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10.11.17 / Tod per Farbverdünner und Zitronensaft / Deutschlands Ärzte bereiten sich auf weitere schlimme Anschläge vor – Der Fall Yamen A. zeigt, wie machtlos die Terrorbekämpfer sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

Tod per Farbverdünner und Zitronensaft
Deutschlands Ärzte bereiten sich auf weitere schlimme Anschläge vor – Der Fall Yamen A. zeigt, wie machtlos die Terrorbekämpfer sind
Frank Horns

Viele Krankenwagen in Deutschland sind schon umgerüstet. Sie haben jetzt Tourniquets an Bord. Die robusten Kunststoff-Manschetten werden in der Militärchirurgie verwendet und dienen dazu, große, stark blutende Wunden abzubinden. Normale Druckverbände schaffen das nicht.

Die Terrormedizin empfiehlt die Tourniquets, denn etwa 90 Prozent der Opfer von Anschlägen sterben, weil sie verbluten. In Deutschland gab es Anfang des Jahres in Koblenz eine Fachtagung zum Thema. Neben den Einsatz der lebensrettenden Manschetten wurde über komplexe Schussverletzungen, Sprengsätze und Nagelbomben gesprochen. Die Redner beschrieben, wie die Hochgeschwindigkeitsdruckwellen einer Detonation Blutgefäße in Leber, Lunge. Nieren und anderen Organen zerstören. Betroffene müssen, wenn sie eine Überlebenschance haben sollen, umgehend beatmet werden. Das sei vielen deutschen Ärzten – sonst eher an Sportverletzungen oder die Behandlung von Altersgebrechen gewöhnt – nicht bewusst. Noch ein wichtiger Tipp: Mental gelte es, sich auf schwierigste ethische Entscheidungen vorzubereiten. Bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV) muss gegebenenfalls von der individualmedizinischen Versorgung abgewichen werden. Behandelt werden die Patienten, bei denen es sich lohnt. Die anderen erst, wenn genügend Personal und Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Entscheidung zerfetzte Arme und Beine zu amputieren, müsse zudem rasch gefällt werden. Es gelte „Life before Limb“. Die Rettung eines Lebens sei wichtiger als die Erhaltung des fraglichen Gliedes.

Von solchen blutigen Szenarien dürfte Yamen A. geträumt haben. Spezialkräfte unter anderem von der GSG9 nahmen den 19-jährigen Syrer vorige Woche in seiner Wohnung in einem Schweriner Plattenbau fest. Er ist dringend tatverdächtig einen Sprengstoffanschlag geplant und vorbereitet zu haben. Aus Ermittlerkreisen sickerte durch, dass der islamische Extremist wohl Weih-nachtsmärkte in Schwerin oder Rostock für seinen ganz persönlichen Dschihad auserkoren hatte. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier dementierte diese Nachricht später. Konkrete Anschlagsziele seien nicht bekannt. Ziemlich konkret waren dagegen die Bombenbasteleien des Terroristen. Als Fernzünder sollten zwei Funkgeräte dienen. Eines war bereits umgebaut. Beim Sprengstoff hielt sich der Syrer an das bewährte TATP, ein hochexplosives weißes Pulver, das  im Prinzip aus Desinfektionsmitteln, Farbverdünner und Zitronensaft zusammengemischt wird. Da sich die einzelnen Bestandteile so leicht und zudem für wenig Geld beschaffen lassen, ist der Sprengstoff bei Terroristen besonders beliebt. TATP-Bomben extremistischer Moslems rissen unter anderem 2004 in Madrid 191 Menschen in vollbesetzten Pendlerzügen in den Tod. 2015 nutzten es auch die Attentäter von Paris.

Yamen A. bestellte einige Bestandteile seines Sprengsatzes bei Amazon. Kaum glaublich: Die Internetplattform hilft sogar beim Bombenbasteln. Wer beispielsweise das Desinfektionsmittel Wasserstoffperoxid bestellt, erhält in der Rubrik: „Kunden, die diesen Artikel kauften, kauften auch …“ weitere Vorschläge für explosive Zutaten. Der US-Konzern versprach eilig Besserung und eine Überarbeitung seiner Seiten. 

Immerhin war es die verdächtige Amazon-Bestellung, die den Bombenbastler ins Visier der Fahnder brachte. Im Juli hatte er wohl den mörderischen Beschluss gefasst, für Allah möglichst viele unschuldige Menschen umzubringen. Seit September waren ihm deutsche Geheimdienste auf der Spur. „Lang genug gewartet, um zu beobachten, früh genug zugegriffen, um Schlimmes zu verhindern“, lobte Thomas de Maizière nach dem Zugriff. Weidlich nutzte der Innenminister die Gelegenheit, sich und seine Leute als fähige Terrorbekämpfer ins sonnige Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Sein Fazit der Aktion: Alle Beteiligten hätten hervorragende Arbeit geleistet. „Jeder für sich und gemeinsam Hand in Hand.“

Wer sich genauer mit dem Fall auseinandersetzt, wünscht allerdings, dass sich vor allem Deutschlands Ärzte – „gemeinsam Hand in Hand“ – in der Terrormedizin fortbilden. Sie werden ihr Wissen brauchen. Der Fall Yamen A. zeigt, wie machtlos der Staat letztendlich im Kampf gegen den islamischen Terror ist. Er zeigt auch, wie fatal sich die Versäumnisse der Vergangenheit auswirken. Der Syrer kam im Herbst 2015 als Teil der großen Immigrantenwelle nach Deutschland. Im April 2016 wurde er als „Flüchtling“ anerkannt und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst zwei Jahre. Dafür musste er nur einen Fragebogen ausfüllen. Niemand schaute genauer hin, niemand wollte wirklich wissen, was für eine Person da in Deutschland um Aufnahme nachsuchte. Das Fragebogen-Verfahren wurde bei Zehntausenden Syrern, Irakern und Eritreern angewandt. 

Wo ein Terrorist gefasst wird, mischen also fünf andere vielleicht gerade ihren eigenen TATP-Mix zusammen. Zehn weitere lauschen eventuell den Predigten eines radikalen Imams, der ihnen empfiehlt, dem glorreichen Yamen A.. nachzueifern. Andere üben sich eventuell darin, ihrem Kleinlaster auch in engen Kurven zu beherrschen, wie es Attentäter Sayfullo S. tat, bevor er eine Woche später auf einem New Yorker Radweg wahllos Menschen überfuhr. Vielleicht bereiten sich die simpelsten unter den Dschihadisten-Gemütern auch gerade mental darauf vor, ein herkömmliches Küchenmesser in die Körper anderer Leute zu rammen.

Die mörderischen Moslems bringen die Terrorbekämpfung an ihre Grenzen. Sie agieren als „einsame Wölfe“ oder kaum vernetzte Kleingruppen. Praktisch jede  Menschenansammlung kann für ein Blutbad herhalten, Ihr Waffen-arsenal reicht von der Kalaschnikow bis zum Küchenmesser, vom TATP-Sprengstoff bis zum Pkw. Sie kämpfen auf einem globalen Schlachtfeld. Das eine Land mag als Rückzugsort dienen, das andere als gemeinsamer Treffpunkt. In einem dritten schlagen sie zu. „In Zügen, Bahnhöfen, Fußgängerzonen, Einkaufszentren und Konzerthallen sind wir signifikant verwundbar“, stellte die EU-Kommission gerade in einem Gutachten fest. 120 Millionen Euro aus Kassen der Europäischen Union sollen ab sofort Schutzmaßnahmen wie Betonbarrieren gegen Extremisten hinterm Lenkrad finanzieren. 195 Millionen Euro werden für 48 Projekte im Bereich der Sicherheitsforschung ausgegeben. Keinen Cent kostet die Überlegung, warum Länder wie Polen, Tschechien oder Ungarn bislang frei von islamischen Anschlägen sind: Sie beherbergen keine nennenswerte moslemische Minderheit.