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29.09.17 / Versprechen uneinlösbar / Bis 2018 wird nicht jeder Haushalt über schnelles Internet verfügen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-17 vom 29. September 2017

Versprechen uneinlösbar
Bis 2018 wird nicht jeder Haushalt über schnelles Internet verfügen
Peter Entinger

Das Versprechen der Bundesregierung, dass bis 2018 jeder Haushalt über schnelles Internet verfügen werde, wird nicht gehalten werden. Vor allem auf dem flachen Land ist man davon weit entfernt. Während Bewohner vieler Ballungsgebiete über Breitband-DSL-Anschlüsse mit passablen Übertragungsraten oft stabil ins Netz kommen, ist der ländliche Raum stellenweise digitale Provinz. Knapp ein Viertel der deutschen Haushalte kriegt nicht einmal die Übertragungsrate von 50 Megabits pro Sekunde. Laut Zahlen der Bundesnetzagentur gab es Mitte 2015 in Deutschland rund zwei Millionen Glasfaseranschlüsse in Wohnungen und Gebäuden, von denen rund ein Fünftel aktiv genutzt wird. Das ist im europäischen Durchschnitt sehr wenig. Die Politik schafft offenbar wenig Anreize, direkt in Glasfaser zu investieren, anstatt auf Brückentechnologien zurückzugreifen. „Der aktuelle Stand der Glasfaser-Versorgung ist nicht gut, aber das eigentliche Drama ist, dass der Aufholprozess durch politische Weichenstellungen unzureichend unterstützt wird“, kritisiert Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, die mehrere Studien zu diesem Thema veröffentlicht hat. „Wir haben ein Problem bei der digitalen Infrastruktur“, sagt auch Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), gegenüber „Spiegel Online“. „Die jetzigen Anbindungen, die vor allem auf Kupferleitungen basieren und vielleicht 50 oder 100 Megabits pro Sekunde liefern, sind keine Zukunftstechnologie. Eine solche Infrastruktur wird modernen Unternehmen in spätestens fünf bis zehn Jahren nicht annähernd erlauben, im internationalen Wettbewerb zu bestehen.“

Stärker als im Baltikum und skandinavischen Staaten wird in Deutschland die Versorgung den Telekommunikationsbetreibern überlassen. Diese haben ihre Aktivitäten aus wirtschaftlichen Gründen aber auf die Ballungsgebiete konzentriert. 

Der „Innovationsindikator“ des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung bestätigt, wie weit Deutschland im internationalen Vergleich zurückhängt. In der Gesamtwertung belegt die Bundesrepublik zwar einen guten vierten Rang unter 35 führenden Industrienationen. Im Teilbereich Digitalisierung schafft sie es aber nur auf Platz 17. Der Bund solle sich ambitioniertere Ziele setzen, meinen die Fraunhofer-Experten. Mit einem Breitbandziel von 50 Mega-bits pro Sekunde bis 2018 fällt Deutschland hinter die EU-Marke von 100 Megabits pro Sekunde bis 2020 zurück. 50 Megabits pro Sekunde seien auch mit VDSL (Very High Speed Digital Subscriber Line) und Vectoring über das bestehende Kupfernetz zu schaffen, ein besonderer Anreiz für Investitionen in Glasfaser ist das nicht.

„Vectoring verhindert einen konsequenten Glasfaser-Ausbau“, bemängelt Kirsten Witte, Kommunalexpertin der Bertelsmann Stiftung, diesen „deutschen Sonderweg“. Die Bundesregierung bezeichnet diese Umrüstung der alten Kupferleitung als „Übergangstechnologie“. Doch dagegen gibt es Widerstand: „Die Politik muss sich jetzt klar zur reinen Glasfaser bekennen und ein solches langfristiges, tragfähiges Infrastrukturziel setzen“, sagt Stephan Albers, Geschäftsführer des Bundesverbands Breitbandkommunikation.