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10.11.17 / In der CDU knirscht es / Merkel und ihre Kritiker verfolgen gänzlich gegensätzliche Partei-Strategien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

In der CDU knirscht es
Merkel und ihre Kritiker verfolgen gänzlich gegensätzliche Partei-Strategien
Hans Heckel

Noch erscheint die CDU wie der ruhende Pol von „Jamaika“. Im Hintergrund aber braut sich ein heftiger Richtungsstreit zusammen.

Führende Repräsentanten der „Jamaika“-Runde richten ihr Bemühen zunehmend darauf, das Profil ihrer Parteien zu schärfen. Dazu gehört es auch, die Grenzen des Erträglichen abzustecken, wie es FDP-Chef Christian Lindner vergangenen Sonntag tat: Lieber lasse er die geplante Koalition mit Union und Grünen scheitern, als sich dem Verdacht auszusetzen, ein „Umfaller“ zu sein. Streit gibt es vor allem mit den Grünen in der Energie- und „Klima“-Politik. Hier erscheinen die Positionen derzeit unvereinbar.

Erhebliches Aufsehen erregte die Attacke der Jungen Union (JU) Bayern gegen CSU-Chef Horst Seehofer. Dass die eigene Jugendorganisation den Parteichef in erstaunlicher Geschlossenheit dazu auffordert, seinen Stuhl zu räumen, ist zumindest in der Union ein Novum.

Die Kanzlerpartei CDU wirkt neben diesen wachsenden Rissen äußerlich wie der ruhende Pol der „Jamaika“-Verhandler, die bislang noch von „Sondierungen“ sprechen, obwohl längst hart um einzelne inhaltliche Positionen gerungen wird. Die Ruhe wird jedoch zunehmend gestört, nicht nur aus Sachsen. Aus dem dortigen CDU-Landesverband erhält Parteichefin Merkel bereits offenen Gegenwind.

Hinter dem wachsenden Unbehagen steckt Insidern zufolge mehr als der Schock über das Wahlergebnis oder der Verdruss über Merkel selbst. Stattdessen schälten sich, wie es heißt, in der CDU zwei grundverschiedene Meinungen über die Zukunft der Partei heraus, die in eine unvermeidliche Konfrontation geraten müssten. 

Der Merkel-kritische Flügel will demnach die konservativen Wähler zurückgewinnen. Für diese Position steht beispielhaft Sachsens zukünftiger Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Merkel und ihre Anhänger verfolgen laut Beobachtern eine ganz andere Strategie: Sie wollen demnach die Linksverschiebung der Partei weiter vorantreiben, um die SPD in die Enge zu drängen. Dass dabei Wähler an die AfD verlorengingen, sei aus ihrer Sicht zweitrangig. Auch, dass die Union auf diesem Weg bei Bundestagswahlen kaum  mehr als 35 Prozent erlangen könne, falle ab gegenüber der Chance, durch die Marginalisierung der Sozialdemokraten zur dauerhaften Kanzlerpartei aufzusteigen. Aus diesem Winkel heraus betrachtet erscheint die Äußerung Merkels nach der Wahl, man habe „alle strategischen Ziele erreicht“, nicht wie Trotz, sondern folgerichtig.

Welcher der Flügel sich durchsetzt, ist offen. Doch sobald der Streit zwischen Mitte-Rechts und Mitte-Links in der CDU entschieden ist, drohen erst die wirklichen Umbrüche. Siegt Merkel, könnte der unterlegene Parteiflügel ganz von der Fahne gehen. Damit hätte die CDU-Chefin nach dem AfD-Erfolg eine zusätzliche dramatische Neuordnung des Parteiensystems eingeleitet.