27.04.2024

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03.11.17 / Konstruierte Gespräche eines Integrationswilligen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-17 vom 03. November 2017

Konstruierte Gespräche eines Integrationswilligen
Wolfgang Thüne

Das Buch „Hotline für besorgte Bürger“ war ein ambitioniertes und mutiges Unterfangen des jungen Autors Ali Can, der 1992 in der Türkei geboren wurde. Die kurdischen Aleviten wurden verdächtigt, mit den PKK-Kämpfern zu sympathisieren und waren systematischen Benachteiligungen ausgesetzt. Seine Familie entschloss sich 1995 zur Ausreise. Ali durchlief das Schulsystem, und heute absolviert er in Gießen ein Lehramtsstudium. 

Nach der unkontrollierten Massenzuwanderung, den Pegida-Demonstrationen und den Bildern vom „rassistischen Osten“ machte er kurz vor Ostern 2016 eine fast einwöchige „Ostdeutschland-Tour“ nach Leipzig, Dresden und Hoyerswerda. Er möchte gern „Brückenbauer“ sein und für „ein interkulturelles, friedliebendes Miteinander“ werben. Er tritt auf als „Asylbewerber Ihres Vertrauens“. In seinem Buch stellt er sechs Gespräche unterschiedlicher Thematik zusammen. Seine Devise lautet: „reden und zuhören, ohne zu bewerten“.

Doch das blieb graue Theorie. Alle Gespräche lassen eine spontane Natürlichkeit vermissen und fühlen sich konstruiert an, ob mit einer Hausfrau, einem um das „christliche Abendland“ besorgten Dresdner, einem AfD-Mitglied, einem jungen Mann aus Köln, der sich über „integrationsunwillige Migranten“ aufregt. Obgleich beschworen wird, Pauschalierungen zu vermeiden, wird oberflächliches „Schubladendenken“ praktiziert, werden Klischees bedient, auf allen Seiten.

Die Gespräche sind wenig gehaltvoll und enden im Irgendwo. Eines wird offensichtlich: Ein Verstehen des „Anderen“, eine Verständigung ist unmöglich, solange keine gemeinsame Sprache gesprochen wird. Es ist so, „als ob ein Fischer aus Sibirien über Kokosnüsse philosophiert“. Wer vorgibt, „für verzerrte Bilder zu sensibilisieren“, sollte sich nicht solcher bedienen, wenn er nicht weiterweiß.

Den Rezensenten hat das Buch etwas enttäuscht, auch wenn die Absicht sehr ehrenwert ist. Jugend und Spontaneität sind notwendige, aber keine hinreichenden Garantien für Erfolg. In der Masse verhindern sie keine Parallelgesellschaften, lösen sie keine Konflikte, zumal wenn man überzeugt ist, dass der Islam eine barmherzige, friedliche Religion ist, es im Grunde keine muslimischen Attentäter gibt. Und die pauschale Spaltung eines Volkes in gute „Gutmenschen“ und böse „Rechtspopulisten“, für die man sich „fremdschämen“ muss, ist schon gar kein 

geistreicher Ansatz. Den „divide et impera“-Ansatz beherrscht die Politik selbst.

Ali Can: „Hotline für besorgte Bürger – Antworten vom Asylbewerber Ihres Vertrauens“, Bastei Lübbe Verlag, Köln 2017, broschiert, 272 Seiten, 16 Euro