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06.10.17 / Zentralafrika droht Genozid / Amnesty International beklagt die gezielte Tötung von Christen in dem gefallenen Staat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Zentralafrika droht Genozid
Amnesty International beklagt die gezielte Tötung von Christen in dem gefallenen Staat
Bodo Bost

Schon seit Wochen warnen Experten vor einem neuen Genozid in Afrika, diesmal in der Zentralafrikanischen Republik, wo seit 2013, von Islamisten angeschürt, ein nicht mehr enden wollender Konflikt zwischen Christen und Muslimen schwelt.

Von Amnesty International (AI) stammt der letzte Bericht über die zunehmende interreligiöse Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik. Zuvor hatten schon die UNO, Kirchenvertreter und andere Menschenrechtsorganisationen vor einem Völkermord gewarnt. Vor allem Christen würden in einigen Provinzen gezielt getötet, beklagt AI. Augenzeugen aus der Provinz Basse-Kotto im Süden des Landes berichteten AI von brutalen Überfällen auf die Zivilbevölkerung. Bei einem Massaker in der Stadt Alindao seien mindestens 130 Menschen getötet worden, viele Frauen seien oft vor den Augen ihrer Kinder brutal vergewaltigt worden. 

In dem Land stationierte UN-Soldaten seien erst einen Tag zu spät und in nur geringer Zahl erschienen. AI rief die UN auf, das Mandat und die Ausrüstung der Mission in der Zentralafrikanischen Republik zu überprüfen. Offenbar seien die 11000 in dem Land stationierten Soldaten und 2000 Polizisten nicht in der Lage, die Zivilbevölkerung ausreichend zu schützen. 

Bei den Tätern, die in Basse-Kotto wüten, handelt es sich um eine Terrorgruppe mit dem Namen „Union für den Frieden in Zentralafrika“ (UPC), eine Abspaltung der muslimischen Rebellengruppe Séléka. Die UPC besteht aus Kämpfern, für die Frieden und Gewalt keine Widersprüche sind. Sie sind mit ihrem Chef Ali Darassa Mahamat, der die rechte Hand des einstigen Rebellenführers Abdel Kader Baba-Laddé im Tschad war, nach Zentralafrika gekommen. Er wird hauptsächlich von dem nomadischen, muslimischen Hirtenvolk der Fulbe, das in vielen Staaten lebt, unterstützt, sodass der Konflikt neben der religiösen Dimension auch eine ethnische und eine internationale Komponente erhalten hat. 

Die Vereinten Nationen wollen angesichts der zunehmenden Gewalt die Blauhelmtruppe in der Zentralafrikanischen Republik aufstocken. Die UN gehören zu denen, die seit Wochen vor einem drohenden Völkermord in dem Land warnen. Allerdings gibt es auch Berichte, dass vor allem UN-Soldaten aus muslimischen Ländern gemeinsame Sache mit der Séléka machen.

Am bedenklichsten ist die zunehmend religiöse Aufheizung des Konflikts, der nach dem Sturz von Präsident François Bozizé im März 2013 durch die Séléka begann. Im Dezember 2015 verdrängte zwar eine internationale Eingreiftruppe unter Führung Frankreichs und später der UNO die Séléka von der Macht, aber diese rief im Norden unter Führung ihres „Emirs“ Nureddine Adam einen eigenen Staat mit dem arabischen Namen „Dar El Kuti“ aus. Seitdem kommt das Land trotz mehrerer Friedensabkommen nicht zur Ruhe.

Die Bevölkerung von Zentralafrika ist zu jeweils 40 Prozent katholisch und protestantisch sowie zu zehn Prozent muslimisch. Angesicht der religiös aufgeheizten Lage haben die katholische Kirche und Vertreter der Muslime einen verstärken Dialog unternommen. Es wird behauptet, dass der Konflikt politische Gründe habe und im Zusammenhang mit der Ausbeutung der Bodenschätze des Landes stehe, vor allem der Blutdiamanten. „Wir wollten nie, dass die Anti-Balaka-Kämpfer sich als Christen bezeichnen. Sie sind Mörder und nichts anderes”, so  Dieudonné Kardinal Nzapalainga, der Erzbischof von Bangui. Von muslimischer Seite fehlt eine solche Feststellung gegenüber den Séléka-Rebellen und der UPC. 

2015 hatte es kurz so ausgesehen, dass ein Friedensvertrag hätte halten können, den die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio vermittelt hatte, die bereits in Mosambik einen Friedensvertrag zwischen zwei christlichen Rebellengruppen vermittelt hatte. Der Papst, der im November desselben Jahres im Lande war, um das Heilige Jahr der Barmherzigkeit zu beginnen, konnte die Rückkehr der Gewalt nicht verhindern. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der deutschen Bischöfe, der fünf Tage lang in der Zentralafrikanischen Republik unterwegs war, hat nun berichtet, dass sich viele eine Rückkehr des Papstes wünschen. 

Die Voraussetzung für eine Besserung ist ein funktionierender Staat, aber den gibt es seit 2013 nicht mehr. Es gibt keine Verwaltung, keine Schulen und keine Armee. Die Kirchen haben in einigen Bereichen wie Gesundheit und Schulen die Aufgaben des Staates übernommen, aber das reicht nicht. Dem 2016 gewählten Präsidenten des Landes, Faustin Archange Touadéra, werfen vor allem Zentralafrikaner in Frankreich Tatenlosigkeit, Passivität und Erfolglosigkeit vor.