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06.10.17 / Hier Segen – dort Fluch / Wie der Regenwurm Amerikas Wälder zerstört hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Hier Segen – dort Fluch
Wie der Regenwurm Amerikas Wälder zerstört hat
D.J.

Mit der Besiedlung Nordamerikas durch die europäischen Kolonisten ging eine radikale Veränderung der Landschaft einher. Seit einigen Jahren sind sich die Forscher beispielsweise sicher, dass der von ihnen eingeschleppte Regenwurm (Lumbricus terrestris) das Vordringen der weißen Siedler auf bewaldetem Territorium der Indianer begünstigt hat. 

Anders als in Europa, wo die Böden auf die Durchlüftung durch Regenwürmer angewiesen sind, hatte sich in Nordamerika seit der Nacheiszeit eine Lebensgemeinschaft von Pflanzen und Tieren auf Basis einer dicken, nährstoffreichen Bodendecke herausgebildet. Der Einfluss des Regenwurms fehlte, da diese Art außer in den südlichen USA infolge der Eiszeit ausgestorben war. Mit den europäischen Siedlern kehrten die Würmer zurück und breiteten sich aus, da sie auf keine natürlichen Feinde trafen. 

Die in Europa so segensreichen Wühler schaden hier beträchtlich: Wo sie auftauchten, starben die Wälder binnen weniger Jahre ab. Zusätzlich schlugen die Siedler für den Haus- und Schiffbau die Wälder kahl. Rinderweiden ersetzten den Wald, Monokulturen den gemischten Ackerbau. Nach nur 150 Jahren war das nachhaltige Ökosystem der Indianer vernichtet.

Heute setzt sich diese Entwick­lung fort, wie eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung und der Universität Leipzig zeigt. Aus eigener Kraft kommen Regenwürmer nur einige Meter pro Jahr voran. Schneller geht es, wenn Autoreifen, Angler und Wildtiere deren Eier in andere Gegenden verbreiten. 

Vom Staat New York über den Mittleren Westen und die Rocky Mountains bis zu den Bundesstaaten am Pazifik wird die über Jahrhunderte entstandene Bodendecke der Wälder abgetragen, wenn eingeschleppte Regenwürmer den Boden durchwühlen. Feuchtigkeit liebende Pflanzen verschwinden. Die Keimlinge der Bäume haben keine Chance, die ersten Jahre zu überstehen. Das Problem ist nicht auf die USA beschränkt, sondern zeigt sich auch in Australien und Gegenden der Südsee.