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03.11.17 / Des Meisters Stimme / Als Emil Berliner in Berlin das Grammophon zum Patent anmeldete

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-17 vom 03. November 2017

Des Meisters Stimme
Als Emil Berliner in Berlin das Grammophon zum Patent anmeldete
D. Jestrzemski

Als Emil Berliner vor 130 Jahren die Schallplatte und das Grammophon erfand, lag ihm nichts ferner als der Gedanke, dass diese analoge Methode zur Wiedergabe von Tonaufnahmen einmal obsolet werden könnte. Inzwischen ist selbst das Geschäft mit CDs nur noch eine Nischenbranche, der CD-Player ein Auslaufmodell. Musik und Filme konsumieren immer mehr Nutzer über Geräte mit Internetanschluss, weil es bequem ist und Streaming-Dienste sie ihnen fast zum Nulltarif anbieten. 

Am 20. Mai 1851 wurde Emil Berliner als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Hannover geboren. Um der Musterung bei der preußischen Armee zu entgehen, begleitete er 1870 ei­nen Freund seines Vaters auf eine Reise in die USA und fand Arbeit in dessen Wa­shingtoner Kurzwarengeschäft. Nebenher forschte und tüftelte er in den Bereichen Elektrotechnik und Akustik. 1877 gelang ihm die Entwicklung eines neuartigen Telefon-Mikrofons. Sein Patent verkaufte er für 50000 Dollar an die Bell Telephone Company in Philadelphia. Damit war er finanziell unabhängig und konnte sich ein eigenes Labor einrichten. In Hannover gründete er 1881 zusammen mit seinen Brüdern die erste deutsche Telefonfabrik.

Am 26. September 1887 meldete Berliner zuerst in den USA und dann am 8. November 1887 im Kaiserlichen Patentamt zu Berlin seine wichtigste Erfindung zum Patent an: eine runde Zinkplatte als Tonträger sowie ein Abspielgerät. Berliner hatte ein Aufnahmegerät konstruiert, das Schallwellen in horizontale Bewegungen einer Nadel übertrug. Den an­schließend in einem aufwendigen Verfahren hergestellten Tonträger nannte er „disk record“, in seiner Muttersprache Schallplatte, und das Abspielgerät Grammophon (von altgriechisch grámma „Geschriebenes“ und phoné „Stimme“, „Laut“, „Ton“). Dessen wesentliche Bestandteile waren eine Handkurbel und eine bewegliche Nadel, um die schneckenförmig von außen nach innen verlaufenden Rillen auf der Platte abzutasten und die Töne hörbar zu machen. 

Wie die Walzen für Thomas Edisons Phonographen wurden Berliners Schallplatten einzeln hergestellt. Ihr Vorteil gegenüber dem Phonographen war dabei ihre kostengünstige Reproduzierbarkeit. Damit gelang der Durchbruch auf diesem Forschungsgebiet. In den USA gründete Berliner 1893 die United States Gramophone Company. Für ihre Werbung verwendete die Firma ab 1899 als Markenzeichen den vor dem Schalltrichter eines Grammophons lauschenden Hund Nipper. Das Bild wurde so populär, dass der Firmenname in Anspielung darauf in „His Master’s Voice umgeändert wurde.

Als der italienische Tenor Enrico Caruso 1902 seine ersten Schallplattenaufnahmen machte, begann der Siegeszug der Schallplatte. Die Schellack-Schallplatte setzte sich seit 1905 durch.

In Hannover gründete Emil Berliner 1898 mit seinem Bruder Joseph das Tochterunternehmen „Deutsche Grammophon Gesellschaft“. Das heutige Label „Deutsche Grammophon“ ist ein Überbleibsel des ehemaligen Qualitätsführers für Klassik-LPs. In Thüringen produzierte die Puppenfabrik Kämmerer seit 1900 Grammophone in Berliners Auftrag. 

Emil Berliner erfand außerdem den Parkettboden und einen Motor für Leichtflugkörper. Er starb am 3. August 1929 im Alter von 78 Jahren in Washington D.C.