grab. Nie hatte er von seiner Arbeit berichtet. Vielleicht ein besonderer Grund für den Autor, sich nun der Anlagenruine anzunehmen und sie genauer zu untersuchen.

Was den Trümmerberg, der seinen Namen von einem nahegelegenen See erhielt, von den Berlinern aber auch „Monte Klamott“ genannt wurde, so bedeutsam machte, war die Lage. Ganz West-Berlin lag 160 Kilometer hinter dem Eisernen Vorhang. Inmitten der DDR mit den Truppen der Nationalen Volksarmee und den sowjetischen Streitkräften in der sowjetisch besetzten Zone bot sich hier ein Horchposten der besonderen Art. Elektronische Signale der umliegenden Streitkräfte des Warschauer Paktes wurden dort überwacht von einer riesigen Anzahl Mitarbeitern. 

So erfährt man gleich in der Einführung, dass von den 5000 Militärangehörigen und zivilen Angestellten der Vereinigten Staaten in der Stadt 40 Prozent im Bereich der Nachrichtenbeschaffung beziehungsweise Spionageabwehr tätig waren. Hinzu kam noch britisches und französisches Personal. 

Das Buch führt den Leser durch die Geschichte des Kalten Krieges am Beispiel der Abhöranlage und lässt einen tieferen Blick in die heutige Ruinenlandschaft zu. Das letzte Kapitel befasst sich mit der Zeit nach dem Mauerfall und dem verlassenen Areal als archäologischer Stätte.

Der Teufelsberg, der heute von Freizeitaktivisten redlich genutzt wird, birgt nicht nur ein Geheimnis. An seiner Stelle stand in den 1940er Jahren der Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät, von Albert Speer erbaut, die im Rahmen der nationalsozialistischen Planung der Welthauptstadt Germania entstehen sollte. Die Anlage wurde gesprengt, ihre Fundamente mit Trümmerresten gefüllt.

Wayne D. Cocroft/ John Schofield: „Der Teufelsberg in Berlin. Eine archäologische Bestandsaufnahme des westlichen Horchpostens im Kalten Krieg“, Ch. Links-Verlag, Berlin 2016, broschiert, 120 Seiten, 20 Euro