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13.10.17 / Schadensbericht hier, Erfolgsstory dort / Eine Bundestagswahl wie ein Erdbeben – die politische Landschaft wurde mehr als gründlich durchgerüttelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

Schadensbericht hier, Erfolgsstory dort
Eine Bundestagswahl wie ein Erdbeben – die politische Landschaft wurde mehr als gründlich durchgerüttelt
Volker Kleinophorst

Nur wer genau hinschaut, erkennt das ganze Ausmaß der Umwälzungen, die Deutschlands Wähler ihren Politikern am 23. September bescherten. Zeit also für einen genauen Schadensbericht, ebenso wie für eine ­detaillierte Erfolgsstory. Wer den ganzen Frust der etablierten Parteien oder den Siegeszug der AfD verstehen will, muss nach

Marxloh, nach Rügen oder Salzgitter-Wolfenbüttel schauen.

Wie soll man das Wahlergebnis bloß deuten? „Warum nur, warum“, fragt sich ganz Besserdeutschland, „haben so viele Menschen diese AfD gewählt?“. Die Antwort ist ganz einfach. Weil nicht jeder in einem Besserverdienerviertel lebt. Denn je weniger Migranten in der Nähe wohnen, umso mehr ist man dafür, welche aufzunehmen. In den Wohnzimmern der Villenviertel umgeben von schwarzafrikanischer Kunst, tibetanischen Duftkerzen und eingehüllt in einen kuscheligen Alpaka-Poncho aus Indio-Herstellung träumt sich‘s schön von Multi-Kulti. 

Da, wo die Menschen mit den „Kulturbereicherern“ Tür an Tür wohnen, ist der Stimmanteil der zuwanderungskritischen AfD dagegen auch im Westen hoch. Stefan Schubert, Ex-Polizist, Buchautor („No-Go-Areas“) und Experte für innere Sicherheit, hat für ein Internetportal aussagekräftige Zahlen zusammengestellt. In Duisburg-Marxloh zum Beispiel erhielt die AfD 30 Prozent, gegenüber 9,4 Prozent im gesamten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Marxloh gilt als besonders berüchtigte No-Go-Area. Libanesische Clans geben den Ton an. Der Ausländeranteil liegt bei 52,8 Prozent (Stand: Dezember 2016). Die Polizeigewerkschaft GdP warnt vor völligem Kontrollverlust. Merkel besuchte 2015 das Problemviertel zu einem Bürgerdialog. Sie setzte eine teilenehmende Miene auf, hörte sich die Sorgen der Bewohner an und entschwand. Nichts geschah. Die Quittung gab es am 23. September. Die CDU wurde in Marxloh mit 13,4 Prozent abgestraft. 

In Hamburg errang die Alternative für Deutschland insgesamt 7,8 Prozent der Stimmen. In Billbrook, mit einem Immigrantenanteil von 85 Prozent der ausländerreichste Stadtteil der Hansestadt, waren es 27,6 Prozent. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Auf den Punkt gebracht heißt es: Mehr Immigranten, mehr AfD-Wähler.

„Aber, aber …“, tönt es von den Oberschlauen, die das unerhörte Wahlergebnis in ihr politisch korrektes Weltbild einordnen möchten, „in den neuen Bundesländern ist die AfD doch am stärksten, obwohl es dort gar keine Immigranten gibt.“ Das ist einerseits richtig: In Sachsen wurde die Newcomer-Partei mit 27 Prozent sogar stärkste Kraft vor der CDU, die nur 26,9 Prozent erreichte. Schlicht gelogen ist aber die Behauptung, dass im Osten keine Immigranten lebten. Beinahe jeder Polizeibericht beweist das Gegenteil. Sicherlich gibt es in Leipzig, Dresden oder Erfurt noch keine Zustände wie in Duisburg-Marxloh. Es leben tatsächlicher weniger Immigranten in den Neuen Bundesländern, und damit das so bleibt, haben die Menschen AfD gewählt. Man muss nicht erst Verhältnisse haben wie in Berlin, Bremen, Hamburg oder dem Ruhrgebiet, um zu erkennen, was man nicht will. Da ist man im Osten schlauer. Ganz so dumm sind die „Wessis“ allerdings auch nicht. In absoluten Zahlen haben vier Millionen von ihnen die AfD gewählt. Von den „Ossis“ gab es 1,7 Millionen Stimmen. Sie haben auch überproportional häufig die Linken gewählt. Die klassischen Westparteien kommen dort also auch 27 Jahre nach der „Wende“ insgesamt nicht so gut an.

Was weiter ins Auge fällt: Die beiden Parteien der Großen Koalition zahlten an der Basis die Zeche für das Berliner Führungspersonal. Das zeigt ein Blick auf die Verteilung von Erststimmen und Zweitstimmen. Mit der Erststimme wird ja bekanntlich der Direktkandidat in den jeweiligen Wahlkreisen gewählt. So wird unter anderem sichergestellt, dass alle 299 Wahlkreise im Parlament vertreten sind. Die wichtigere Zweitstimme entscheidet über das Mehrheitsverhältnis also die Machtverteilung im Parlament. Erhält eine Partei beispielsweise 35 Prozent der Zweitstimmen, stehen ihr auch 35 Prozent der Sitze im Parlament zu. 

Am 24. September zeigte sich nun, dass viele Bundestagskandidaten von CDU und SPD zwar so beliebt bei den Wählern waren, dass sie sich die Mehrheit der Erststimmen sichern konnten, ihren Parteien aber wurde das Kreuz bei der Zweitstimme in großem Ausmaß verweigert. Das gilt sogar – oder auch gerade – für die Prominenz. Merkel erhielt im Wahlkreis „Vorpommern-Rügen–Vorpommern Greifswald I“ zwar 44 Prozent der Erststimmen, aber nur 32,9 Prozent der Zweitstimmen (AfD: 19,6). Bei Außenminister und Ex-SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sieht es ähnlich aus. Das Politschwergewicht erhielt in „Salzgitter-Wolfenbüttel“ 42,8 Prozent der Erststimmen. An Zweitstimmen für die Sozialdemokraten sammelten sich 32,4 Prozent an (AfD: 12,3 Prozent). 

Keine Direktmandate, also einen Sieg in ihrem Wahlkreis, errangen Justizminister Heiko Maas, der gegen Kanzleramtschef Peter Altmaier verlor, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die Spitzenkandidatin der Linken, Sarah Wagenknecht, und der Grüne-Spitzenkandidat Cem Özdemir, der mit 29,7 Prozent  in Stuttgart knapp am CDU-Konkurrenten scheiterte. Alle werden dennoch im Bundestag sitzen, da sie über Listenplätze abgesichert waren. 

Ein Blick auf die dortige Sitzverteilung zeigt dann endgültig, wie katastrophal Merkels Niederlage wirklich ausgefallen ist. Hatten die Schwarzen 2013 noch 311 Abgeordnete in einem Bundestag mit 630 Mitgliedern, kommen sie nun auf 246 Mandate bei 709 Mitgliedern, Das ist ein Minus von 20,9 Prozent!

Immerhin: „87,4 Prozent haben nicht die AfD gewählt“, tönt es aus dem gelichteten Lager der selbsternannten Besserdeutschen. Aber selbst das stimmt nicht wirklich. Nur 87,4 Prozent von den 75 Prozent, die  ihre Stimme abgaben, haben sie nicht gewählt. 67 Prozent haben aber eben auch nicht CDU gewählt, fast 80 Prozent nicht die SPD, beinahe 90 Prozent nicht die FDP und 91 Prozent hielten sich von den Grünen fern. 

Grund genug, höchst unfein über die neuen Zuwanderer in den Bundestag herzuziehen. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann bezeichnete AfD-Wähler bei einer Pressekonferenz kurz nach dem 24. September als „Bodensatz“. Parteigenosse Cem Özdemir nannte sie „Brut“. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sprach vor laufenden Kameras „von einem Haufen rechtsradikaler Arschlöcher“.

Es brauchte wohl erst die englische Presse, um eine bemerkenswerte Tatsache zu recherchieren. Die Nachrichtenagentur Reuters UK berichtete, dass die als „ausländerfeindlich“ stigmatisierte AfD  mehr Abgeordnete mit Immigrationshintergrund hat als die – ach so, bunte – CDU. Dort haben nur 2,9 Prozent ausländische Eltern. Bei den AfD-Abgeordneten sind es immerhin 7,9 Prozent. Sie liegt damit im Mittelfeld der Parteien. Den höchsten Migrantenanteil im neuen Bundestag hat die Linken-Fraktion mit 18,8 Prozent vor den Grünen mit 14,9 Prozent.  

Wer sich darüber hinaus mit den Staatsbürgern beschäftigt, die – frei nach Angela Merkel – noch nicht so lange hier leben, sollte auch einen Blick auf die „Allianz Deutscher Demokraten“ (ADD) ris-kieren. Mit 41178 bei der Bundestagswahl erhaltenen Stimmen rangiert sie weit unterhalb der Sichthöhe der deutschen Medienszene. Dennoch ist der Erfolg der Partei, die sich vornehmlich an türkische und muslimische Einwanderer richtet (siehe PAZ 39, S. 12), bemerkenswert. Die 2016 gegründete Partei trat nur in Nordrhein-Westfalen an und konnte im Vergleich zur Landtagswahl im Mai ihren Stimmenanteil mehr als verdreifachen. Zehn Prozent aller wahlberechtigen Türkischstämmigen in NRW stimmten für sie. – Da darf man für 2021 einiges erwarten.





Kerle stehen auf AfD, Ladys auf Mutti

Was in linksfeministischen Blättern und Internet-Blogs gleich zum Beweis der höheren weiblichen Intelligenz herangezogen wurde, bewog andere zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen. Brachial-Spötter und Feminismuskritiker Akif Pirincci, nie um eine schockierende Aussage verlegen, verfasste auf seiner Internetseite sogar ein „Pläydoyer für die Abschaffung des Frauenwahlrechts“. Grund der hochkochenden Mann-Frau-Krawalle: Mehr Kerle wählten die AfD, während die Ladys eher eine Vorliebe für die CDU/CSU entwickelten. Die Stimmverteilung im Einzelnen: Zehn Prozent aller weiblichen Wähler entschieden sich für die AfD. 15 Prozent der Männer stimmten nationalkonservativ. Die Union wünschten sich 36 Prozent der abstimmenden Frauen als staatlichen Haushaltsvorstand für die nächsten vier Jahre. Dagegen konnten sich nur 30 Prozent der Männer für Mutti begeistern. 

Für weitere Erregung in feministischen Kreisen sorgt auch die zukünftige Geschlechterverteilung im Bundestag. Der Anteil weiblicher Abgeordneter wird von 37 Prozent auf 31 Prozent sinken. Insgesamt werden 218 Frauen 491 Männer gegenüberstehen. „Beschämend“ sei das, empörte sich Mona Küppers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, einem Dachverband von 60 Frauenorganisationen, im „Tagesspiegel“. Das Parlament spiegele nicht die Tatsache wieder, dass die Gesellschaft zur Hälfte aus Frauen bestehe. Elke Ferner, Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, forderte denn auch in der Parteizeitung „Vorwärts“ mal eben eine Änderung des Wahlrechts. Eine Quote für Frauen müsse her. 

Was sich auf den ersten Blick anhört, als sei es nur gerecht, ist es auf den zweiten Blick mitnichten. In jeder Partei, die im Bundestag vertreten ist, engagieren sich deutlich mehr Männer als Frauen. Selbst bei den Grünen sind 61 Prozent ihrer Mitglieder weder weiblich, noch transsexuell, noch transgender, sondern schlicht und einfach männlich. Geradezu umgekehrt ist das Verhältnis dann im Bundestag. Von den 67 grünen Abgeordneten sind nur 28 männlich und 39 weiblich. Gäbe es einen deutschen Männerrat, könnte dessen Vorsitzender zu Recht die grünen Macho-Frauen fragen, ob das ihrem Verständnis von echter Gleichberechtigung entspreche. 

Ein ungern preisgegebenes weibliches Geheimnis ist auch, dass Frauen die schmucklosen deutschen Wahlkabinen anscheinend wenig attraktiv finden. Ihr Anteil an den Nichtwählern ist bei jedem Urnengang höher als jener der Männer. Da kann die Frauenzeitschrift „Cosmopolitan“ in ihrer letzten Ausgabe vor der Bundestagswahl noch so sehr werben, dass Wählen „eine Riesensache“ (mit Ausrufezeichen!) sei, – auch wenn man sich dabei über den „quietschenden Linoleumboden eines Gemeindehauses“ in einen „Minikabuff“ begeben müsse.VK