26.04.2024

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13.10.17 / Macron macht Tempo / Mit ihrem Widerstand kommen die Gewerkschaften kaum mit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

Macron macht Tempo
Mit ihrem Widerstand kommen die Gewerkschaften kaum mit
Bodo Bost

In Frankreich ist es alte Tradition seit der Revolution, dass umstrittene Gesetze eher auf der Straße als in der Nationalversammlung gemacht werden. Beim jetzt anstehenden Arbeitsmarktreformgesetzt war es offenbar anders. Die Gewerkschaften hatten Probleme, ihre Leute auf die Straße zu bringen. Sie wurden vom Tempo des Staatspräsidenten Emmanuel Macron überrumpelt, der eine gewisse Mobilisierungsmüdigkeit nach vier Wahlgängen in nur zwei Monaten ausnutzte, um die Gewerkschaften auszuspielen. So fiel der vermeintlich heiße Herbst bisher ziemlich lauwarm aus. Blockaden und Massenaufmärsche gegen die Reform der Arbeitszeiten kamen kaum zustande. Der französische Präsident hat mit seiner satten Mehrheit im Parlament keine schlechten Chancen, die ersten Reformen ohne große Zugeständnisse umsetzen zu können. Dies ist bislang noch keinem Präsidenten vor Macron in so kurzer Zeit gelungen.

Der Hausherr im Elysée-Palast hält sich bisher eng an sein Wahlprogramm, auch ein Umfragetief hat offenbar daran wenig geändert. Die Linke wirft ihm vor, Politik für die Reichen zu machen. Die Vermögensteuer für die Wohlhabenden soll künftig wegfallen, und auch die Besteuerung des Kapitals soll drastisch sinken, beides Geschenke an die Besserverdienenden wirft die Linke dem ehemaligen Investmentbanker an der Staatspitze vor. Macron steht jedoch auf dem Standpunkt, dass Wohlstand erst einmal erarbeitet werden muss, bevor er umverteilt werden kann. Dass das starre Arbeitsrecht in Frankreich ein Jobkiller ist, dass die meisten Rentner gegenüber der arbeitenden Bevölkerung bevorteilt werden, weiß Macron. Deshalb will er neben der Arbeitsrechtsreform die Staatsausgaben senken, tut dies jedoch nur zögerlich. Die Beamtenschaft schont er, Immobilienbesitzer belastet er weiterhin. Seine Europa- und internationale Politik trägt auch protektionistische Züge. Macron steht erst am Anfang eines langen Reformmarathons. 

Wie gering die Kapitaldecke einiger französischer Großunternehmen ist, haben gerade zwei spektakuläre Übernahmen von französischen Großunternehmen gezeigt. So wurde Alstom mangels Kapitalausstattung vom größten Konkurrenten, dem deutschen Unternehmen Siemens, übernommen. Erstmals scheinen in Frankreich die nationalen Scheuklappen zu fallen, denn es wurde zugelassen, dass ein Unternehmen, das immerhin für das nationale Projekt TGV im Schienenbereich steht, unter ausländische Mitbestimmung gelangt. Im Gegenzug musste allerdings einem Franzosen die operative Führung des neuen Gesamtunternehmens überlassen und es mussten Standortgarantien über mehrere Jahre gegeben werden.

Der junge Präsident, der in einem knappen Jahr die französische Parteienlandschaft komplett durchgewirbelt hat, macht sich daran, nicht nur Frankreich zu verändern. In seiner Rede in der altehrwürdigen Sorbonne wollte er ganz Europa einen neuen Impuls geben und forderte eine „Neugründung“ Europas. Dafür hat er einen bis 2024 reichenden Fahrplan präsentiert. Unter anderem will er ein europäisches Asylrecht sowie einen Haushalt und einen Finanzminister für die Euro-Zone. Auch einen neuen Élysée-Vertrag mit Deutschland möchte Macron abschließen, um aus den beiden Ländern den Motor Europas zu machen. Er ließ allerdings offen wie das gehen soll.