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10.11.17 / »Überall Gauner hier« / Seit seinem Beitritt zur Europäischen Union versinkt Malta in Korruption und organisiertem Verbrechen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

»Überall Gauner hier«
Seit seinem Beitritt zur Europäischen Union versinkt Malta in Korruption und organisiertem Verbrechen
Bodo Bost

Morde durch Autobomben kannte man bisher eher aus dem Libanon oder aus Russland. Kürzlich hat eine Autobombe in dem kleinsten EU-Mitglied Malta, die bekannteste Journalistin des Landes in den Tod gerissen. Der Mord an der investigativen Journalistin und Bloggerin Daphne Caruana Galizia macht deutlich, dass das sozialdemokratisch regierte Malta eines der korruptesten Mitglieder der EU ist. Die Mittelmeerinsel gilt als Paradies für Steuerhinterzieher, Finanzjongleure und Geldwäscher - und zieht dadurch auch das organisierte Verbrechen an.

Die ehemaligen Kreuzfahrerinsel auf halbem Weg zwischen Europa und Afrika, die noch bis 1964 eine britische Kolonie war, beherbergt heute laut italienischen Antimafia-Ermittlern neben Offshore-Firmen auch Drogenbarone der ’Ndrangheta, der Vereinigung der kalabrischen Mafia. Außerdem dient Malta, das im letzten Halbjahr noch die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, auch als Drehscheibe für Menschenschmuggler. Galizia bekämpfte die Korruption in Malta auf ihrem Blog, und ist damit vielen auf die Füße getreten, Regierung und Opposition, Legislative und Exekutive, Geschäftsleuten, Beamten und sogar Richtern.

Einer der drei Söhne der Ermordeten, ebenfalls Journalist, machte den maltesischen Regierungschef Joseph Muscat und dessen Ehefrau Michelle, die laut „Pa­nama Papers“ bei einer Bank in Panama ein Konto besaß, auf das Schmiergelder in Millionenhöhe aus Aserbaidschan geflossen waren, via Facebook namentlich für den Anschlag mitverantwortlich. Der Premier wie der Oppositionsführer hatten Verleumdungsklagen gegen die jetzt Ermordete angestrengt. Galizia hatte dem Team des International Consortium of Investigative Journalists angehört, das im April 2016 die „Panama Papers“ veröffentlichte. In dem Dossier spielte nicht nur Pa­nama, sondern auch Malta mit seinen 70000 Offshore-Firmen als Steuerparadies eine wichtige Rolle. Derselbe Labour-Premier, der kurz nach dem Attentat vor laufenden Fernsehkamaras das Attentat als „barbarischen Akt“ verurteilte, habe jahrelang die ermordete Journalistin zu dämonisieren und einzuschüchtern versucht. Das behauptet zumindest deren Sohn. Er warf der Regierung Muscat vor, sie erzeuge eine Kultur der Straflosigkeit wie in einem Mafia-Staat, die eine solch grausame Tat überhaupt erst ermöglicht habe.

Daphne Galizia hatte nicht nur die Gattin des Premierministers, Michelle Muscat, belastet. Auch gegen den Energieminister sowie gegen Muscats Kabinettschef waren die Beweise der Korruption erdrückend, die Daphne Galizia herausfand. Unter dem Eindruck des Skandals musste Premier Muscat zurücktreten, aber da auch die Oppositionsparteien nicht weniger im Korruptionssumpf versunken waren, konnte Muscat die Neuwahlen trotz der Affäre gewinnen und ins Amt zurück­kehren.

Fünf Menschen sind in Malta, das nur 430000 Einwohner zählt und wo im ersten Halbjahr 2017 viele hochrangige EU-Treffen stattgefunden haben, in den vergangenen zwölf Monaten durch Bomben getötet worden, die meisten waren Journalisten. Die schreibende Zunft ist zur einzigen Opposition in diesem von Korruption versumpften Land geworden, das vor seinem Beitritt zur EU 2004 ein ganz normales Land war. Angesichts der vielen Feinde, die sich die 53-jährige Galizia mit ihrer Arbeit gemacht hatte, dürften viele ein Motiv gehabt haben, sie zu beseitigen. Deshalb war es konsequent, dass die Regierung europäische Bombenexperten und das FBI zur Hilfe aufgefordert hat.

Dennoch ist jetzt die Europäische Union am Zuge, gegenzusteuern, immerhin ist die kleine Insel nur dank ihrer EU-Mitgliedschaft zum interessanten Ziel der Verbrechersyndikate geworden. Galizia wusste, welches Risiko sie einging durch ihre Arbeit. Noch zwei Wochen vor ihrem Tod hatte sie Morddrohungen erhalten und diese auch bei den Behörden gemeldet. Dennoch wurden keine Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen. Die Polizei behauptete gar, von Morddrohungen überhaupt nichts gewusst zu haben, solch ein Korruptionssumpf wütet selbst in der maltesischen Polizei. „Überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos“, das waren die letzten Eintragungen auf Galizias Blog, wenige Minuten vor ihrer Ermordung.