16.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.09.17 / Spannend und lesenswert: Plädoyer für Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-17 vom 29. September 2017

Spannend und lesenswert: Plädoyer für Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten
Wolfgang Thüne

Soweit der Mensch Geschichte zurückverfolgen kann, gibt es Kriege, gibt es Gemetzel und Opfer, schuldige wie unschuldige. Bei allen Friedensbemühungen – Feindseligkeiten und Kriege scheinen zur Natur des Menschen zu gehören. Die Menschen sind nicht gleich und werden es auch nie werden, wenn auch formal „Rechtsgleichheit“ für alle Menschen besteht.

Der Mensch kommt als brutaler Egoist zur Welt, denn er hat den Befehl zum Leben. Erst eine behutsame Erziehung mit viel Liebe bändigt den Egoismus und macht langsam ein Kind zu einem gemeinschaftsfähigen sozialen Wesen, das nicht nur nimmt, sondern auch gibt. Alle Erzählungen von Kriegen, Zwangsarbeit, Flucht und Vertreibung mit allen nur denkbaren Grausamkeiten sind ein Mittel, das Gewissen wachzurütteln mit dem Ziel, Konflikte gewaltfrei zu lösen, auch wenn dies ein Wunschtraum bleiben wird. 

Wenn die Arbeit, die sich Peter Hakenjos gemacht hat, mit seinem Buch „Sie gingen einen langen Weg“, wenigstens den Blick zu schärfen, nicht alle Menschen pauschal über einen Kamm zu scheren, dann ist ein wesentliches Ziel erreicht. Seine Lektion, die er vermittelt, ist, den Menschen immer als Individuum zu sehen und nicht als Kollektivwesen. Gutes tun oder schuldig werden könne nur der Einzelne. Er müsss sich vor dem „großen Richter“ verantworten. Wer blind vor Hass sei und kollektiv Völker und Nationen anklage und verurteile, versündige sich am Menschen und lege den Keim für neue Konflikte. Die Botschaft des Autors ist: „Kollektivschuld“ muss geächtet werden.

Die Handlung beginnt in einer deutschen Waffen- und Munitionsfabrik in Karlsruhe und dreht sich um den Aramäer Aram Djallo, um das triste Lagerleben, um Bespitzelung und Verrat. Dann kommt ein Szenenwechsel, es geht nach Ostpreußen. Nachdem das Fluchtverbot aufgehoben war, galt es „Alles fort! Die Russen kommen!“ Doch der Flüchtlingstreck geriet unter Beschuss. Vater und Mutter starben. Nur die Tochter Leni und ihre 9-jährige Schwester Margot überlebten und schlossen sich dem Treck an. Bei hartem Frost suchten sie Zuflucht in einer Kirche, wurden aber von russischen Soldaten aufgespürt. Leni wurde in der Sakristei vergewaltigt. 

Dann begann eine abenteuerliche Flucht über Königsberg und Elbing nach Berlin, wo Leni ihre kleine Schwester Margot im Menschengewühl verlor. Sie erinnerte sich an einen Onkel in Berlin, fand auch dessen Haus. Ein Freund von Onkel Rudolf besorgte ihr eine Fahrkarte nach Karlsruhe. Dort überraschte sie ihn: „Ich bin Leni, deine Cousine aus Ostpreußen.“ Aufgrund der Vergewaltigung hasste sie alle „Russkis“, doch ausgerechnet Onkel Rudolf hatte einem „Russki“, dem Aramäer Aram Djallo, Unterschlupf gewährt. 

In Karlsruhe erlebten sie das Kriegsende, doch auch die französischen Kolonialtruppen waren nicht besser als die Rotarmisten. Das rief Komplikationen hervor. 

Danach kamen die Amerikaner und auch die Russen erschienen, um die Zwangsarbeiter in die Heimat zu holen. Sie hatten Aram fertig für den Transport gemacht, aber mit Hilfe eines amerikanischen Offiziers konnte Aram „konfisziert“ werden. Zum Schluss tauchte auch Lenis Schwester Margot auf, mit Hilfe eines russischen Offiziers. Das Buch ist spannend, lesenswert und lehrreich.

Peter Hakenjos: „Sie gingen einen langen Weg“, Hakenjos-Verlag; Pfinztal 2017, broschiert, 216 Seiten 216, 8,52 Euro