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03.11.17 / Das Elsass ist der doppelte Verlierer / Philippe Richert, Präsident des Regionalrats, tritt aus Protest gegen Pariser Politik zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-17 vom 03. November 2017

Das Elsass ist der doppelte Verlierer
Philippe Richert, Präsident des Regionalrats, tritt aus Protest gegen Pariser Politik zurück
Bodo Bost

Vor nicht einmal zwei Jahren war der ab 2010 amtierende Präsident des Regionalrats der Region Elsass zum ersten Regionalratspräsidenten der damals neu gebildeten Region Grand Est (Großer Osten) gewählt worden. Nun hat der 1953 im elsässischen Ingwiller geborene Politiker der konservativen Republikaner das Handtuch geworfen. 

Hintergrund für den Rücktritt ist der seit der Zusammenlegung der Region Elsass mit den Regionen Lothringen und Champagne-Ardenne zur Region Grand Est nicht abnehmende Widerstand gegen die undemokratische Vorgehensweise, der sich immer mehr Bevölkerungsschichten anschließen. Vor Kurzem hat eine Umfrage ergeben, dass sich 84 Prozent der elsässischen Bevölkerung wünschen, dass das Elsass sich wieder aus der Region Grand Est löst und eine eigenständige Region wird. 

Auch die Bewegung zur Zusammenlegung der Kompetenzen von Regionen und Departements hat wieder zugenommen. Letzte Woche wurde ein Manifest von 100 bekannten Persönlichkeiten aus dem Elsass vorgestellt, in dem die Schaffung einer neuen eigenen Region Elsass, ausgestattet mit den Vollmachten einer Region und eines Départements, gefordert wird. Der Druck auf Richert, der für den Verlust der Eigenständigkeit des Elsass verantwortlich gemacht wird, sei einfach zu groß geworden, zitiert der Radiosender „France Bleu Alsace“ einen Regionalrat.

Anfangs hatte Richert selbst die in der Amtszeit von Präsident François Hollande wegen Kosten­einsparungen geplante Großregion Grand Est heftig kritisiert. Dann ließ er sich umstimmen, trat bei der Regionalratswahl an und konnte sich Ende 2015 gegen seinen Konkurrenten Florian Philippot vom Front National und die regionalistische Partei „Unser Land“ durchsetzen. Der Widerstand der Elsässer gegen den Verlust ihrer Autonomie ließ allerdings nicht nach. 

Für Richert brachte der Beschluss der neuen Pariser Nationalregierung, einen von der Vorgängerregierung bereits zugesagten Betrag von 450 Millionen Euro nicht zur Verfügung zu stellen, das Fass zum Überlaufen. Dies wertete er als Beweis, dass die neue Regierung unter Emmanuel Macron, dessen Partei es bei der Zusammenlegung der Regionen vor zwei Jahren noch gar nicht gegeben hat, nicht mehr hinter der Gebietsreform stehe. 

Nach derselben Umfrage fühlen sich 38 Prozent der Elsässer zunächst als Elsässer und dann erst als Franzosen. 73 Prozent wollen die Schaffung eines eigenständigen Elsass mit den Kompetenzen eines Departements und einer Region. 58 Prozent wollen ein Elsass mit Autonomierechten wie ein Schweizer Kanton oder ein Bundesland in Deutschland. 18 Prozent der Befragten wollen gar einen von Frankreich unabhängigen souveränen elsässischen Staat. Diese Umfrage zeigt fernerhin, dass 61 Prozent der Elsässer sich für einen obligatorischen Deutschunterricht einsetzen. Zwei Drittel der Elsässer wollen auch „die Entwicklung zweisprachiger französisch-deutscher Schulen“. Schließlich ist mehr als die Hälfte der Elsässer für die Einführung der Regionalsprache als zweite offizielle Amtssprache.

100 Intellektuelle, Akademiker, elsässische Künstler und Wirtschaftsleute unterzeichneten einen Appell der die Schaffung einer „neuen Elsassregion“ fordert (siehe PAZ Nr. 41). Der Text fordert die politischen Führer auf, sich für die Schaffung eines einheitlichen Gemeinwesens einzusetzen, das Region und Departement zusammenfasst. Sie wollen die Neugestaltung der Regionen zum 1. Januar 2016 rückgängig machen und dass das Elsass wieder eine von Lothringen und der Champagne-Ardenne unabhängige Verwaltungsregion wird. Der Text stellt fest, dass die Verschmelzung der drei Regionen zu Grand Est vor fast zwei Jahren ohne Folgenabschätzung und im Widerspruch zur Demokratie durchgeführt wurde.

Unter den elsässischen Persönlichkeiten, die den „Appel der 100“ unterschrieben haben, befindet sich der Fußballtrainer Arsène Wenger. Der Appell wurde auch von vier elsässischen Verbänden und Denkfabriken unterstützt: von der elsässischen Bürgerinitiative unter dem Vorsitz von Pierre Klein, von „Kultur und Zweisprachigkeit“ unter der Leitung von Jean-Marie Woehrling, von dem Verein Elsässische Perspektiven unter dem Vorsitz von Jean-Daniel Zeter sowie von „Avenir Région d’Europe“ unter dem Vorsitz von Ernest Winstein.

Bereits während des Präsidentschaftswahlkampfes hatte eine vom Molsheimer Bürgermeister Laurent Furst ins Leben gerufene Initiative eine Petition gestartet unter dem Motto „Gebt uns das Elsass zurück.“ Dies Petition zum Austritt aus der neuen Groß­region hatte damals in kurzer Zeit 10000 Unterschriften, darunter die von mehr als 100 elsässischen Bürgermeistern gefunden.