Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/header.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 25
20.10.17 / Zwei Jahre für 1000 Totenköpfe / Die SPK erforscht mit großem Aufwand die Herkunft von Schädeln aus Deutsch-Ostafrika

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-17 vom 20. Oktober 2017

Zwei Jahre für 1000 Totenköpfe
Die SPK erforscht mit großem Aufwand die Herkunft von Schädeln aus Deutsch-Ostafrika
Manuel Ruoff

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) ist seit 2011 im Besitz von etwa 1000 Schädeln aus dem ehemaligen Schutzgebiet Deutsch-Ostafrika. In einem aufwendigen Pilotprojekt wird nun über zwei Jahre deren Herkunft ermittelt. Von dem Ergebnis soll dann deren weiteres Schicksal abhängen. 


Getretene Hunde bellen. Das zeigt die heftige Reaktion auf den Sprecher der AfD Thüringen und AfD-Fraktionsvorsitzenden im Thüringer Landtag, Björn Höcke, nach einer 180-Grad-Wende in der bundesrepublikanischen Geschichtspolitik. Unabhängig davon, wie man zu dieser Forderung steht, hat er den Finger in die Wunde gelegt. Normale Staaten versuchen, ihre Bevölkerung und deren Geschichte gegenüber der Welt positiv darzustellen. Bei der Bundesrepublik ist das umgekehrt. Prinzipiell unterscheidet sich die auf Geheiß der westlichen Sieger- und Besatzungsmächte gegründete Bundesrepublik von normalen Staaten dadurch, dass sie im Vergleich zu denen weniger die Interessen ihrer Bevölkerung gegenüber dem Ausland vertritt und dafür eher ausländische Interessen gegenüber der eigenen Bevölkerung. So spionieren Auslandsgeheimdienste normaler Staaten im Interesse der eigenen Bevölkerung und deren Wirtschaft im Ausland, während der Bundesnachrichtendienst seine Aufgabe eher darin sieht, der ausländischen NSA bei dem Ausspionieren der eigenen Bevölkerung und deren Wirtschaft zu unterstützen. 

Diese Prioritätensetzung zeigt sich auch auf dem Felde der Beutekulturgüter. Wäre die Bundesrepublik ein normaler Staat, hätte es für ihre Vertreter Priorität, die deutschen Kulturgüter, die kriegsbedingt in ausländischen Besitz gelangt sind, aufzuspüren und zurückzuführen. Stattdessen hat es für sie Vorrang, die Herkunft, die sogenannte Provenienz, dessen, was den deutschen Museen nach dem Zweiten Weltkrieg noch verblieben ist, zu erforschen auf der Suche nach fremdem Eigentum.

Analog ist der Umgang mit menschlichen Überresten im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Gemäß den von ihr dazu entwickelten Grundpositionen steht vor jeder anderen Forschung die Provenienzforschung. „Der Erwerbungsvorgang muss eindeutig geklärt sein um so sicher zu gehen, dass die menschlichen Überreste nicht durch einen Unrechtskontext in die Sammlung des Museums kamen“, heißt es diesbezüglich. 

Doch nicht nur „Unrechtskontexte“ will man ausschließen, sondern auch, dass die menschlichen Überreste aus Kulturkreisen stammen, in denen die Körper Verstorbener mit mehr Würde behandelt werden als im christlichen Abendland, damit mit den Leichenteile gegebenenfalls respektvoller umgegangen wird als mit den profanen sterblichen Überresten irgendeines Deutschen. Ist die Herkunftsgesellschaft ermittelt, soll diese dann auch mitentscheiden können, wie mit den entsprechenden menschlichen Überresten weiter zu verfahren ist.

Diese Thematik hat für die SPK dadurch an praktischer Bedeutung gewonnen, dass sie 2011 von der Charité anthropologische Sammlungen übernahm, zu denen auch etwa 1000 menschliche Totenköpfen gehören, die aus dem damaligen Schutzgebiet Deutsch-Ostafrika stammen. „Die Schädel gehören zu einer größeren Sammlung, die im späten 19. und 20. Jahrhundert von dem Mediziner und Anthropologen Felix von Luschan zusammengetragen wurde. Ursprünglich bestand diese Sammlung aus etwa 6300 Schädeln. Heute sind noch knapp 5500 davon in Berlin vorhanden“, so Bernhard Heeb. Heeb muss es wissen, denn der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin ist der Leiter des Pilotprojektes zur Erforschung ihrer Provenienz. 

Nachdem die SPK die Schädel übernommen hatte, waren sie zunächst aufwändig gereinigt, konservatorisch behandelt und dann mit allen vorhandenen Informationen erfasst worden. Seit Anfang Oktober wird nun die Provenienz erforscht. Das geschieht interdisziplinär. Ein Ethnologe ist ebenso daran beteiligt wie eine Anthropologin und eine Museologin, und wenn es um die zeitliche Einordnung geht, kommt auch die Archäologie ins Spiel. Neben Interdisziplinarität wird auch Internationalität angestrebt. So soll ein Netzwerk mit Wissenschaftlern aus den betroffenen ostafrikanischen Herkunftsländern aufgebaut werden. 

Auf zwei Jahre ist das Projekt angelegt. Das Pilotprojekt soll als Vorbild für die zukünftige Erforschung der Provenienz der übrigen menschlichen Überreste dienen, die sich in der Obhut des Museums für Vor- und Frühgeschichte befinden. Von dem Ergebnis wird dann abhängen, was mit den Schädeln geschieht, ob sie den Herkunftsgesellschaften beziehungsweise deren Staaten übergeben, ob sie der Forschung zugeführt oder ob sie ungenutzt in den Depots bleiben werden.

Ermöglicht wird das Projekt von der 1976 gegründeten Gerda-Henkel-Stiftung, die bislang weltweit mehr als 6600 Forschungsprojekte mit rund 160 Millionen Euro unterstützt hat. Aus dem mit der Förderung verbundenen politischen Ziel macht ihr Vorstandsvorsitzender, Michael Hanssler, kein Geheimnis: „Das Projekt bietet die große Chance, exemplarisch zu zeigen, wie man gemeinsam mit Wissenschaftlern der Zielregionen Rückgabekonzepte auf Augenhöhe erarbeitet. Aus Sicht der Stiftung wäre es wünschenswert, dass dieses Pilotprojekt Maßstäbe für einen – lange überfälligen und fairen – Dialog mit Partnern aus ehemaligen Kolonien über den künftigen Umgang mit deren kulturellem Erbe setzen wird.“



Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/sidebar.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 48

Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/footer.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 53