27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.09.17 / Unausgegoren wie die »Energiewende« / Welche Schwierigkeiten ein zeitnahes Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor mit sich brächte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-17 vom 29. September 2017

Unausgegoren wie die »Energiewende«
Welche Schwierigkeiten ein zeitnahes Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor mit sich brächte
Norman Hanert

Prominente Vertreter der Grünen, sowie SPD- und unionsregierte Länder wollen bereits ab 2030 keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr zulassen. Ähnlich wie bei der „Energiewende“ besteht damit die Gefahr, dass die Politik eine folgenreiche Weichenstellung vornimmt, bevor überhaupt grundlegende Voraussetzungen geklärt sind.

Im Fall der „Erneuerbaren“ Energien ist es die Frage einer großtechnischen Speicherung, die bis heute ungelöst ist. Auch das momentan so stark von der Politik propagierte E-Auto krankt bislang an dem Problem der unbefriedigenden Speicherfähigkeit von Strom. Trotz erheblichen Forschungsanstrengungen ist ein großer Durchbruch bei der Energiedichte der Batterien bisher noch nicht gelungen. Im Schnitt weisen die Lithium-Polymer-Akkus eine Energiedichte von 140 bis 180 Wattstunden je Kilogramm Gewicht auf. Die Energiedichte von Benzin liegt dagegen bei 12800 Wattstunden pro Kilo. Das „Energiebündel“ Diesel ermöglicht noch größere Reichweiten. 

Neue Konzepte, etwa neuartige Feststoffzellen für Lithium-Ionen-Akkus, sind zwar angekündigt, allerdings bislang nicht serienreif. Als interessanter Lösungsansatz für das Reichweitenproblem bei Batterien galt einige Zeit das Konzept eines Schnellwechsels der Akkus an Ladestationen. Ein Pilotprojekt in Israel, das weltweit als Vorbild dienen sollte, ist allerdings im Jahr 2013 gescheitert. 

Auch die zu beobachtende Gewichtszunahme von Akkus lässt einen Schnellwechsel als Alternative zu langen Ladezeiten immer unrealistischer erscheinen. So wiegt die 90-Kilowatt-Batterie, die der Hersteller Tesla in seinen E-Autos verbaut, mehr als eine halbe Tonne. Tesla integriert die Batterie zudem in die Struktur des Autos, was einen Schnellwechsel zusätzlich ausschließt. 

Stattdessen setzt der US-Autobauer auf eine Schnelllade-Technik. Trotz der Bezeichnung „Supercharger“ (Spitzenladegerät) für ihre Stromtankstellen müssen die Nutzer der E-Autos im Vergleich zur Tankfüllung für Benzin- oder Dieselfahrzeuge allerdings immer noch viel Zeit aufwenden. Tesla gibt für eine Reichweite von 270 Kilometern als Ladezeit immerhin eine halbe Stunde an. 

Drastische Dimensionen deuten sich auch bei der notwendigen Infrastruktur für Ladestationen an. Die Statistik wies zum Jahresbeginn 62,6 Millionen Kraftfahrzeuge und rund 14500 Tankstellen für ganz Deutschland aus. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren würde es nötig machen, dass mehrere Millionen Parkplätze für Autos mit einer Ladestation ausgestattet werden. Inzwischen sind Planungen der EU-Kommission bekannt geworden, offenbar ab 2025 in neuen und grundlegend renovierten Büro- oder Behördengebäuden mit mehr als zehn Parkplätzen die Installation von Ladestationen obligatorisch zu machen. Bei Neubauten oder großen Renovierungen von Mehrfamilienhäusern mit mehr als zehn Parkplätzen will die Brüsseler Kommission sogar eine Verkabelung jedes Parkplatzes fordern. Bei derzeitigen Preisen von bis zu 75000 Euro pro Ladestation droht als Folge ein massiver Kostenschub beim Bau oder der Renovierung von Immobilien. 

Skeptisch stimmen muss auch die Entwicklung in Norwegen, das als Vorreiter in Sachen Elektromobilität gilt. Die Organisation „Elbilforening“, welche die Interessen der norwegischen E-Autofahrer vertritt, hat vor Kurzem den Rat erteilt, auf die Anschaffung eines Elektroautos zu verzichten, wenn keine Möglichkeit besteht, die Fahrzeugbatterien zu Hause zu laden. Hintergrund ist die Schere zwischen zugelassenen E-Autos in Norwegen und den bereitstehenden Lademöglichkeiten. 

Angesichts des derzeitigen Bestandes von über 60 Millionen Kraftfahrzeugen in Deutschland drängt sich allerdings auch noch die Frage auf, wie der Mehrbedarf an Elektroenergie gedeckt werden soll. Der Wissenschaftsjournalist Vince Ebert hat sich auf spektrum.de die Mühe gemacht, allein die Auswirkungen von einer Million E-Autos durchzukalkulieren. Zur Erinnerung: Sigmar Gabriel  hatte im Jahr 2008 als Umweltminister das Ziel ausgegeben, dass hierzulande bis 2020 eine Million Elektroautos unterwegs sein sollen. 

Der Journalist Vince Ebert rechnet vor: „Für diesen Fall sollen laut Bundesregierung moderne Schnellladestationen von jeweils 350 Kilowatt Leistung im gesamten Land installiert werden. Dazu ein Rechenbeispiel: Angenommen, es ist 20 Uhr, und zehn Prozent der eine Million Elektroautobesitzer möchten ihre Fahrzeuge aufladen. Dann wird zusätzlich zu dem normalen Strombedarf eine Leistung von 35000 Megawatt benötigt. Das entspräche ungefähr 23 mittleren Kohlekraftwerken oder – falls Sie es nachhaltiger haben wollen – 35000 Windrädern.“ 

Damit nicht genug. Der immense Mehrbedarf an elektrischer Energie zum Ersatz der Energieträger Benzin und Diesel würde auch noch in eine ohnehin schwierige Umbruchphase fallen. Nach dem Willen der Bundesregierung soll bis 2023 das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz gehen. Als nächstes Großprojekt der „Energiewende“ zeichnet sich bereits ein Ausstieg aus der Kohleverstromung ab. Deutschland deckt bislang rund 47 Prozent seiner Stromerzeugung über die Verstromung von Stein- und Braunkohle ab.