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06.10.17 / Der fatale Kolumbus-Effekt / Der legendäre Entdecker schleppte Arten und Krankheiten über den Atlantik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Der fatale Kolumbus-Effekt
Der legendäre Entdecker schleppte Arten und Krankheiten über den Atlantik
Dagmar Jestrzemski

Mit Kolumbus’ Fahrten setzte ein nie dagewesener Austausch von Spezies und Krankheiten unter entfernten Kontinenten ein. Es war der Beginn einer überaus zweischneidigen Umwälzung, die bis heute andauert.

Vier Mal segelte Christoph Kolumbus 1492 bis 1504 im Auftrag der spanischen Krone über den Atlantik. Während er die Inselwelt der Karibik erkundete, wähnte er sich in Asien. Auf der Suche nach der Gewürzroute, dem noch nicht gefundenen Seeweg von Europa nach Asien, hatte der Genuese den westlichen Seeweg gewählt, da die Portugiesen ein Monopol für Entdeckerfahrten entlang der afrikanischen Küste beanspruchten. 

Kolumbus hatte in den Schriften von Aristoteles und Seneca Hinweise auf ein Land jenseits des Atlantiks gefunden. Nach acht entbehrungsreichen Wochen auf See landete er am 12. Oktober 1492 vermutlich auf San Salvador (indianisch: Guanahani), einer Bahamas-Insel, erkundete anschließend Haiti und Kuba. Auf seiner dritten Reise suchte er entlang der venezolanischen Küste nach der Straße von Malakka, um zu den weiter südwestlich vermuteten Gewürzinseln vorzustoßen. Noch ahnte niemand, dass die Molukken-Inseln auf der anderen Seite der Erdkugel liegen. 

Unterdessen erreichten die Portugiesen 1498 das indische Kalikut und brachten den lukrativen Asienhandel mit Waffengewalt unter ihre Kontrolle. In Spanien herrschte deswegen extreme Verunsicherung. Dennoch ließ Kolumbus bis zu seinem Tod im Jahr 1506 nicht von seiner Überzeugung ab, in Indien gewesen zu sein – „Indien“ war seinerzeit die Bezeichnung für das gesamte südasiatische Gebiet. Die dort lebenden Ureinwohner nannte er Indianer. 

Gewürze und Gewürzpflanzen waren in diesen Gegenden nicht zu finden. Außer kleineren Mengen Gold brachte er von seinen Überseereisen aber Tomaten, Paprika, Kakaobohnen und Mais mit nach Spanien. Diese und andere Nutzpflanzen wie auch die später nach Europa eingeführte Kartoffel fanden bei den spanischen Hoheiten aber nur eine geringe Wertschätzung. Zu groß war die Enttäuschung über das Ausbleiben der riesigen Goldschätze, die Kolumbus der spanischen Königin Isabella versprochen hatte. 

Nach dem Tod des Seefahrers 1506 eroberten die Konquistadoren die riesigen Reiche in Mittel- und Südamerika. Damit wurde ein reger Austausch von Pflanzen und Nutztieren in Gang gesetzt, und es kam auch zur Übertragung von Krankheiten zwischen der Alten und der Neuen Welt. 

Die Bevölkerungszahl der Indigenen schrumpfte rapide durch mörderische Ausrottung sowie vor allem durch die Krankheiten der Europäer wie Masern, Grippe, Pest und Pocken. Den indigenen Stämmen fehlten die Abwehrstoffe gegen diese Seuchen. Es kam zu einem Massensterben. Bis zum Jahr 1600 soll die Bevölkerung Mittel- und Südamerikas von ursprünglich etwa acht Millionen um 90 Prozent reduziert worden sein. Die Europäer wiederum schleppten die Syphilis von Südamerika nach Europa ein. 

Die Bedeutung der historischen Ausbreitung von Tieren, Pflanzen, Bevölkerungsgruppen und Technologie zwischen Europa und Amerika beschrieb der US-amerikanische Historiker Alfred W. Crosby Jr. in seinem 1972 erschienenen Werk „The Columbian Exchange“, („Der Kolumbus-Effekt“). Auf die Gegenwart angewendet, zielt der Begriff auf die Ausbreitung und Vermischung neuartiger landwirtschaftlicher Waren und Produkte aus Flora und Fauna zwischen der östlichen und der westlichen Hemisphäre.