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13.10.17 / Frei gedacht / »Die AfD muss weg, egal, wie«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

Frei gedacht
»Die AfD muss weg, egal, wie«
Eva Herman

Unsere Nachbarin sagt, dass „die da oben“ Schmuh gemacht hätten bei der Bundestagswahl. Also nicht „die da ganz oben“, sondern die weiter unten, nämlich bei der AfD. Die müssten, wie unsere Nachbarin meint, wohl Wahlfälschung betrieben haben. „Oder woher kriegen die sonst über zwölf Prozent?“ Wahrscheinlich steckten die Russen dahinter, sagt sie. Oder irgendwelche Geheimdienste. Aber normal sei das nicht. Hhmm, hatte ich entgegenzusetzen versucht, da seien doch eine ganze Menge der Wähler inzwischen ziemlich unzufrieden mit der Bundeskanzlerin, alleine schon wegen der massiven Einwanderung seit 2015. Da wurde sie aber richtig politisch, unsere Nachbarin. Zum ersten sei die Bundeskanzlerin wiedergewählt worden, was absolut die richtige Entscheidung für Deutschland sei. Außerdem wies sie mich darauf hin, dass es sich doch wohl ganz genau nur und ausschließlich um Flüchtlinge handele, die aus dem inzwischen völlig verdorrten Afrika und Arabien zu uns kämen, und nicht etwa um Einwanderer, und dass wir diesen armen Menschen nun auch helfen müssten.

Helfen, ja, versuchte ich sie zu beruhigen, aber ein echter Flüchtling sei zum Beispiel derjenige, dem bei Abschiebung schwerwiegende Gefahren wegen seiner politischen Überzeugung oder Religion drohen, wie Verletzungen grundlegender Menschenrechte, wie Folter und Verfolgung. Denen sollten wir auf jeden Fall helfen, fügte ich hinzu, doch unsere Nachbarin wurde ganz hitzig: Ob ich denn jeden einzelnen Fall so genau untersucht hätte? Na also, meinte sie schnell, so pauschal könne man mit dem Thema nicht umgehen. Schließlich gehe das verdorrte Afrika ja wohl eindeutig auf unsere Kappe. So pauschal, hatte ich ihr dann geantwortet, könne man aber das jetzt auch nicht einfach behaupten. Gewiss sei durch die zahlreichen Kolonialkriege der Vergangenheit und Gegenwart, die von den globalisierenden Multikonzernen bis zum heutigen Tag betrieben werden, alles dort aus dem ökologischen und ökonomischen Gleichgewicht geraten, und, ja, die westliche Welt trage einen Großteil der Verantwortung. Warum aber, so wollte ich dann von ihr wissen, müssten fast alle Wirtschafts-Migranten jetzt in das kleine Deutschland gelenkt werden?

Au weh, da wurde unsere Nachbarin aber dann wirklich sauer. Ja, ob ich denn die deutsche Geschichte vergessen hätte, und die schwere Schuld, die auf dem deutschen Volk liege immer noch, und bis in alle Ewigkeit? Das sei doch niemals wieder gutzumachen. Sie hatte dann gleich einen schweren Hustenanfall erlitten, unsere Nachbarin, weil sie offensichtlich wirklich wütend auf mich geworden war. Es sei auf jeden Fall richtig, dass es sich hierbei um das düsterste Kapitel unserer Geschichte handelt und gar nichts daran schön zu reden sei, hatte ich geantwortet. Doch wie es denn vergleichsweise mit Nord- und Südamerika sei, wo vor 200, 300 Jahren Hunderte Millionen Eingeborene, Indianer, Natives von europäischen Einwanderern umgebracht worden seien. Warum spreche man heute darüber nicht auch? Da wurde sie aber auf der Stelle ganz merkwürdig, die Nachbarin, und warf den Kopf in den Nacken. Das könne man überhaupt nicht vergleichen, und das sollte bloß auch keiner mal versuchen. Die deutsche Schuld sei einmalig! Basta!

Tja, da musste ich ihr dann wirklich recht geben, das scheine wirklich absolut einmalig auf der Welt zu sein, sagte ich, denn auch in Australien, in Afrika und Asien, also praktisch auf allen Kontinenten, seien ja über Jahrhunderte lang Aborigines und Indigene millionenfach ausgerottet worden. Einmalig, tatsächlich. Unsere Nachbarin war aber inzwischen wieder bei der AfD, für die sie ganz offensichtlich keinerlei Sympathien zu hegen scheint. Da seien die allermeisten Nazis, bretterte sie los, und so was dürfte hier eben nie mehr zugelassen werden. Stopp, meinte ich darauf. So einfach sei die Sache wirklich nicht. Ich sprach von berechtigten Kernpunkten des AfD-Programms, die man nur unterschreiben könnte, wenn man am Überleben des eigenen Landes interessiert ist. Die AfD versuche wenigstens, Kultur und Tradition der Nationalstaaten, explizit Deutschlands, zu bewahren, die aufgrund der nicht endenden Masseneinwanderung nun erheblich gefährdet seien.

Da wurde die Nachbarin ganz dünnlippig, ihre Augen verengten sich auf einmal zu Schlitzen, und sie musterte mich fast feindselig. Ja, ob ich denn die AfD auch gewählt hätte, wollte sie leise wissen. Ich verneinte und erläuterte, dass ich grundsätzlich Nichtwähler sei, also seit Jahrzehnten bereits dem gesamten Parteiensystem keine Energie gebe, da ich dieses Modell für unbrauchbar halte, um eine gesunde Gesellschaft zu ermöglichen. Doch gab ich ihr zu verstehen, dass ich in puncto Merkelscher Einwanderungspolitik die kritischen Gegenargumente der AfD durchaus nachvollziehen könne. Ich fügte dann an, dass gerade wieder ein AfD-Politiker mit seiner Familie angegriffen, sein Auto in Brand gesteckt und das Haus mit Naziparolen beschmiert worden sei. Ob sie es denn für eine gesunde Demokratie halte, wenn mit Andersdenkenden derartig umgegangen wird, wollte ich wissen. Da war sie für einen Augenblick sprachlos, die Frau Nachbarin. Und während sie mich weiterhin fest in ihrem verengten Schlitzblick hielt, mich dabei plötzlich viel interessierter musterte, dennoch einen Schritt Abstand von mir nahm, flüsterte sie schon beinahe: „Ja, wie soll man denn dieses Pack sonst noch erziehen?“ Ihr Zeigefinger deutete mehrfach heftig in meine Richtung: „Vernichten sollte man das Geschwerl!“

Es geschieht selten, dass mir keine Antwort einfällt, doch hier war es jetzt so. Wahrscheinlich hatte ich sie ungläubig angestarrt, während mir durch den Kopf ging, dass es doch genau diese üblen Mechanismen gewesen waren, die das dunkle Kapitel Deutschlands einst überhaupt erst möglich gemacht hatten. Doch das würde sie wahrscheinlich nicht verstehen. Die Nachbarin aber redete schon weiter, offenbar felsenfest davon überzeugt, das einzig Richtige zu wollen. Sie hätte gerade in der Zeitung gelesen, dass der Intendant des Friedrichstadt-Palastes in Berlin keine AfD-Wähler mehr in sein Theater lassen wolle, berichtete sie mit erhitzten Wangen. Dabei lächelte sie hintersinnig: „Welch eine schlaue Methode, um denen mal zu zeigen, wo der Hammer hängt!“ Wo er denn hängen würde, der Hammer, wollte ich von ihr wissen. „Da, wo die Gerechtigkeit ist!“ Wieder vermochte ich kurz nichts darauf zu sagen, ihr Engagement duldete kaum Widerspruch. Dennoch wandte ich nach einem Ausatmer ein, dass ein Theaterchef für ein Kulturprogramm verantwortlich ist, aber nicht für politische Agitation. Doch das sah meine Nachbarin ganz anders. Dieser Mann trage die Verantwortung für unsere Zukunft, wie wir alle verantwortlich seien. Weswegen jetzt eben alle zusammenhalten müssten gegen die Nazi-AfD. „Die AfD muss weg, egal, wie!“ Wer AfD wähle, wisse, dass er auch Nazis in den Bundestag wählt. Und das Eine sei ja wohl klar: Nur wer aus Sorge um die deutsche Kultur die AfD wähle oder gar dort mitmache, sei „ein Brandstifter, ein Mittäter«. Dafür gebe es keine Entschuldigung! Das hätten wir doch alles schon mal gehabt. Unser Gespräch war dann übrigens schnell beendet.