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29.09.17 / »Ich dürste nach Blut« / Vor 50 Jahren starb Che Guevara, die Revolutionsikone mit der Baskenmütze

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-17 vom 29. September 2017

»Ich dürste nach Blut«
Vor 50 Jahren starb Che Guevara, die Revolutionsikone mit der Baskenmütze
Wolfgang Kaufmann

Der Argentinier Ernesto Rafael Guevara de la Serna, genannt Che Guevara, gilt als die Revolutionsikone schlechthin. Sein bärtiges Konterfei mit der Bas­kenmütze ziert noch heute unzählige Kleidungsstücke und Gebrauchsgegenstände. Dabei war Guevara ein ähnlich brutaler Gewalttäter im Dienste der kommunistischen Idee wie Josef Stalin oder Mao Tse-tung. Trotzdem verklärte ihn die Linke zum uneigennützigen Humanisten und zur Galionsfigur des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“.

Guevara, der am 14. Juni 1928 in der argentinischen Hafenstadt Rosario auf die Welt kam, entstammte einer ins Prekäre abgedrifteten bürgerlichen Familie mit baskischen und irischen Wurzeln. Er litt von Kindheit an unter Asthma, woraus wohl sein späterer Entschluss resultierte, Medizin zu studieren. Allerdings arbeitete Guevara, der 1953 zum Doktor der Medizin beziehungsweise Chirurgie promoviert wurde, nur sehr kurzzeitig als Arzt und schlug dann den Weg eines Berufsrevolutionärs ein, wofür nicht zuletzt seine tiefe Verehrung für Stalin verantwortlich war.

Der Beginn der diesbezüglichen Karriere des Argentiniers datiert auf das Jahr 1954, in dem er in Guatemala mit Nico López zusammentraf, der zu den Überlebenden des gescheiterten Sturms auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba gehörte. Dieser Mann wiederum machte Guevara im Sommer 1954 mit dem jungen Rechtsanwalt Fidel Castro bekannt, der den Umsturzversuch auf der Karibikinsel initiiert hatte. Daraufhin schloss sich Che Guevara, wie er nunmehr allgemein genannt wurde, den 85 Rebellen an, die am 2. Dezember 1956 auf Kuba landeten, um den Kampf gegen Diktator Fulgencio Batista fortzusetzen.

Anschließend avancierte Guevara bis Juli 1957 zum Comandante der zweiten Kolonne von Castros Streitmacht und stand damit im Rang gleich unter dem Anführer der Guerilleros. Verantwortlich hierfür waren sein taktisches Geschick, aber auch die brutale Härte, mit der er angebliche Deserteure und andere „Gegner der Revolution“ eliminierte. Erschießungen, so Guevara, seien „eine Notwendigkeit für das kubanische Volk“. Deshalb war es ihm auch ein dringendes Bedürfnis, selbst an Hinrichtungen teilzunehmen. „Ich … dürste nach Blut“, schrieb er damals an seine erste Frau Hilda.

Noch stärker lebte Guevara diesen Hang zur Grausamkeit nach dem Sieg der Revolution am 1. Januar 1959 aus. So ließ er als Kommandant des Gefängnisses La Cabaña sowie Vorsitzender des Obersten Kriegsrates zahlreiche Todesurteile vollstrecken – 216 Fälle sind namentlich belegt – und zeichnete darüber hinaus für die Errichtung von mehreren hundert KZ-ähnlichen Lagern verantwortlich, in denen auch exzessiv gefoltert wurde.

Späterhin bekleidete Guevara im „neuen Kuba“ zwei höchst verantwortungsvolle Regierungsämter, das des Industrieministers und das des Leiters der Nationalbank. Als Inhaber dieser Posten setzte der in wirtschaftlichen Belangen völlig unbedarfte Guevara eine allumfassende Verstaatlichung durch, um dann zum planwirtschaftlichen Zentralismus überzugehen. Damit vertrieb er sowohl das ausländische Kapital als auch zehn Prozent der kubanischen Bevölkerung. Infolgedessen brach die Zucker- und Getreideproduktion aufs Massivste ein, während der angestrebte Aufbau einer Schwerindustrie Illusion blieb.

Dazu kamen Guevaras diplomatische Fehltritte gegenüber der UdSSR. Mit seiner demonstrativen Verehrung des toten Stalin und des noch lebenden Mao erregte er wiederholt den Zorn Moskaus. Und dann übte Guevara im Februar 1965 auf der afrikanisch-asiatischen Solidaritätskonferenz in Algier gar noch ganz unverblümt Kritik an der amtierenden Sowjetführung, nachdem er zuvor bereits bemängelt hatte, dass während der Kubakrise keine Atomraketen in Richtung USA abgefeuert worden waren.

Nach dem Eklat von Algier muss­te Guevara von allen Ämtern zurücktreten, denn der deutlich pragmatischere Castro hielt es nun für nicht länger tragbar, das verantwortungslose Schwadronieren des Comandante, dessen Vorliebe für in Verruf geratene ideologische Modelle sowie dessen völlige Untauglichkeit als Minister zu tolerieren. Zumal der Ex-Guerillero auch immer eitler und launischer auftrat, was bei den Veteranen der Revolution für erhebliche Missstimmung sorgte, die sich gegen Castro selbst wenden konnte, wenn er dem Treiben Guevaras weiterhin tatenlos zuschaute.

Anschließend versuchte der kaltgestellte Guevara, das Modell der kubanischen Revolution in andere Länder zu exportieren. Der erste diesbezügliche Versuch im Kongo geriet zum kompletten Fiasko – woraufhin Guevara in rassistischer Manier gegen die Schwarzafrikaner wetterte. Und auch sein nächster Versuch, die Bewohner eines anderen Landes zur Rebellion aufzustacheln, endete ernüchternd. „Scheißbolivianer“, tobte er diesmal.

Denn nach dem Afrika-Abenteuer wollte Guevara die Revolution nun via Bolivien nach Argentinien tragen. Aber hierbei agierte das Expeditionskorps Havannas gleichermaßen allein auf weiter Flur, weil die Bauern in dem Andenstaat konsequent auf Distanz zu den Fremden gingen. Somit standen die Kubaner unter Guevara und Juan Vitalio „Vilo“ Acuña Núñez ohne Rückendeckung durch die Bevölkerung da, als das bolivianische Militär begann, Jagd auf die sogenannte Nationale Befreiungsarmee (ELN, Ejército de Liberación Nacional) zu machen. Interessanterweise zog Castro gerade in diesem Moment seinen Verbindungsmann in La Paz ab, was ein Indiz dafür ist, dass er insgeheim darauf hinarbeitete, den Unruhestifter Guevara zu isolieren und scheitern zu lassen.

Und tatsächlich dezimierten die Regierungstruppen die Guerilleros dramatisch. So wurde im August 1967 die gesamte Nachhut unter Núñez aufgerieben, wobei in dem Hinterhalt bei Vado de Puerto Mauricio auch die frühere Stasi-„Perspektivagentin“ Tamara Bunke alias „Tania“ starb.

Guevaras Gruppe selbst, die am Ende nur noch aus 14 Personen bestand, traf es am 8. Oktober 1967 in der nahe des Dorfes La Higuera liegenden Schlucht Quebrada del Churo. Dort geriet der Guerilla-Führer verwundet in Gefangenschaft. Dem folgte ein Verhör im Schulgebäude von La Higuera. Danach befahl der bolivianische Präsident René Barrientos Ortuño, Guevara ohne vorhergehende Gerichtsverhandlung zu exekutieren. Die Hinrichtung erfolgte am 9. Oktober 1967 um 13.10 Uhr durch den Feldwebel Mario Terán, der sich hierfür freiwillig gemeldet hatte. Guevara starb durch neun Kugeln und wurde anschließend eilends auf dem Flugplatz von Vallegrande verscharrt.