20.04.2024

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13.10.17 / Marginalisierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

Marginalisierung
Gernot Facius

Das ist eine Zäsur, und das so oft strapazierte Wort hat hier seine Berechtigung: Bernd Fabritius (CSU), Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), ist nicht mehr im Bundestag, der bisherige Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk (CSU), nicht mehr angetreten, und Klaus Brähmig, der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen und Flüchtlinge in der CDU/CSU-Fraktion,verpass­te in seinem sächsischen Wahlkreis den Wiedereinzug ins Hohe Haus – gescheitert an Frauke Petry. Auch der Russlanddeutsche Heinrich Zertik (CDU) aus Nordrhein-Westfalen erhielt keine neue Fahrkarte nach Berlin. Wenigstens Stephan Mayer (CSU), BdV-Vizepräsident, hat seinen Wahlkreis erfolgreich verteidigt. Doch der Oberbayer mit sudetendeutschen Wurzeln ist in erster Linie Innen- und Rechtspolitiker. Den Sprung ins Parlament schaffte zudem der ehemalige BdV-Vizechef und Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm von Gottberg (AfD).

Der enttäuschte CSU-Mann Fabritius, dem ein eigener Wahlkreis versagt geblieben war, sprach von einem „absoluten Kahlschlag“ und meinte damit die Vertretung der Vertriebenen im neuen Bundestag. Er möchte, wie er dem „Münchner Merkur“ sagte, auch ohne Parlamentsmandat sein Präsidentenamt „mit voller Kraft“ fortführen. So einfach wird das nicht sein. Dass viele aus dem Vertriebenenmilieu die AfD gewählt hätten, ist für ihn „ein deutliches Signal dafür, dass wir kämpfen müssen“. Mit „wir“ sind die Kräfte im BdV und den Landsmannschaften gemeint, die eher sozial- und kulturpolitischen Themen den Vorrang vor den genuin heimatpolitischen Forderungen einräumen. Dass der Siebenbürger Sachse Fabritius so offen seine verbandsinternen Gegner benennt, von denen er viele im Umfeld der AfD vermutet, für die seine Amtsvorgängerin Erika Steinbach (ehemals CDU) im Wahlkampf geworben hat, wird seine Position nicht gerade stärken. Zumal da sein CSU-Parteivorsitzender Horst Seehofer an Sympathien bei den Vertriebenen, nicht nur bei den Sudetendeutschen, dem „vierten Stamm“ in Bayern, verloren hat.

Freimütig gibt Fabritius zu, dass für ihn jetzt einiges auf dem Spiele steht: „Natürlich habe ich Bedenken, dass sich andere Strömungen durchsetzen, wenn ich den proeuropäischen Kurs nicht halten kann.“ Vorgänger von Fabritius an der Spitze des BdV waren Georg Baron Manteuffel-Zöge, Linus Kather, Hans Krüger, Wenzel Jaksch, Reinhold Rehs, Herbert Czaja, Fritz Wittmann und zuletzt Eri­- ­k­a Steinbach. Keine dieser so unterschiedlichen Persönlichkeiten blieb während ihrer Amtszeit unangefochten. Doch fast alle konnten sich auf ein dichtes Netzwerk stützen, das sie schützte – im Gegensatz zu Bernd Fabritius., der als Vorsitzender der relativ kleinen Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen vor vier Jahren – mehr oder weniger zufällig – in den Deutschen Bundestag einzog.

Es lässt sich nicht anders deuten: Die politische Marginalisierung der deutschen Heimatvertriebenen geht voran – ausgerechnet in dem Jahr, in dem ihr Dachverband BdV seiner Gründung vor 60 Jahren gedenkt.