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06.10.17 / Der Supermarkt der Zukunft / Das alte Konzept soll gegenüber Online-Handel und Discounter wettbewerbsfähiger werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Der Supermarkt der Zukunft
Das alte Konzept soll gegenüber Online-Handel und Discounter wettbewerbsfähiger werden
Peter Entinger

Vor wenigen Tagen feierte der Supermarkt in Deutschland seinen 60. Geburtstag. Was damals als untrügliches Zeichen einer Amerikanisierung galt, steht heute vor der Frage: Auslaufmodell oder Zukunftsprojekt? 

47 Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr in Deutschland Waren oder Dienstleistungen für private Zwecke über das Internet gekauft oder bestellt. Dies entspricht einem Anteil von 77 Prozent der Internetnutzer ab zehn Jahre. Und der Siegeszug des Online-Kaufs geht weiter – auch im Lebensmittelbereich. 28 Prozent aller Online-Besteller haben bereits Lebensmittel oder Getränke im Internet gekauft, 2012 waren es erst zehn Prozent.

Klar ist, der Tante-Emma-Laden hat ausgedient. Dort wurde man vom Personal bedient. Die Supermärkte haben die Selbstbedienung zum Programm gemacht. „Einen Einkaufswagen nehmen, selbst die Waren auswählen – das war 1957 ungewohnt für die Deutschen. Einige seien verwirrt gewesen und hätten sich erst gar nicht getraut, sagte Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR). „Manche haben sich als Diebe gefühlt, als sie unbezahlt Artikel in den Einkaufswagen gelegt haben. Manche Supermärkte haben Verhaltensregeln an die Kunden rausgegeben.“

Heute wird der Lebensmittelhandel in Deutschland von den großen Supermarktketten Edeka und Rewe geprägt, die zuletzt erneut steigende Zahlen präsentieren konnten. Doch auch diese haben ihre Sorgen. Denn parallel zu den Supermärkten mit ihrem großen Warensortiment haben Nied-rigpreisketten wie Aldi und Netto ihre Produktpaletten erweitert. Doch am meisten wird der Online-Handel das Einkaufsverhalten der Zukunft bestimmen. Spätestens seit der Internetgigant Amazon seinen Lebensmittellieferdienst Amazon Fresh auch in Deutschland gestartet hat, ist ein Wettlauf um die Marktführerschaft entstanden. 

Michael Gerling, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI, sieht allerdings auch Probleme für die Online-Händler. „Online-Angebote werden im Lebensmittelhandel zwar immer wichtiger. Der Kunde erwartet das einfach“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings sei der Service teuer. 

Gerling glaubt, dass die klassischen Supermärkte auch weiterhin eine Zukunft haben werden. „Das Gesicht des Supermarkts wird sich verändern. Im Supermarkt der Zukunft werden frische Produkte eine viel größere Rolle spielen.“ Denn Obst, Gemüse, Fleisch oder Käse wolle der Kunde sehen und erleben, bevor er sie kaufe. Andere Artikel wie Getränke würden sich immer mehr Menschen nach Hause liefern lassen. 

In Deutschland arbeiten derzeit mehrere Hundert Forscher am Supermarkt der Zukunft. „Für Supermärkte ist es eine Herausforderung, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die zum Kaufen animiert. Der Kunde soll sich länger im Supermarkt aufhalten und genau die Informationen bekommen, die für ihn relevant sind“, sagt Gerrit Kahl, Leiter des Forschungszentrums im saarländischen St. Wendel. Die Forscher entwickeln einen Supermarkt, der ohne Kassen auskommt, an der Kunden warten müssen. Der sogenannte Check-Out gelingt einfach per Smartphone oder Fingerabdruck. Das Vorbild kommt hierzu wieder einmal aus den USA. Im Supermarkt „Amazon Go“ im US-amerikanischen Seattle sollen Kunden sich gar nicht mehr an einer Kasse anstellen müssen. Greifen sie nach einem Produkt, wird das von einer Smartphone-App registriert. Verlässt der Kunde dann das Geschäft, erstellt die App automatisch die Rechnung. Bezahlt wird mit einem Klick per Online-Dienst. Fehlerfrei läuft das Modell bis heute aber nicht, weswegen eine flächendeckende Einführung verschoben wurde. 

Und es gibt weitere Projekte, die in den unterschiedlichsten Forschungszentren getestet werden. So versucht man sich in St. Wendel derzeit an einer intelligenten Frischetheke, an welcher der Kunde per Fingerzeig genaue Produktinformationen angezeigt bekommt und auch direkt bestellen kann. Und in den USA kann der Einkaufswagen bei Walmart in naher Zukunft selbst fahren. Die amerikanische Supermarktkette arbeitet an dem Einkaufswagen für das Smartphone. Kunden schicken ihm ihre Einkaufsliste per App. Der Wagen navigiert sie zum richtigen Regal und scannt die Produkte, sobald der Kunde sie einpackt. „Das Einkaufsverhalten wird sich in den kommenden 15 bis 20 Jahren radikal verändern“, sagt Kahl.