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20.10.17 / Grantlertum gegen Gesinnungsdressur / Ein preußisches Loblied auf Österreich? Das ist heuer, nach den Wahlen, absolut angebracht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-17 vom 20. Oktober 2017

Grantlertum gegen Gesinnungsdressur
Ein preußisches Loblied auf Österreich? Das ist heuer, nach den Wahlen, absolut angebracht

Klug und vernünftig agieren die Wähler Österreichs. Haben sie doch bei den Parlamentswahlen den konservativen Kräften von ÖVP und FPÖ einen deutlichen Wahlsieg beschert. „In Österreich gibt es ein politisches Gegenmilieu, das die Demokratie nicht hat verkommen lassen“, erklärt Günter Scholdt (71). Der Autor („Literarische Musterung“) und emeritierte Germanistik-Professor aus Saarbrücken berichtet von seiner jüngsten Reise ins erstaunliche Nachbarland.

In der Preußischen Allgemeinen ein Loblied auf das „glückliche Österreich“ zu singen, hat etwas Pikantes. Doch mögliche historische oder weltanschaulich-mentale Rivalitäten verblassen aktuell angesichts der zunehmenden McDonaldisierung unserer Welt und einer gemeinsamen Großkrise ohnehin zu folkloristischen Frotzeleien. 

In diesem Bewusstsein ziehe ich ein positives Fazit meines jüngsten Aufenthalts in Wien, wo ich zwei politische Vorträge gehalten und anregende Gespräche geführt habe. Bereits im Zug genoss ich das Gespräch mit einem Wiener Ehepaar über aktuelle Absurditäten. Denn beide äußerten sich mit einem unverkrampften Freimut, wie man ihn bei uns, wo Korrektheitsnormen schon von der Kita an eingepflanzt werden, kaum noch antrifft. Es setzte sich fort bei der Österreichischen Landsmannschaft, wo man frisch von der Leber weg diskutierte, und endete im Publikum, das unter anderem vom Kreis „Pro Occidente“, einer katholischen Laien-organisation, gestellt wurde. 

Wie ich aus jahrzehntelangen Österreich-Kontakten weiß, waren solche Eindrücke keineswegs zufällig-unrepräsentativ. Zwar herrscht bei unseren Nachbarn durchaus kein politisches Arkadien mit reinrassiger Demokratie und selbstverständlich praktizierter Meinungsfreiheit. Durch Kungeleien häufiger Großer Koalitionen etablierte sich eine postdemokratische Clique, die für den Machterhalt manche Deformation in Kauf nimmt. Auch dort sind die Medien strukturell links-grün dominiert, und der Wiener „Rotfunk“ bestrahlt seine geplagten Hörer mit gutmenschlichem Eifer. Auch dort straft man „rechte“ Unbotmäßigkeit „zivilgesellschaftlich“ durch Kündigung von Bankkonten oder treiben vom System gehätschelte „Antifanten“ ihr gewaltsames Unwesen.

Darüber hinaus hat sich die Universitäts-, Kultur- oder Unterhaltungsbranche weitgehend gleichgeschaltet. In Sachen Multikulti, Gender, Nation oder Inklusion leisten sich die wenigsten eine vom Mainstream abweichende Meinung. Der erfolgreiche Alpenrocker Andreas Gabalier ist eine seltene Ausnahme. Der große Rest hängt meist am Tropf staatlicher Subventionen beziehungsweise Auftrittschancen. Im Gegenzug erhalten die politisch korrekten „Kulturschaffenden“ durch üppige öffentliche Unterstützung weithin künstlerische Narrenfreiheit. Auch hier herrschen alle Unarten eines Regietheaters (Die vulgäre Slapstick-Primitivität einer medial gefeierten Goldoni-Aufführung lieferte wieder einmal überzeugende Beweise).

Doch fraglos gibt es in Österreich ein politisches Gegenmilieu, das die Demokratie nicht ganz so verkommen ließ wie bei uns. Es gibt trotz aller Gesinnungsdressur einen viel stärker im Volk verankerten Oppositionsgeist, der vom Grantlertum über Traditionalismus bis zur demonstrativen Heimatliebe reicht. Die bei uns verbreitete unsägliche Praxis, die öffentliche Präsentation ungeliebter Meinungen rein physisch zu verhindern, indem man Wirte und Buchhandlungen bedroht, kennt man dort in diesem Ausmaß nicht. Und es gelang, trotz mächtiger Seilschaften bis ins Ausland hinein, nie, rechtskonservative Kräfte der FPÖ oder der ÖVP aus den Parlamenten fernzuhalten. 

Die mediale Infrastruktur ist für alternative Kräfte günstiger. Im von Linken befehdeten Stocker- beziehungsweise Ares-Verlag finden auch Konservative Publikationsmöglichkeiten. Der Karolinger Verlag hält sich mit einem anspruchsvollen Programm. Der Red-Bull-Produzent Mateschitz etablierte mit „Servus-TV“ sogar einen Fernsehsender, der für ein Massenpublikum auch mal Gegenrede erlaubt. Und zum Entsetzen deutscher Blockmedien ist er im Internet gerade mit der Recherche-Plattform „Addendum“ an den Start gegangen. Erstes Projekt der Addendum-Rechercheure: ein kritischer Blick auf das Asylrecht in Österreich (siehe PAZ 41, Seite 24). 

Vor allem durch Blogs machen prominente Rechtsintellektuelle wie Martin Lichtmesz, Sprachartist und Pressekritiker in der Nachfolge von Karl Kraus, Caroline Sommerfeld oder Martin Sellner, Kopf der österreichischen Identitären, von sich reden.  

Genug davon: Alle, die sich hierzulande angewöhnt haben, über Österreich ein wenig abschätzig zu reden (von Königgrätz über die Fußballekstase von Cordoba bis zu Joschka Fischers bösartiger Moralintervention), seien in einem kardinalen Punkt korrigiert. In Sachen Meinungsfreiheit nämlich haben wir Deutsche unserem Nachbarn gegenüber Nachholbedarf.