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20.10.17 / Neue Regelverstöße der EZB / Draghi kaufte unverhältnismäßig viele französische Staatsanleihen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-17 vom 20. Oktober 2017

Neue Regelverstöße der EZB
Draghi kaufte unverhältnismäßig viele französische Staatsanleihen
Norman Hanert

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält sich bei ihrem Anleihenkaufprogramm nicht mehr an die selbst aufgestellten Regeln. Die Zentralbank unter der Führung von Mario Draghi hat wiederholt mehr französische Staatsanleihen gekauft, als dies ursprünglich vorgesehen war. Wie verschiedene Medien berichteten, sammelte die EZB im September französische Staatsanleihen in Höhe von 11,1 Milliarden Euro an den Märkten ein. Legt man die bisherige Richtschnur des Kaufprogramms zugrunde, dann waren dies rund 1,6 Milliarden Euro mehr, als zu erwarten gewesen ist. 

Bislang sollen die Anleihen gemäß den Anteilen der nationalen Notenbanken am Grundkapital der EZB, gekauft werden. Deutschland als größte Volkswirtschaft der Eurozone hält an der EZB einen Kapitalanteil von 25,6 Prozent, Frankreich liegt bei rund 20 Prozent. Dementsprechend soll der Anteil von deutschen und französischen Staatsanleihen beim EZB-Kaufprogramm ausfallen. Die Notenbank selbst wollte mit dieser Regel den Vorwurf entkräften, sie betreibe die Anleihenkäufe nicht im Interesse aller Euro-Staaten, sondern zugunsten einzelner Mitglieder. Nicht zuletzt mit Blick auf mögliche Klagen beim Bundesverfassungsgericht stellte die EZB noch eine weitere Regel auf: Sie wolle von einem bestimmten Schuldtitel nie mehr als ein Drittel aufkaufen. Dies soll den Vorwurf entkräften, die Währungshüter der Eurozone betrieben eine verbotene direkte Staatsfinanzierung. 

EZB-Präsident Mario Draghi hat die Abweichung vom Kapitalschlüssel zugunsten Frankreichs inzwischen als rein technisch bedingt bezeichnet. Auf einer Pressekonferenz im September erklärte er: „Das hat mit vorübergehenden technischen Faktoren wie der Liquiditätssituation zu tun oder mit dem Rhythmus der Wiederanlage.“ 

Kritiker weisen allerdings darauf hin, dass die EZB bereits seit Monaten vom Kapitalschlüssel abweicht und deutlich mehr Anleihen aus Frankreich und Italien kauft, während Länder wie Deutschland bei den Käufen untergewichtet sind. Ausgerechnet im Vorfeld der französischen Präsidentenwahl hat die EZB den Erwerb französischer Anleihen deutlich ausgeweitet. Vor allem in Deutschland ist das Wertpapier-Kaufprogramm stark umstritten. Das Programm läuft mindestens noch bis Ende Dezember 2017, eine Verlängerung gilt als wahrscheinlich. 

Draghi hat bereits erklärt, für ihn bleibe eine freizügige Geldpolitik für den konjunkturellen Erholungsprozess grundsätzlich weiter notwendig. Eine weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem IS-Dollar könnte der EZB weitere Argumentationshilfe geben, die bisherige Geldpolitik fortzusetzen. Schon jetzt ist allerdings absehbar, dass die EZB im Laufe des kommenden Jahres vor einem Problem stehen wird. So wies Robert Halver, Analyst bei der Baader Bank, darauf hin, dass bei einer Verlängerung des Anleiheaufkaufprogramms unter Beibehaltung der bisherigen Aufkaufrestriktionen und -volumina „spätestens im Sommer 2018 keine deutschen Staatspapiere mehr zum Ankauf zur Verfügung“ stehen. Die EZB wird dann den Markt leergekauft haben und entweder das Programm beenden, oder aber neue Kaufkriterien aufstellen müssen.