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29.09.17 / Für Allah oder für Europa? / Ob England, Dänemark oder Italien – überall gibt es einflussreiche muslimische Politiker. Ihre wirklichen Ziele bleiben oft unklar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-17 vom 29. September 2017

Für Allah oder für Europa?
Ob England, Dänemark oder Italien – überall gibt es einflussreiche muslimische Politiker. Ihre wirklichen Ziele bleiben oft unklar
Volker Kleinophorst

Der lange Marsch durch die Institutionen hat seit den 90er Jahren immer mehr muslimische Politiker in Europas Parlamente gebracht. Und eines ist sicher: Mit jeder neuen Wahl werden es mehr. 

Die Beinahe-Ernennung von Sevil Shhaideh zur ersten muslimischen Ministerpräsidentin in der EU 2016 bleibt eine Fußnote der europäischen Geschichte. Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis hatte den Vorschlag begründungslos abgelehnt, Shhaideh musste sich mit dem Stellvertreterposten und einem Ministerium trösten. Angst vor einem Umsturz wird es kaum gewesen sein. Es leben weniger als 70000 Muslime in Rumänien. Shhaideh vertritt einen liberalen Islam. Ihre Nicht-Ernennung hat wohl mit ihrem syrischen Mann zu tun, ein Assad-Anhänger, und nichts mit dem Islam.

Eines offenbart diese ungewöhnliche Nicht-Geschichte. Wenn jemand muslimischen Glaubens sein Ziel nicht erreicht, wird reflexartig die Diskriminierungsfrage gestellt. Dabei scheint der Islam in der Politik eher ein Quotenticket nach oben zu sein: Seit Anfang der 90-ger erste muslimische Politiker in europäische Parlamente gewählt wurden, ist deren Zahl kontinuierlich gestiegen. Saßen 2015 noch zwölf Muslime im britischen Parlament, sind es nach der Wahl 2017 schon 16 (acht Männer und acht Frauen): elf für Labour, drei für die Konservativen und einer für die Liberaldemokraten. 

Es gibt mittlerweile sogar 

18 Lords mit muslimischem Hintergrund. Einer der ersten war Nazir Ahmed. 1998 wurde er von Tony Blair ernannt und auf den Koran vereidigt. Labour-Mitglied Ahmed war von 2009 bis 2014 durchgängig in den „Muslim 500“, einer Liste der einflussreichsten Muslime weltweit, zu finden. Der gebürtige Pakistani versteht sich als dialogbereiter, moderater Muslim. Das schließt für ihn allerdings auch ein, den eingeladenen islamkritischen niederländischen Politiker Geert Wilders mit Hilfe von 10000 – höchstwahrscheinlich ebenfalls moderaten – Muslimen am Betreten des House of Lords zu hindern. „Ein Sieg für die muslimische Gemeinschaft“, tönte er danach. 

Auch Naseem Shah, bereits zum zweiten Mal für Labour im Parlament, haut gerne mal einen raus. Zuletzt, indem sie den Missbrauchsskandal von Rotherham verharmloste. In der mittelenglischen Stadt waren von 1997 bis 2013 etwa 1400 Kinder und Jugendliche von vorwiegend pakistanisch stämmigen Einwanderern systematisch missbraucht worden. Alles halb so schlimm, findet Shah. Im Internet bekannte sie sich mit einem „Like“ zu der Aussage: „Die missbrauchten Mädchen von Rotherham und sonst wo sollen doch ihren Mund halten. Zum Wohle der Vielfalt.“  Später ruderte sie zurück, behauptete ihre Zustimmung per Mausklick sei nur ein Versehen gewesen. Konsequenzen gab es keine.

Sediq Khan saß bereits zehn Jahre für Labour im Parlament, bevor er 2015 Bürgermeister von London wurde. Er gilt als einer der beliebtesten Politiker Englands. Die wenig sensible Äußerung, dass Terrorangriffe zum Leben gehören, brachte ihm zuletzt Kritik ein, auch weil er die Angriffe nicht islamisch nennen wollte. Da er sich für die gleichgeschlechtliche Ehe einsetzt, wird er auch von strenggläubigeren Moslems angefeindet.

Das ist nicht untypisch: Wer sich „westlich“ positioniert und seinen Glaubensgenossen gar Anpassung abverlangt, braucht schnell Leibwächter – wie der dänische Politiker Naser Khader. Leib und Leben wurden bedroht, nachdem er in punkto Terror festgestellt hatte: „Diejenigen, die diese Verbrechen begehen, sind Muslime. Sie benutzen muslimische Argumente. Sie benutzen den Koran“.  

Die Mehrzahl der muslimischen Politiker Europas steht links. Wie der italienische Politiker Khalid Chaouki, Mitglied des italienischen Unterhauses, sind sie meist bedingungslose Multikulti-Verfechter. Chaouki möchte allen „Einwanderern“ sofort die Staatsbürgerschaft geben. Der 34-Jährige kam selbst mit neun Jahren aus Marokko nach Italien und musste neun Jahre auf seine warten. Auch er ist vielschichtig: Islamischen Fundamentalismus lehnt er ab. Seine Kinder gehen auf eine katholische Schule, aber einen Imam und ein Halal-Restaurant im italienischen Parlament hätte er schon gerne.

Die französische Überfliegerin Rama Yade war wohl zu hoch geflogen und musste Rückschläge verkraften. Die selbsternannte muslimische Feministin war ein Aushängeschild der bürgerlich-konservativen Regierung Sarkozy/Fillon. Sie wurde aber 2010 als Staatssekretärin für Sport entlassen, weil sie sich öffentlich zu häufig gegen die Parteilinie aussprach. Im Moment ist Yade in einer Warteposition, aber mit drei Quotenjokern: Frau, schwarz, Muslimin. Und attraktiv ist sie auch.

Rückschläge oder nicht: Von Europas muslimischen Politikern wird man mehr hören. Sie sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Denn obwohl jetzt schon mehr Muslime in europäischen Parlamenten sitzen als Mitglieder sogenannter populistischer Parteien, hätten die etwa fünf Prozent Muslime in der EU nur eine 1,5 prozentige Repräsentationsrate, so Abdulkader Sinno von der Universität von Indiana im Internetportal OZY. Das muss und werde sich ändern. 

Aber braucht man die „alten Parteien“ überhaupt noch? Warum nicht besser gleich eine eigene gründen? Bei der Parlamentswahl 2017 erreichte die islamische Partei „Denk“ in den Niederlanden einen Stimmenanteil von 2,1 Prozent und zieht mit drei Abgeordneten in die Zweite Kammer ein.

Klingt noch nicht beeindruckend? Doch was ist in 20 Jahren, also ein paar Zuwanderungswellen später und mit gottesfürchtigen muslimischen Familien, die Allah lieber Kind um Kind schenken?





Muslimische Politiker in Deutschland: Mit Islamkritik macht man keine Karriere

Der bekannteste muslimische Politiker in Deutschland ist wohl Cem Özdemir. Seit 1981 ist der Bundesvorsitzende der Grünen und Sohn türkischer Gastarbeiter deutscher Staatsbürger. 1994 waren Özdemir und Leyla Onur (SPD) die ersten muslimischen Bundestagsabgeordneten. Obwohl der in Urach in der Nähe von Stuttgart geborene 52-Jährige aufgrund seiner eigenen Biografie Migration zu seinem Thema gemacht hat, ist er der unislamischste aller Muslim-Politiker.

Özdemir positioniert sich klar als „Inländer“. Er macht Yoga, möchte Cannabis legalisieren und kritisiert die Islamverbände. Manchmal weiß man nicht genau, wo er gerade steht. In Glaubensfragen bezeichnet er sich als „säkularen Muslim“. Ob Allahs Hilfe ausreicht, ihm zum ersten muslimischen Bundesminister in einer zukünftigen Jamaika-Koalition (CDU/CSU, Grüne, FDP) unter Angela Merkel zu machen, bleibt derzeit noch offen. 

Als Bundestagsabgeordneter hat er längst Gesellschaft von anderen Glaubensbrüdern bekommen. Im Noch-Bundestag – der Neue tritt spätestens nach 30 Tagen erstmals zusammen – sitzen acht muslimische Politiker. Vier Männer und vier Frauen, vier bei den Grünen, zwei bei der SPD, einmal bei den Linken und der CDU. Das scheint nicht viel, doch es werden immer mehr, wie man in Land- und Kreistagen und bei den Mitgliederzahlen der Parteien schon erkennen kann. Muhterem Aras (Die Grünen) ist Landtagspräsidentin in Baden-Württemberg. Dilek Kolat (SPD) gehört in Berlin schon der zweiten Regierung an. Sie war zwei Jahre stellvertretende Bürgermeisterin. Tarek Al-Wazir ist in Hessen Minister für Wirtschaft und stellvertretender Ministerpräsident. Schon ganz ordentlich in gut 

20 Jahren. Wie der lange Marsch durch die Institutionen geht, lernt man von biodeutschen Parteifreunden. Einwanderung und Demografie besorgen den Rest.

Die meisten muslimischen Politiker  definieren sich über den Islam, dem sie mehr Teilhabe verschaffen wollen. Fast alle machen „irgendwas mit Integration“ wie Aydan Özoguz. Die 50-Jährige, deren Eltern 1961 aus Istanbul einwanderten, ist Mitglied des Bundesvorstands der SPD. Als Beauftragte für Integration im Kabinett Merkel haute sie steile Thesen heraus, etwa dass sie „eine spezielle deutsche Kultur“ nicht erkennen könne. In Fragen der Integration sieht sie grundsätzlich deutsche Defizite.

Auffällig an der von ihren Gegnern als Infiltrationsministerin geschmähten ist, wie gerne sie die deutschen „Gastgeber“ vor den Kopf stößt. Doch das ist nichts im Vergleich zu Sawsan Chebli, die ebenfalls auf dem Migrantenticket eine unglaubliche Karriere gemacht hat. Die 39-Jährige mit palästinensischen Wurzeln war Sprecherin des Außenministeriums und ist heute Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund sowie Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement. Ihr Rang entspricht dem einer Staatssekretärin. Frau kommt also ziemlich weit mit Sprüchen wie „Scharia und Grundgesetz sind kompatibel.“

Karriere macht man als Politiker mit Migrationshintergrund nicht mit Islamkritik, sondern mit Forderungen, wie der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh. Unter dem Beifall der Presse erklärte er in seinem Buch „Ich deutsch“, wie ein multikulturelles Deutschland auszusehen habe, „tolerant, bunt und einladend. Jeder Bürger, der hier lebt, gehört zu ‚unserem‘ Volk, gehört zu Deutschland.“ 

Fehlt eigentlich nur noch eine richtige Moslempartei. Aber auch die ist bereits da. Anfang Juli hat der Bundeswahlausschuss die „Allianz Deutscher Demokraten“ zugelassen. Die Partei richtet sich vornehmlich an türkische und muslimische Einwanderer. In ihrer Politik orientiert sie sich an den Vorstellungen des türkischen Präsidenten Erdogan. ADD wird sie kurz genannt. Passender wäre vielleicht die Bezeichnung AD-Deutschland, sprich: „Ade Deutschland“. VK