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06.10.17 / Wie die Turnierhose im Reitsport zu ihrer Farbe kam / Preußische Könige gingen nicht nur mit der Mode, sie machten sie teilweise sogar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Wie die Turnierhose im Reitsport zu ihrer Farbe kam
Preußische Könige gingen nicht nur mit der Mode, sie machten sie teilweise sogar
Sibylle Luise Binder

Hätte jemand den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. gefragt, ob er die Herrenmode in Preußen beeinflusst habe, hätte er wahrscheinlich seinen Knotenstock zum Einsatz gebracht. Seinen Vater Friedrich I. dagegen hätte die Frage verzückt. Er liebte Prunk und Pracht, und er legte großen Wert darauf, modisch gekleidet zu sein. Zu dieser Zeit war Mode allerdings eine exklusive Veranstaltung, die nur reiche Leute betraf. Bauern und Arbeiter konnten froh sein, wenn ihre Kleider sie einigermaßen warm hielten. Aufs Aussehen kam es bei ihnen nicht an. 

Die Edelleute unterdessen wandelten gravitätisch, würdevoll – es ging gar nicht anders in den Schnallenschuhen mit hohem Absatz – in seidenen Strümpfen, Kniehosen, Brokatjacken, kunstvoll bestickten Westen und spitzenbesetzten Hemden einher. Die Haare der Perücken fielen in Locken und wurden weiß gepudert. 

Der Kronprinz, der als Friedrich Wilhelm I. den Thron besteigen sollte, mochte die höfische Verkleidung nicht. Einer seiner Erzieher schrieb zu dieser Abneigung: „Er gab sie zu erkennen, indem er ein Schlafröckchen von Goldstoff, das man ihn anziehen nötigen wollte, … ins Kaminfeuer warf.“ 

1713 kam der Modeverächter auf den Thron – und darauf war es in Preußen vorbei mit Samt und Seide. Der neue König trug Uniform – immer und überall. Und bei ihm gab es keine langen Locken. Stattdessen wurden die Haare zu einem strammen Zöpfchen geflochten und dann gepudert. Die Zöpchen hielten dann auch im Militär Einzug und sorgten damit für ein einheitliches Aussehen.

Der König machte sich aber nicht nur Gedanken um die Frisuren seiner Soldaten, sondern auch um ihre Uniformen und die Herstellung derselben. Dabei war eine der wenigen Ressourcen relevant, die das arme Preußen zu bieten hatte: Wolle. Ab 1713 landete die in Preußen produzierte Wolle im vom König gegründeten Königlichen Lagerhaus in Berlin. Dort wurde sie gesammelt und zur Herstellung von Uniformen eingesetzt. Dabei war Preußisch Blau die vorherrschende Farbe. Und weil die im Königlichen Lagerhaus gefertigten Stoffe so haltbar waren, wurden ausgediente Uniformen oft noch zu Herrenjacken und Kinderkleidung verarbeitet, sodass bald halb Preußen in Blau unterwegs war. 

Friedrich Wilhelms I. Problem war nur, dass sein Kronprinz nicht auf Preußisch Blau stand. Fried­rich, damals noch nicht der Große, bezeichnete die Uniform als „Sterbekittel“ und trug als junger Mann sehr viel lieber Hofkleidung in Pastelltönen. Doch kaum auf dem Thron, schlüpfte er in die Uniform und legte sie dann nur noch selten ab. Modisch war er sicher kein Vorbild – im Gegensatz zu seinem Großneffen und Nachnachfolger von 1897 bis 1840, Friedrich Wilhelm III. 

In die Regierungszeit des zwischen ihnen liegenden Friedrich Wilhelm II. fiel die Französische Revolution und der damit zusammenhängende gesellschaftliche Aufstieg der langen Hosen. Gesellschaftsfähig machten sie die in der Revolutionszeit einflussreichen  Sansculottes (ohne Kniebundhose), Pariser Arbeiter und Kleinbürger, die im Gegensatz zu den von Adligen und Klerus getragenen Kniebundhosen lange Hosen trugen, wie sie zur Arbeit geeignet waren. Mit dem Aufstieg der sogenannten Pantalons, der langen Hosen, verschwanden die langen Seidenstrümpfe. Dafür trug der Herr jetzt Stiefel.

In Preußen war es der Sohn und Nachfolger von Friedrich Wilhelm II., der die langen Hosen zum Trend machte. Als der spätere Friedrich Wilhelm III. 1797 als Kronprinz auf der Promenade von Bad Pyrmont in Pantalons auftrat, zog das weit über Preußen hinaus Kreise.

Zwei Jahre später entstand im Park von Schloss Charlottenburg ein Gemälde, das den nunmehrigen König und seine Frau zeigt. Friedrich Wilhelm III. trägt darauf Uniform, aber mit weißen Pantalons und Stiefeln, die über die Knie reichten.

Nun sollte man meinen, dass eine weiße Hose nicht ideal für einen Reiter sei. Dennoch hat sie sich durchgesetzt. Bis heute ist sie im Reitsport als Turnierkleidung vorgeschrieben. Vermutlich ist die entstanden, weil die preußischen Kavallerieoffiziere Hirschleder-Hosen trugen. Hirschleder ist neu recht hell – und damit es einheitlich aussah, behandelte man es in Preußen mit weißer Kreide. 

Auch in Sachen Frisur ging Fried­rich Wilhelm III. mit der Mode. Als Kronprinz und als junger König trug er den friderizianischen Zopf. Doch in der Zeit der Befreiungskriege, im Jahre 1814, befreite er sich von ihm, schnitt ihn ab. Der König präsentierte sich auf Münzen und Bildern mit kurzem, ungepudertem Haar und legitimierte damit die neue Frisurenmode.

In der Biedermeierzeit wurde die Mode bürgerlicher und einfacher. Friedrich Wilhelm III. mochte es, wie ein Denkmal zeigt, dass Friedrich Drake 1849 für den Berliner Tiergarten schuf. Es zeigt den König als Bürger mit langer Hose und einfachem Rock. Der war aber durchaus schick, bis zum Oberschenkel reichend, körperbetont, mit dem von der Uniform übernommenen hohen Kragen und doppelter Knopfreihe. 

Was die Bartmode angeht, war sicherlich der letzte Herrscher aus dem Geschlecht der Hohenzollern am stilprägendsten. Wer im Deutschen Reich im Allgemeinen und in Preußen im Besonderen etwas auf sich hielt, trug gerne den wilhelminischen Es-ist-erreicht-Bart, Preußens letzten Beitrag zur Herrenmode.