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20.10.17 / Eine namenlose Schlacht / Im bronzezeitlichen Mecklenburg bekämpften sich zwei Heere

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-17 vom 20. Oktober 2017

Eine namenlose Schlacht
Im bronzezeitlichen Mecklenburg bekämpften sich zwei Heere
Volker Wittmann

Der Boden im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte birgt mehr Ge­schichte als gedacht. Wo sich der Fluss Tollense nahe der heutigen Stadt Demmin friedlich schlängelt, tobte einst eine blutige Schlacht. Hier haben Altvordere um 1250 vor Christus ein feindliches Heer von Eroberern gestellt.

Bis 1996 war das Ereignis der Bronzezeit keiner Menschenseele be­kannt. Keine Chronik und keine Sage kündete von den Mannen, die ein Jahrtausend vor Hermann dem Cherusker ihre Heimat verteidigten, bis jemand auf menschliche Knochen stieß, die planvolle Ausgrabungen auslösten.

Es fanden sich Gebeine von etwa 130 Männern im wehrfähigen Alter. In einigen steckten Pfeilspitzen. Schädel-Verletzungen zeugten vom Einsatz von Keulen, Äxten und Schwertern. Pferdeknochen belegten die Teilnahme einer Reiterei. Augenscheinlich ruhten dort Gefallene einer Schlacht.

Die Forscher schätzen, dass sich an die 4000 Kämpfer gegenüber standen. Ein Kriegsschauplatz dieser Größe ist einmalig im bronzezeitlichen Mitteleuropa. Seine Überlieferung dankt er den Torfschichten eines Moors, die Hunderte von Fundstücken drei Jahrtausende lang bewahrten.

Neben Goldschmuck und anderen Metallen fanden sich in manchen Knochen Spuren eines be­sonderen Isotops von Kohlenstoff, das auf den Verzehr von Hirse hindeutet. Doch diese Art von Getreide, das weiß die Wissenschaft inzwischen, war hier da­mals unbekannt. Folglich musste ein Teil der Krieger aus südlichen Ländern stammen, wo man Hirse angebaut hat.

Im Fluss fanden die Archäologen den Anlass des Treffens. Balkenreste, eingefasst von Steinreihen, verwiesen auf einen Damm zu einer Brücke über die vormals erheblich breitere Tollense. Eine Radiokarbon-Probe ergab ein Alter von 3700 Jahren. Diese Engstelle hatten die Einheimischen offenbar gegen die fremde Streitmacht verteidigt.

Nach Ansicht des Prähistorikers Thomas Brock belegt die Walstatt den Bestand hoch entwickelter Gemeinwesen der norddeutschen Bronzezeit. Sie waren fähig, An­griffen von Großmächten des Südens zu widerstehen. Verfeinerte Verfahren der Archäologie brachten die Spuren in der Erde zum Sprechen.

Die Deutsche Forschungs-Gemeinschaft förderte die Grabungen. Doch die Mittel sind im Vorjahr ausgelaufen. Seither ruhen die Arbeiten. Jetzt bringt eine jüngst er­öffnete Ausstellung die Ergebnisse der Öffentlichkeit näher. Zu sehen sind die Funde  bis zum 18. September 2018 im Hauptgebäude des Freilichtmuseum Groß Raden bei Sternberg, das etwa 60 Kilometer südwestlich von Rostock liegt.

Eigentlich ist die Stätte der späteren Slawenzeit gewidmet. Doch Mecklenburg-Vorpommern be­sitzt kein archäologisches Landesmuseum. Das ist bedauerlich, denn bisher wurde kaum ein Zehntel des Schlachtfelds freigelegt.

Internet: www.freilichtmuseum-gross-raden.de