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03.11.17 / Die Kanzlerin gehört auf die Anklagebank / Angela Merkel brach das Recht, als sie Hunderttausende ins Land ließ. Ein Gang zum Verfassungsgericht hätte gute Erfolgsaussichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-17 vom 03. November 2017

Die Kanzlerin gehört auf die Anklagebank
Angela Merkel brach das Recht, als sie Hunderttausende ins Land ließ. Ein Gang zum Verfassungsgericht hätte gute Erfolgsaussichten
Dirk Pelster

Die Grenzöffnung im Jahr 2015 hat dramatische Folgen für das Land und seine Bürger. Es folgten Terrorismus, Ausländerkriminaltät, Massenvergewaltigungen und das Gefühl vieler Menschen, fremd in der eigenen Heimat geworden zu sein. Kann man die Verantwortliche, Kanzlerin Angela Merkel, dafür vor Gericht zur Verantwortung ziehen? Ja, man kann. 

In den Jahren 2015 und 2016 sind insgesamt rund 1,2 Millionen sogenannter Flüchtlinge in die Bundesrepublik eingereist. Trotz der Schließung der Balkanroute und eines mit der Türkei abgeschlossenen Abkommens zur Sicherung der EU-Außengrenze werden im laufenden Jahr erneut über 200000 Asylsuchende erwartet. Die massenhafte Einwanderung vollzieht sich dabei nach wie vor weitestgehend ungezügelt. Zwar hat die Bundesregierung schon im Herbst 2015 publikumswirksam vorübergehende Grenzkontrollen angekündigt, jedoch sind diese nach wie vor nur stichpunktartig. Vor allem aber bedeutet Kontrolle keineswegs

Zurückweisung. Jeder, der bei einem deutschen Grenzbeamten vorstellig wird und um Asyl nachsucht, wird auch weiterhin ins Landesinnere durchgewunken. 

Dieses Prozedere ist im Hinblick auf die in Deutschland und in Europa geltenden Bestimmungen des Asylrechts problematisch. Die Gegner der von Angela Merkel 2015 im Alleingang beschlossenen Grenzöffnung warfen und werfen der Kanzlerin daher Rechts- und zum Teil sogar Verfassungsbruch vor. Doch die juristische Bewertung dieser Problematik ist außerordentlich komplex.

Nach dem sich aus dem Grundgesetz selbst ergebenden Asylrecht können nur solche Personen in den Schutz des Grundrechts gelangen, die keinen Transitweg über einen sicheren Drittstaat nutzen. Faktisch gelten alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik als sicher. Im Dubliner-Übereinkommen und den darauf fußenden Verordnungen verpflichteten sich die EU-Staaten zudem dazu, ein Asylverfahren in dem Mitgliedsland durchzuführen, in welches ein Asylsuchender zuerst einreist. Theoretisch könnten damit in Deutschland nur solche Antragsteller erfolgreich Asylanspruch geltend machen, die die Bundesrepublik direkt mit dem Flugzeug oder einem Schiff erreichen. 

Da vor derartigen Reisen umfangreiche Personal- und Visakontrollen vorgenommen werden, müssten die meisten dieser Asylsucher sich wahrscheinlich zuvor als blinder Passagier Zugang an Bord verschafft haben. Damit bliebe es allenfalls bei einer Hand voll Personen, die einen Asylanspruch hätten.  

Konsequent abgeschoben wurde jedoch kaum jemand. Der Grund waren unter anderem sowohl technische als auch Verfahrensprobleme. Die EU-Staaten, in welche die Asylsucher zuerst einreisten, waren mit der Erfassung und Versorgung massiv überfordert. Außerdem waren diese Länder in der Regel nicht das begehrte Endziel ihrer Odyssee. In Griechenland und Italien unternahmen die Behörden daher kaum Schritte, um die Immigranten an ihrer Weiterreise nach Österreich, Deutschland oder Schweden zu hindern. Zum Teil setzte man sie sogar in Busse und half ihnen, den Weg nach Norden möglichst schnell fortzusetzen.

Als Ungarn 2015 eine größere Zahl von Asylsuchern am Budapester Bahnhof Keleti festsetzte, um das Dublin-Verfahren ordnungsgemäß abzuwickeln und eine Registrierung vorzunehmen, stieß dies auf erheblichen Widerstand der Betroffenen. Sie wussten, würden sie in dem Balkanstaat erst einmal erfasst, so müssten sie bis auf Weiteres dort bleiben und der Traum von einem Leben in Deutschland hätte sich zerstoben.

Als die Bilder von den protestierenden Asylsuchern um die Welt gingen, ergoss sich in den Medien eine wahre Hetzkampagne gegen die ungarische Regierung. Von schweren Menschenrechtsverletzungen war die Rede. Angela Merkel, der es während der gesamten Flüchtlingskrise vor allem darum ging, unschöne Bilder in den Medien zu vermeiden, entschied im September 2015, dass die noch unregistrierten Einwanderer aus Budapest in die Bundesrepublik kommen durften. Hunderttausende sollten ihnen noch folgen. Das Dublin-System war damit endgültig zusammengebrochen. Angesichts dieser einsamen Entscheidung der Kanzlerin wurden die Vorwürfe lauter, sie habe europäisches und deutsches Recht gebrochen. 

Namhafte Verfassungsrechtler meldeten sich zu Wort und kritisierten das Vorgehen von Merkel. Die bayerische Staatsregierung gab ein Rechtsgutachten bei dem Hochschullehrer und ehemaligen Verfassungsrichter Udo di Fabio in Auftrag und auch die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages hatten im Mai dieses Jahres ein Gutachten zur Rechtmäßigkeit des Regierungshandelns verfasst.

All diese Dokumente könnten insoweit noch relevant werden, als sowohl die AfD und zeitweise auch die FDP im Bundestagswahlkampf die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gefordert hatten, der sich mit der Rechtmäßigkeit des Handelns der Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage befassen soll. 

Nach den geltenden Bestimmungen des Aufenthalts- und des Asylgesetzes sind die deutschen Grenzbehörden nämlich eigentlich verpflichtet, einem Asylsuchenden die Einreise zu verweigern, wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist. Sobald bekannt ist, in welches Mitgliedsland die betreffende Person erstmals in die EU eingereist ist, muss sie an eben jenen Staat überstellt werden. Von einer Einreiseverweigerung oder einer Zurückschiebung müssen die Behörden allerdings dann absehen, wenn das Bundesinnenministerium dies aus humanitären Gründen angeordnet hat oder wenn aufgrund von völkerrechtlichen Verträgen sowie aufgrund von europäischem Recht von einer Zurück-weisung abzusehen ist. 

Problematisch ist, dass die Bundesregierung bis heute nicht klar benannt hat, auf welche dieser Fallkonstellationen genau sie ihre damalige Entscheidung zur Grenzöffnung gestützt hat. Obwohl es eine entsprechende parlamentarische Anfrage der Linkspartei gegeben hat, wurde diese nur vage und ausweichend beantwortet. Grundsätzlich könnte das Innenministerium Einzelpersonen oder auch größeren Gruppen eine Einreise gestatten. Eine solche Entscheidung steht im Ermessen der Regierungsbehörde und kann rechtlich nicht weiter angegriffen werden. Ebenso ist es den Mitgliedsstaaten der EU nach europäischem Recht erlaubt, durch eine sogenannte Selbsteintrittsklausel Asylsuchenden auch unabhängig von den ansonsten geltenden Asylregelungen die Einreise zu erlauben. 

Noch 2014 hatte sich etwa die Innenminsterkonferenz dazu entschlossen, ein 10000 Personen umfassendes Kontingent von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen aufzunehmen. Das alles entscheidende juristische Problem bei dem Entschluss von Merkel aus dem Jahr 2015 ist jedoch, dass die Regierung eben keine näheren Festlegungen für die Gewährung eines solchen Schutzes getroffen hat. Auch wurde die Personengruppe, der Asyl zugebilligt werden sollte, weder von ihrer Zahl, noch von den von ihr zu erfüllenden Kriterien näher bestimmt.

Faktisch hat Merkel die Vorschriften des Asyl- und Aufenthaltsgesetzes generell und für unbestimmte Zeit einfach außer Kraft gesetzt. Hier nun setzt die Kritik der verschiedenen Rechtsgutachten an. Nach der im deutschen Staatsrecht vertretenen Wesentlichkeitstheorie darf die Exekutive die geltende Gesetzeslage nicht einfach dauerhaft unterlaufen. Bei allen Entscheidungen, die von ihrer Dimension her so wesentlich sind, dass sie eines Gesetzes bedürfen, muss auch das Parlament, mithin der Bundestag, beteiligt werden. Dies jedoch ist zu keinem Zeitpunkt geschehen. Eine entsprechende Klage gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung vor dem Bundesverfassungsgericht hätte daher vermutlich gute Chancen auf Erfolg.

Das Problem jedoch ist, dass ein solches Rechtsmittel nur von einer Landesregierung oder einem Verfassungsorgan, nicht aber von einzelnen Bürgern eingelegt werden kann. Als Kläger hätten auch Parlamentsfraktionen oder eventuell sogar einzelne Abgeordnete auftreten können. Zwar hatte die bayerische Staatsregierung mehrfach und lautstark angedroht, den Weg nach Karlsruhe zu gehen, am Ende 

duckte sich Ministerpräsident Seehofer dann aber doch weg. Dass sich in dieser elementaren Krise nicht einmal ein einziger Abgeordneter fand, der auch nur den Versuch unternommen hätte, die Beteiligung des Bundestages in dieser Frage durch das Verfassungsgericht zu erzwingen, kann als absoluter Tiefpunkt des Parlamentarismus in Deutschland gelten.