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03.11.17 / Positiv strapaziert und wohlbehalten / Ins Samland führte die August-Reise von Louis-Ferdinand Schwarz – Sie war auch der Völkerverständigung und dem Dialog gewidmet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-17 vom 03. November 2017

Positiv strapaziert und wohlbehalten
Ins Samland führte die August-Reise von Louis-Ferdinand Schwarz – Sie war auch der Völkerverständigung und dem Dialog gewidmet
Hans Schulze Wartenhorst

Unter der Führung des früheren Dissener Bürgermeisters und gebürtigen Ostpreußen Louis-Ferdinand Schwarz besuchte eine 36-köpfige Reisegruppe aus dem Osnabrücker Land das rund um Königsberg gelegene Samland. Neben Erinnerungen an unvergessliche Orte der Kindheit und Jugend stand für den Reiseleiter und die Teilnehmer der Gedanke der Völkerverständigung und des Dialogs im Vordergrund. 

Pollwitten bei Königsberg: Von dem früheren Gut der Familie von Louis-Ferdinand Schwarz ist kein Stein übrig geblieben. Stattdessen hat das weltweit tätige Hilfswerk Salem an dieser Stelle ein Kinderdorf errichtet. Zur Feier seines zwanzigjährigen Bestehens hatte der Leiter auch den alten Ostpreußen Schwarz und dessen Reisegruppe eingeladen. Die russischen Kinder hatten Gesänge und Tänze für den Besuch aus Deutschland einstudiert. Symbolträchtiger kann das Nebeneinander von Vergangenheit und Zukunft sowie das Bemühen um Freundschaft wohl nicht veranschaulicht werden. 

Praktisch jedes Jahr zieht es Schwarz an diesen Ort zurück. Und dies zumeist in Gesellschaft der Teilnehmer der von ihm organisierten Gruppenreisen. Die Ankündigung der diesjährigen Ostpreußenfahrt vom 12. bis 20. August in der Neuen Osnabrücker Zeitung sprach innerhalb weniger Tage mehr Interessenten an, als Mitreiseplätze zur Verfügung standen. 

Nach der nächtlichen Anreise von Versmold erreichte die Gruppe nach einem Zwischenstopp an der Marienburg, dem machtvollen Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens an der Nogat, am frühen Vormittag den russischen Grenzübergang Mamonowo und schließlich das während des gesamten Aufenthaltes gebuchte Hotelquartier im Ostseebad Rauschen. 

Der zweite Tag sah eine große Ostpreußenfahrt vor. Die Reiseroute bezog Insterburg, Tapiau, eine Gestütsbesichtigung in Georgenburg mit anschließender Besichtigung der Stallmeister-Residenz in Trakehnen ein. Dort war die Gruppe zu Gast in einer deutschen Schule. 

Am Dienstag, dem zweiten Aufenthaltstag, brachte der Reisebus die Expedition aus dem Osnabrücker Land nach Königsberg. Der Besuch der im Zweiten Weltkrieg fast vollständig ausgelöschten Hauptstadt Ostpreußens begann mit einer Bootstour über den Pregel, den Königsberger Seekanal und das Frische Haff nach Pillau, vorbei an früheren Getreidelagern, Schiffswerften, fischverarbeitenden Betrieben und an den im Pillauer Hafen ankernden Schiffen der russischen Marine. Um die im Kampf um die Stadt Gefallenen zu ehren, besuchten die Osnabrücker einen Friedhof deutscher und russischer Soldaten. Auf der Rück-fahrt von Pillau konnte schließlich das Mahnmal für die in Palmnicken dort zu Tausenden ins Meer getriebenen und erschossenen jüdischen KZ-Häftlinge besichtigt werden. 

Der vierte Tag bot ein stimmungsvolles Eintauchen in die Landschaft der Kurischen Nehrung. Cranz, das früher bei den Königsbergern so beliebte Ostseebad und jetzt von reichen Russen überfrachtete Baumonstrum, wurde schnell durchfahren. Auf der Nehrung wurde in einer Waldlichtung bei strahlendem Sonnenschein von einer russischen Köchin ein Picknick gereicht mit landestypischen Köstlichkeiten. Für Badefreunde war die Möglichkeit zu einem Schwimmvergnügen in der Ostsee vorgesehen. Die Zeitverzögerung am russisch-litauischen Grenzübergang nahm die Gruppe gerne in Kauf in Erwartung der wunderbaren Dünenlandschaft bei Nidden und des dortigen Spaziergangs zum Feriendomizil von Thomas Mann und Familie. 

Am fünften Tag stand eine weitere Fahrt nach Königsberg an. Auf der Stadtrundfahrt verstörten ganze Straßenzüge baufälliger Wohnblocks, überragt von der monströsen Ruine des Hauses der Räte auf dem früheren Schlossgelände und dem auf sandigem Flussauenboden entstehenden, futuristisch anmutenden Fußballstadion für die WM 2018. Von dem alten Königsberg ist kaum etwas geblieben – nur der Dom mit dem Kantgrab erinnert an eine längst vergangene Zeit. Vor der Kant-Universität neben dem Kantdenkmal gab Professor Iwan Koptzew den Reiseteilnehmern einen kurzen Einblick in das Leben des großen Philosophen und sein Erbe für das heutige Universitätsleben. 

Auf dem Königsberger Paradeplatz wurde sodann der Lasch-Bunker besichtigt. Hier wurde vom letzten Kommandanten Königsbergs, General Otto Lasch, am 9. April 1945 die Kapitulation der Stadt besiegelt. Die sogenannte „Festung Königsberg“ lag am Ende des von den Nationalsozialisten entfesselten Weltenbrands in Schutt und Asche. Die letzte Station in Königsberg war ein Besuch im Krankenhaus Barmherzigkeit und ein kurzes Gedenken auf dem Ehrenfriedhof. Welches Leid sich an dieser Stätte abgespielt hatte, ist eindrucksvoll in Graf Lehndorffs ostpreußischem Tagebuch nachzulesen. 

Der sechste Tag wurde den Reiseteilnehmern  zur freien Verfügung überlassen. Die Mehrzahl entschied sich für einen erneuten Königsbergbesuch, kehrte in den legendären Hallen des Zentralmarkts ein, fuhr an den roten 

Backsteintoren, einem Teil des alten Befestigungsringes, vorbei und ließ es sich nicht entgehen, auf dem Rückweg nach Rauschen die pompöse Putin-Sommerresidenz in Neukuhren mit eher skeptischen Blicken zu betrachten. Der letzte Reisetag klang aus mit einem von der russischen Köchin Ljuba bereiteten Essen – Königsberger Klopse. Dabei wurde der obligatorische Wodka ausgeschenkt. 

Während der gesamten Reisewoche stand der Gruppe der aus 

Moskau stammende, jetzt in Palmnicken lebender Reiseleiter Evgenij Snegowski zur Verfügung. Er ist eine kenntnisreiche, geschichtsbewusste, liebenswerte und humorvolle Persönlichkeit. Während längerer Fahrtstrecken wusste er die Reisegruppe mit ostpreußischem Humor in typischer Mundart bei Laune zu halten. 

Ausgestattet mit einem tiefen Einblick in die Geschichte Königsbergs und des Samlandes, beeindruckt von prachtvollen Naturschönheiten und nachdenklich gestimmt über die jahrzehntelange und anhaltende Vernachlässigung dieses Landstriches, kehrte die Gruppe positiv strapaziert, aber wohlbehalten zum Ausgangsort Versmold zurück.