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20.10.17 / Die Holzklasse hebt ab / Die Billigflieger setzten Maßstäbe, auch für die etablierten Großen der Branche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-17 vom 20. Oktober 2017

Die Holzklasse hebt ab
Die Billigflieger setzten Maßstäbe, auch für die etablierten Großen der Branche
Friedrich List

Sie haben die Flugreisen um vieles preiswerter gemacht – die etwas abschätzig als Billigfluggesellschaften bezeichneten Fluglinien, die in den 1990er Jahren begannen, mit Kampfpreisen den großen Linien Marktanteile abzujagen. 

Einer der Pioniere dieses Geschäftsmodells, die in Irland beheimatete Ryanair, gehört heute zu den größten Fluggesellschaften Europas und ist im Segment der Billigflieger Marktführer. In Deutschland liegt die Fluglinie auf Rang 3, hinter der auf Rang 2 liegenden, inzwischen insolventen Air Berlin und der Lufthansa-Tochter Germanwings.

Billigfluggesellschaften weisen eine Reihe gemeinsamer Merkmale auf. In der Regel fliegen sie nur einen einzigen Flugzeugtyp. Sie nutzen kleinere Flughäfen, um Lande­gebühren zu sparen. Zudem bieten sie nur Punkt-zu-Punkt-Verbindungen an und haben oft nur eine einzige Bordklasse. Zusatzleistungen, die bei anderen Fluggesellschaften im Ticketpreis enthalten sind, müssen zusätzlich bezahlt werden. Außerdem berechnen Niedrigpreis-Fluglinien zusätzliche Gebühren für Gepäckstücke, für Sitzplatzreservierungen oder für bestimmte Zahlungsmethoden. 

Hinzu kommen schlanke Organisationen und auf Geschwindigkeit getrimmte operative Prozesse, um die Kosten niedrig zu halten. So erreichen die Fluglinien kurze Standzeiten von teilweise unter 30 Minuten auf dem Flughafen. In einigen Unternehmen müssen die Flugbegleiter selbst ihre Maschinen reinigen. Auch das Einchecken und Einsteigen sind vereinfacht, indem beispielsweise drei Flüge von einem Schalter abgefertigt werden. 

Durch den Einsatz jüngerer Besatzungen halten viele Billigfluglinien die Gehälter niedrig. Ein anderes Modell ist, dem Anschein nach selbstständige Piloten über Personaldienstleister ins Cockpit zu holen. Die werden dann nur nach Flugstunden bezahlt. Geflogen wird mit der gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststärke, um Übernachtungskosten für die Besatzungen zu sparen.

Allerdings haben sich die Grenzen in den letzten Jahren verwischt. Viele herkömmliche Fluggesellschaften oder „Full-Service Carriers“ haben Elemente aus dem Geschäftsmodell der Billigfluglinien übernommen, während die in der Luftfahrtbranche als „Low Cost Carrier“ firmierenden Gesellschaften ihre Angebote teilweise traditionellen Fluggesellschaften angeglichen haben. 

Außerdem haben Fluglinien wie Lufthansa, British Airways oder KLM mit der Gründung eigener Billiglinien reagiert. Die Lufthansa hat zudem ihre Billigflug-Tochter Germanwings ins Streckennetz integriert, indem Germanwings seit der Verschmelzung mit Eurowings alle Flüge, außer denen von und zu den Lufthansa-Drehkreuzen Frankfurt und München, durchführen zu lassen. 

Eurowings liegt laut dem jährlich erscheinenden „Low Cost Monitor“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der Zahl der angebotenen Flüge auf Platz 1. Die DLR-Experten nahmen eine Woche im Januar 2017 unter die Lupe und fanden 1800 Eurowings-Flüge. Hätten sie die insolvente Air Berlin mit einbezogen, dann läge diese Gesellschaft mit etwas weniger als 1800 Starts hinter Eurowings auf Platz 2. In der DLR-Auflistung folgen dann Ryanair mit 777 Flügen und EasyJet mit 405 Flügen. 

Trotz der spektakulären Pleite von Air Berlin hat sich die Branche von den Auswirkungen der Finanzkrise 2007 und 2008 erholt. In den ersten Jahren nach der Krise ging die Zahl der Flüge stark zurück, um dann ab 2014 wieder zu steigen. In dem Jahr wurden 16 Prozent mehr Flüge angeboten als im Vorjahr. Seitdem kann das Billig-Segment wieder stolze Wachstumsraten verzeichnen.