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13.10.17 / »Heimat, Identität und Glaube« / 750 Jahre deutsche evangelisch-lutherische St. Chistophori-Kirche in Breslau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

»Heimat, Identität und Glaube«
750 Jahre deutsche evangelisch-lutherische St. Chistophori-Kirche in Breslau
Bodo Bost

Die einzige deutschsprachige ev. Kirche in Polen feiert den 750. Geburtstag ihres Kirchenbaus. Bereits 1958 durften die heimatverbliebenen evangelischen Deutschen in Polen Gottesdienste in ihrer Muttersprache feiern; die katholischen Oberschlesier mussten darauf noch 25 Jahre länger warten. 

1267 wurde an der Stelle der heutigen evangelischen Christophorikirche eine der Maria von Ägypten geweihte katholische Friedhofskapelle, die Magdalenenkirche, errichtet. Ab 1343 feierte hier die Breslauer Zunft der Kürschner ihre Gottesdienste. Um 1410 wurde die Kapelle im gotischen Stil vom Architekten Heinrich Frankenstein zu einer Kirche ausgebaut. 1461 wurde ein Turm mit einem pyramidenförmigen Helmdach errichtet. Im Zuge der Reformation wurde die Kirche 1523 evangelisch. Allerdings anders als in den sonstigen evangelischen Kirchen Niederschlesiens, wurde ab 1619 in St. Christophori der lutherische Katechismus auf Polnisch gelehrt, für die evangelischen, polnischsprachigen Handelsleute Breslaus wurde sogar ein Gesangbuch in polnischer Sprache veröffentlicht. Erst seit dem 18. Jahrhundert wurden in der Kirche auch deutsche Gottesdienste abgehalten. Ab 1829 waren es nur noch deutsche Gottesdienste. Das Gotteshaus brannte in der Breslauer Feuersbrunst vom Mai 1945 vollständig aus und wurde zu 75 Prozent zerstört.

Anders als fast alle anderen evangelischen Kirchen im mehrheitlich evangelischen deutschen Niederschlesien wurden nach der Vertreibung der Deutschen die Christophorikirche nicht der katholischen Kirche übergeben. Warum sie verschont wurde, können sich die Gemeindeglieder bis heute nicht erklären, wahrscheinlich war es ihre Funktion als ehemalige polnische Minderheitenkirche in deutschen Zeiten, die ihr verhalf, den Status einer deutschen Minderheitenkirche zu bekommen. Die mehrheitlich katholischen heimatverbliebenen Oberschlesier durften dagegen deutschsprachige Gottesdienste bis in die 1980er Jahre nicht feiern. Für diese spielte der ehemalige Erzbischof von Oppeln, der heute 85-jährige Alfons Nossol die Vorreiterrolle. Die Christophorikirche blieb neben der evangelisch-reformierten Hofkirche, die auch Sitz der evangelischen Diözese Breslau ist, das einzig evangelisch verbliebene Gotteshaus in Breslau. Nachdem die Kirche in den Jahren 1947 bis 1949 wiederaufgebaut worden war, überließ 1958 die evangelische Gemeinde in Breslau die Christophorikirche den nach der Vertreibung zurückgebliebenen evangelischen Breslauer Deutschen, aber ohne eigene Gemeindeinstitutionen.

1993 wurde in der Christophorikirche erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine deutschsprachige evangelische Kirchengemeinde gegründet. Dies war das große Verdienst von Pfarrer Ryszard Borski, damals Seelsorger der Minderheit, der in der Folge deren erster Propst und später auch Bischof wurde. Von diesem Zeitpunkt an konnte sich die Gemeinde stabilisieren und entwickeln. Im Jahr 1996 erhielt sie den Gebäudekomplex der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche zurück, wo sich bis heute das Pfarrhaus mit Gemeindebüro und -saal befinden. Pfarrer der Gemeinde ist heute der aus Teschen stammende Andrzej Fober. Filialgemeinden, die ein- bis zweimal monatlich deutschsprachige Gottesdienste in den Kirchen der jeweiligen polnischen evangelischen Gemeinden feiern, befinden sich in Hirschberg-Bad Warmbrunn, Liegnitz, Lauban, Schweidnitz und Waldenburg. Die meisten Gottesdienstbesucher sind inzwischen nicht mehr die heimatverbliebenen Schlesier sondern Deutsche, die nach 1990 nach Breslau zugezogen sind.

Ein wichtiges Projekt der Kirchengemeinde ist der Bau der neuen Gerhard-Zeggert Gedächtnis-Orgel. Die einstige Praetorius-Orgel wurde während der Festung Breslau ein Opfer der Flammen. Der Heilige Christophorus steht symbolisch für die Gemeinde. Bereits im Jahr ihrer offiziellen Gründung wurde eine Sozialstation des Johanniterordens für ambulante medizinische Hilfe und eine Suppen Küche aufgebaut, Werke, die bis heute den Dienst am Nächsten erfüllen.

„Heimat, Identität und Glaube. Diese drei Töne ergänzen sich gegenseitig fruchtbar und bilden damit einen harmonischen Dreiklang. Fehlt auch nur einer, so klingen die Laute nicht mehr harmonisch zusammen“, sagte der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk (CSU), Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, in seiner Festansprache, zu der er auch Alt-Erzbischof Nossol und den deutschensprachigen katholischen Seelsorger für Niederschlesien, den Franziskanerpater Bernhard Maria Arndt, begrüßte. Auch die St. Christopherus-Gemeinde aus Schwabach-Wolkersdorf war mit einer Delegation zum Jubiläum der Schwestergemeinde nach Breslau gekommen. Die Gemeinde selbst hat das Jubiläumjahr mit dem Gedächtnisjahr des Reformationsjubiläums verbunden.