19.04.2024

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06.10.17 / Autobiografie des Schöpfers der »Goldenen Bulle«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

Autobiografie des Schöpfers der »Goldenen Bulle«
S.F.

Im vergangenen Jahr wurde des 700. Geburtstags von Kaiser Karl IV. gedacht. Von Fachleuten als bedeutendster Herrscher des deutschen Spätmittelalters bezeichnet, schuf er in seiner 30-jährigen Regierungszeit eine Art erstes Grundgesetz „Die goldene Bulle“ für das Deutsche Reich, das bis zu dessen Ende 1806 Gültigkeit hatte. Die Nachwelt hat das Glück, dass dieser Kaiser als erster mittelalterlicher deutscher Herrscher seine Memoiren geschrieben hat. „Die Autobiografie Karls IV. Vita Caroli Quarti“ ist in der „Bibliothek Historischer Denkwürdigkeiten“ erschienen. Für jedermann nachlesbar zeigt hier ein Kaiser des ausgehenden Mittelalters, welche Dinge er für wichtig hielt. Er beschreibt seine prägenden Jahre bis 1350 und sein politisches Programm.

Wie mit diesem Vermächtnis umzugehen ist, erläutert der Herausgeber Wolfgang F. Stammler in seinem Vorwort über Karl als einen Kaiser, an dem sich über Jahrhunderte hinweg die Geister schieden. War er der würdelose Ränkeschmied, der unehrenhafte, eitle Geschäftemacher und nur an der Erweiterung seiner Hausmacht interessiert oder der wichtigste Herrscher seiner Zeit? 

Eine vergleichende Betrachtung gleich zu Anfang gibt darüber Aufschluss. An der Tatsache, dass Karl IV. ein großer Europäer war, der die europäische Kultur auf eine neue Höhe geführt hat, ist nicht zu zweifeln. Dennoch ist für die His-toriker seine Autobiografie ein Forschungsproblem. Und das nicht nur, weil man an keiner Stelle seiner Lebensbeschreibung erfährt, wann sie genau verfasst wurde. So bleibt den Historikern nur, aus dem Text Rückschlüsse zu ziehen. 

Der sehr aufschlussreiche erste Teil des Buches ist als eine Art Leseanleitung und Erläuterung des sich im zweiten Teil anschließenden, historisch so bedeutenden Lebensberichtes zu sehen. Es ist eine Art Schatzkarte, die den Leser auf wichtige Dinge hinweist, Erklärungen liefert, um somit das folgende Dokument besser zu verstehen. Etwa in der Mitte des sehr kostbar ausgeschmückten Werkes beginnt die Selbstdarstellung eines Mannes aus dem Mittelalter. Natürlich auf Latein geschrieben und jeweils auf der rechten Seite übersetzt ins Deutsche. Der Historiker Eugen Hillenbrand zeichnet verantwortlich für die Einführung, Übersetzung und den sich anschließenden Kommentar.

Die Abbildung auf dem Umschlag ist aus drei Miniaturen der „Goldenen Bulle“ montiert und gibt einen Vorgeschmack auf den kostbaren Inhalt des Buches. Denn die Texte sind mit Abbildungen erlesener, themenbezogener Prachthandschriften durchsetzt. Ein wahrer Genuss fürs Auge und ein gelungenes Werk für Liebhaber historischer Themen.

Wolfgang F. Stam-mler (Hg.): „Die Autobiographie Karls IV. Vita Caroli Quarti“, Alcorde Verlag, Essen 2016, gebunden, 307 Seiten, 36 Euro