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13.10.17 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Wer soll das bezahlen? / Wie sich Brüssel verplappert, was die Asylsucher insgesamt kosten, und welche Erfolge die Aktion »Wir zusammen« präsentieren kann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-17 vom 13. Oktober 2017

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wer soll das bezahlen? / Wie sich Brüssel verplappert, was die Asylsucher insgesamt kosten, und welche Erfolge die Aktion »Wir zusammen« präsentieren kann

Jean-Claude Juncker ist sehr zufrieden mit Berlin. „Wir sehen es als extrem positiv an, dass ein Land, das bereits mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat, sich jetzt bereit zeigt, weitere 200000 Personen pro Jahr willkommen zu heißen“, ließ der EU-Kommissionspräsident seinen Sprecher über den Asylkompromiss von CDU und CSU öffentlich jubeln. Ist das nicht toll? Zumal die anderen EU-Staaten ihre Schotten ja weiterhin nach Kräften dichthalten.

Die Spitzen der Union müssten doch sehr stolz sein auf dieses wunderbare Lob aus Brüssel. Sind sie aber nicht, zumindest nicht die in München. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ist sogar stinksauer auf Juncker und wirft ihm eine „böswillige Falschinterpretation des CDU/CSU-Regelwerks“ vor.

Nanu? Was hat er denn? Ärgert sich Scheuer darüber, dass Brüssel die Vereinbarung der Unionsparteien unterschlagen hat, dass es auch gern mehr sein können als 200000, falls diese Zahl „wider Erwarten durch internationale oder nationale Entwicklungen nicht eingehalten werden“ kann, wie es in der Unionsvereinbarung steht? Etwa durch einen Krieg oder eine Krise in Afrika oder im Orient, wie sie ja hin und wieder vorkommen sollen?

Kaum anzunehmen. Eher das Gegenteil: Bei der Brüsseler Erklärung handelt es sich um einen klassischen Verplapperer. Die eindeutige Nachricht, dass Deutschland weiterhin niemanden an seinen Grenzen zurückweisen wird, dürfte schon jetzt Kreise ziehen im gesamten Erdenrund und zu weiterer Wanderschaft verlocken. Die Zahl von 200000 als bloßer „Richtwert“ zeigt kaum die Dimension an, in welcher gedacht wird, daher die Hintertür mit den „Entwicklungen wider Erwarten“.

Darf man solche Wahrheiten den deutschen Wählern offen ins Gesicht sagen? Noch dazu ausgerechnet aus Brüssel? Wie gesagt: Deutschland steht mit seiner Aufnahmebereitschaft mittlerweile allein in der EU und wird von allen Seiten als einsamer Trottel verspottet. Oder als Hasardeur gefürchtet. Brüssel hätte besser den Mund gehalten, statt die Deutschen auch noch mit der Nase in den Quark zu stoßen, den man ihnen vorsetzt. Da kann man schon mal wütend werden als Generalsekretär jener Partei, der diese Meisterleistung am schwersten in den Magen fahren wird.

Hilfreich wäre es gewesen, wenn Junckers Sprecher sich stattdessen mit vor Betroffenheit triefender Gutmenschenmiene darüber echauffiert hätte, dass die Unionsparteien „nur noch maximal 200000 Flüchtlinge aufnehmen wollen“. Das stimmt, wie gesagt, zwar gar nicht. Aber mit so einem Tadel im Rücken hätte Scheuer sich und die Seinen mit Hinweis auf das Brüsseler Gemotze als harte Hunde in der „Flüchtlingsfrage“ inszenieren können. Mit dem Lob auf dem Tisch sieht er aus wie ein Grüner.

Was uns interessiert, ist natürlich die Frage, was das eigentlich alles kostet. Finanzanalyst Axel Retz hat für „Börse-Online“ verschiedene Berechnungen zusammengetragen. Entwicklungshilfeminister Gerhard Müller (CSU) meint, jeder Asylsucher koste rund 2500 Euro pro Monat. Retz stellt dem die Bilanz des Instituts der Deutschen Wirtschaft und diejenige des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung gegenüber. Ersteres kommt auf 4167 Euro pro Person und Monat, die Kieler gar auf 4583 Euro. 

Nein, das Geld kriegen die Asylsucher natürlich nicht komplett ausgezahlt. In der Summe sind auch die Kosten für Unterbringung, Sicherheitspersonal in den Lagern, Gesundheitskosten, Kosten für Gerichte, Polizeieinsätze, Sprach- und Integrationskurse sowie für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge enthalten, die jeder Asylsucher monatlich verursacht.

Retz hat den Durchschnitt der drei Werte ermittelt und kommt auf 45000 Euro pro Jahr und Person. 2014 bis 2016 sind rund 1,5 Millionen Asylsucher ins Land gekommen. Damit kommen wir auf 67,5 Milliarden Euro jährliche Gesamtkosten. 200000 Personen zusätzlich kosten danach weitere neun Milliarden Euro jährlich. Neun Milliarden umfasst der Jahresetat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 67 Milliarden Euro sind etwas mehr als der Bundesetat für Verteidigung, Bildung und Forschung sowie für Gesundheit zusammen – laut Haushaltsbericht für 2016.

Und das ist nur der Mittelwert. Wer dem Ergebnis des Kieler Instituts vertraut, kommt auf mehr als 80 Milliarden Euro pro Jahr. Dafür müssen wir die Bundesetats für Wirtschaft und Energie sowie für Wirtschaftliche Zusammenarbeit noch obendrauf packen.

Aber stimmt die Zahl von 1,5 Millionen denn noch? Einige Tausend sind schließlich selber wieder gegangen oder abgeschoben worden. Richtig, aber dafür kamen 2017 schon wieder Tausende dazu, und dann ist da ja noch der laufende Familiennachzug. Also wird das wohl hinkommen, mindestens.

Mit diesen Daten im Kopf können wir endlich zusammenbauen, was wir bislang nie richtig in die Reihe bekommen haben. Nämlich, warum trotz „Rekordsteuereinnahmen“ und dem „Milliardenüberschuss im Bundeshaushalt“ so gut wie nichts übrigbleibt für Steuersenkungen. Warum die deutsche Politik trotz dieser wahnsinnig guten Resultate ihren Bürgern immer noch die höchsten Steuern und Abgaben unter allen großen Industrienationen abpresst: Sie benötigen das Geld dringender denn je! Und der Bedarf wird weiter steigen, oder?

Nein, nein, nie im Leben. Die Asylsucher sind eine „Investition in die Zukunft“, weil sie wegen ihres jugendlichen Altersdurchschnitts unsere Steuerkassen eines Tages füllen und unser Rentensystem retten! Das haben sie gesagt, die Experten aus Wirtschaft und Politik.

Mit der Aktion „Wir zusammen“  integrieren hunderte kleine und etliche namhafte deutsche Wirtschaftsunternehmen seit 2015 „Flüchtlinge“ in den Arbeitsmarkt. Roland Springer, Ex-Führungskraft bei Daimler und Gründer des Instituts für Innovation und Management, hat sich eine Tagung von „Wir zusammen“ in Stuttgart angesehen, um sich von den sagenhaften Erfolgen der Aktion berichten zu lassen. Im Portal „Tichys Einblick“ erzählt er, dass allein bei der Porsche AG schon elf „Flüchtlinge“ einen Ausbildungsplatz erhalten hätten mit dem Ziel, übernommen zu werden.

Porsche gehört zu vier „Best-Practise-Beispielen“, die auf der Tagung in Stuttgart vorgestellt wurden. Wie auch die Voith AG aus Heidenheim, bei der von acht Kandidaten gleich zwei eine Ausbildung begonnen haben, wie Springer zu wissen bekam.

Wer die Kosten für den enormen Werbefeldzug von „Wir zusammen“ durch die Menge der damit erzielten Ausbildungs- und Arbeitsverträge teilt, dürfte auf Zahlen pro Einzelfall kommen, die ähnlich zart auf der Zunge zergehen wie die oben genannten über die Gesamtrechnung der Asylsucherschar. 

So richtig zufrieden sind die Firmen mit dem Erfolg von „Wir zusammen“ daher nicht. Bis auf eine: Die Leiharbeitsfirma ManpowerGroup. Die vermittelt „Flüchtlinge“ sehr erfolgreich, wie sie sagt, in überwiegend einfache (Helfer-)Tätigkeiten. Mit anderen Worten: In ein Lohnsegment, das kaum Steuern zahlen kann und das für die Linderung des Facharbeitermangels eher weniger infrage kommt. Außerdem ist bei gering Qualifizierten die Arbeitslosigkeit schon heute am höchsten und wird weiter steigen, da Maschinen ihre einfachen Arbeiten übernehmen.

Wolfgang Schäuble warnt übrigens, dass wir vor einer neuen Finanz- und Wirtschaftskrise stehen, weil sich überall gefährliche Blasen gebildet hätten. In dem Falle würde das öffentliche Geld plötzlich sehr, sehr knapp. Die darauf einsetzenden Verteilungskämpfe könnten recht spannend und vor allem überaus ruppig werden. Angela Merkel sollte sich gründlich überlegen, ob sie dann wirklich noch Kanzlerin sein möchte.