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06.10.17 / Mit 60000 Kilometern pro Sekunde durchs All / Existiert auf dem fernen Planeten Proxima Centauri B fremdes Leben? Eine Raumsonde soll es herausfinden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Mit 60000 Kilometern pro Sekunde durchs All
Existiert auf dem fernen Planeten Proxima Centauri B fremdes Leben? Eine Raumsonde soll es herausfinden
Volker Wittmann

Ob Mars, Venus oder Pluto – die verschiedensten Planeten unseres Sonnensystems erhielten schon Besuch von Raumsonden der Erde. Für eine Visite bei Planeten außerhalb des Sonnensystems reichte menschliche Technik bislang allerdings nicht. Das möchte der Astrophysiker Avi Loeb von der amerikanischen Harvard Universität nun ändern. Mit seinem Wissenschaftler-Team entwickelte er ein Konzept, um bis zu Proxima Centauri B vorzustoßen. Das Aufregende: Er ist der nächstgelegene erdähnliche Planet, auf dem Leben existieren könnte. Er besitzt einen vergleichbaren Umfang und kreist nah genug um seinen Stern, so dass dort Wasser in flüssiger Form vorkommen kann. Beide Vorrausetzungen sind nötig, damit Leben, wie wir es kennen, entstehen kann. 

Allerdings trennen den kosmischen Nachbarn runde vier Lichtjahre von unserem Sonnen-System. Anders gesagt, eine Raumsonde brauchte vier Jahre bis zum Ziel, wenn sie mit Lichtgeschwindigkeit fliegen würde. Davon war die irdische Raumfahrt-Technik bislang aber unendlich weit entfernt. Die schnellsten unbemannten Boten der Erde wie „Voyager“ oder „Pioneer“ bewegen sich mit höchstens 40 Kilometern in der Sekunde. Das Licht legt im selben Augenblick rund 300000 Kilometer zurück, in Worten dreihunderttausend.

Die Megaentfernung von vier Lichtjahren schreckt Astrophysiker Avi Loeb nicht. Mit vorhandener Technik will der Wissenschaftler die fremde Welt erreichen. Deshalb lasse sich ein solches Vorhaben binnen Kurzem verwirklichen, wie der Forscher sagte. Die Kosten schätzt Loeb auf hundert Millionen Dollar. Arbeitstitel des ehrgeizigen Plans: Project Starshot, auf Deutsch: Schuss zu den Sternen.

Die Himmelstürmer von Harvard haben einen Entwurf erarbeitet, mit dem sie immerhin 20Prozent des Licht-Tempos schaffen wollen. Das wären 60000 Kilometer in der Sekunde. Folglich könnte eine derart schnelle Sonde in 20 Jahren bei Proxima Centauri B sein. Um die Aufnahmen vom Vorbeiflug am Planeten zur Erde zu funken, würde es nochmal vier Jahre dauern. Somit erführen wir innerhalb einer Generation nach insgesamt 24 Jahren genauer, wie es dort aussieht. Für den Flug im Rekordtempo haben die amerikanischen Astrophysiker gegebene Voraussetzungen durchgerechnet und gekoppelt. Mit Hilfe energiereicher Laser soll das rasche Licht selbst den Flugkörper antreiben. Die Sonde ist zudem in extremer Leichtbauweise entworfen und wiegt kaum mehr als ein Gramm. Passende Mikro-Chips werden bereits in der Praxis verwendet. Zusammen wirken die Komponenten dann so ähnlich wie ein Spielzeug-Luftballon, den man nach dem Aufblasen unverschlossen loslässt. Dann fegt ausströmende Luft die leichte Kunststoffhülle so kräftig und schnell herum, dass man sie kaum mit den Augen verfolgen kann.

Um die geplante Sonde nicht mit einem Triebwerk zu belasten, soll eine Batterie starker Laser vom Boden aus in das Segel 

„pusten“ und innerhalb weniger Minuten in die Tiefen des Alls schleudern. Die einzige technische Herausforderung würde darin bestehen, ein Gewebe von etwa einem Quadratmeter Größe herzustellen, das fast nichts wiegt aber hinreichend haltbar ist, erklärt Projektleiter Loeb. Aber auch dafür haben die Forscher schlüssige Vorschläge unterbreitet.

Jetzt hoffen sie auf Förderer und Geldgeber. Die Wissenschaftler sind zuversichtlich. Hundert Millionen Dollar stellen zwar einen handfesten Betrag dar, aber gängige Erdsatelliten verschlingen ein Mehrfaches dieser Summe. Zudem ginge einzig die wiederverwendbare Infrastruktur von Project Starshot ins Geld. Die Laser-Werfer stünden aber auch für den Start weiterer Sonden zu anderen Himmelskörpern zur Verfügung. Der Planet Pluto am Rand des Sonnen-Systems wäre binnen Stunden erreichbar. Zum Vergleich die Sonde „New Horizons“ brauchte mit herkömmlichem Antrieb neun Jahre bis zum Pluto.

Auch an mehrmals nutzbaren Raketen, die einen ganzen Satz ultraleichter Sonden zum Abflug in eine Umlaufbahn bringen sollen, wird bei der Firma „Spacex“ des Raumfahrt-Technikers Elon Musk erfolgversprechend gearbeitet. Im Vergleich zur Infrastruktur würden die Kosten der Sonden kaum ins Gewicht fallen. Der Gewinn an Wissen wäre hingegen unschätzbar. Er könnte alles Dagewesene in den Schatten stellen, wenn tatsächlich Leben auf Proxima Centauri B entdeckt würde.