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13.10.17 / Minister erteilt Königsberger »Offshore-Zone« Abfuhr / Auf der Lomse sollen neue Unternhemen ansiedeln – Aktuelle Regierungspläne für die Sonderwirtschaftszone sind umstritten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

Minister erteilt Königsberger »Offshore-Zone« Abfuhr
Auf der Lomse sollen neue Unternhemen ansiedeln – Aktuelle Regierungspläne für die Sonderwirtschaftszone sind umstritten
Thomas W. Wyrwoll

Auf dem Fernöstlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok regte Ruslands Erster Vize-Premierminister Igor Schuwalow die Deklarierung des Königsberger Gebietes sowie der vor der Tagungsstadt gelegenen Insel Russkij als „Offshore-Zonen“ an. Damit würden für den unlängst zur „einzigen Exklave Russlands“ erklärten Teil Ostpreußens die wirtschaftsrechtlichen Bestimmungen des russischen Mutterlandes nicht mehr gelten, wodurch insbesondere an niedrigeren Steuern und einem ungehinderten Kapitalverkehr interessierte Unternehmen zur Ansiedlung bewegt werden sollen.

Unmittelbar vor seiner Wahl zum Gouverneur des Königsberger Gebietes hatte der damals noch übergangsweise amtierende Hoffnungsträger des Kremls, Anton Alichanow, das Projekt klar befürwortet. Es habe während eines Besuchs Präsident Wladimir Putins in Königsberg Gespräche unter Einschluss des Moskauer Wirtschafts- und Finanzministeriums gegeben, bei denen verschiedene rechtliche Möglichkeiten erörtert worden seien, die ab dem Jahr 2019 umgesetzt werden sollten. 

Alichanows Vize-Premier Alexander Schenderjuk-Schidkow schlug zur Ansiedlung der umzugswilligen Unternehmen denn auch bereits die Lomse zwischen Altem und Neuem Pregel vor, auf der zurzeit ohnehin ein großer Sportkomplex für die Fußballweltmeisterschaft 2018 errichtet wird.

Ein ähnlicher Offshore-Plan allein für die Finanzbranche war Anfang des neuen Jahrtausends noch auf Ablehnung in Moskau gestoßen, da man die Banken damals lieber in den russischen Metropolen halten wollte. 

Der frühere Leiter des Königsberger Wirtschaftsamtes Witalij Schdanow gab denn auch angesichts solcher Erfahrungen zu bedenken, dass man weniger russische denn ausländische Unternehmen als primäre Zielgruppe ins Auge fassen müsse. Voraussetzung hierfür wäre aber zunächst eine Verbesserung der Flugverbindungen nach Königsberg und eine Vereinfachung des viel zu umständlichen Visaverfahrens – was dem Gebiet ohnehin nicht schaden würde.

Der Moskauer Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin, der 2016 den wegen Korruptionsverdachts in Ungnade gefallnen Alexaj Uljukajew ablöste, erteilte diesen Überlegungen nun bei einem Besuch in Königsberg eine deutliche Abfuhr. Bereits das Wort „Off­shore“ sei schlecht, und außerdem arbeite sein Ministerium bereits an einem Plan zur Ansiedlung „innovativer Unternehmen“ in Königsberg. Mit ihm werde es daher kein ostpreußisches Offshore-Projekt geben. 

Freilich ist sein angeblicher Alternativplan ebenso abgedroschen wie nichtssagend, und es erscheint fraglich, ob man einem gerade einmal 35-jährigen Jungminister, der sich möglicherweise in Konkurrenz zu Alichanow bei der Verteilung künftiger Aufgaben sieht, ein solches eigenmächtiges Vorpreschen einfach so durchgehen lässt. Das letzte Wort in der Offshore-Frage wurde daher sicher noch nicht gesprochen.