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10.11.17 / »Schreie aus einer Neandertaler-Höhle« / Nicht nur Russlands Beziehungen zur Ukraine sind derzeit belastet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

»Schreie aus einer Neandertaler-Höhle«
Nicht nur Russlands Beziehungen zur Ukraine sind derzeit belastet
Florian Stumfall

Russland ist kein Einzelfall. Die Beziehungen der Ukraine sind auch zu diversen anderen Staaten aus ihrer weiteren Nachbarschaft derzeit belastet. Genannt seien hier Ungarn, Polen und die Tschechei.   

Die Lage der Ukraine ist nicht nur vom Bürgerkrieg, der verheerenden wirtschaftlichen Situation und einer allgemeinen Instabilität gekennzeichnet, sondern ebenso von außenpolitischen Schwierigkeiten. Da ist zum einen die feindliche Haltung Kiews Russland gegenüber, die sich jedem mäßigenden Einfluss entzieht. Dies allein wäre eigentlich genug an selbstverursachter Last. Doch die Umstände sind noch viel komplizierter und damit ernster.

So gibt es unablässig Spannungen mit dem Nachbarn Ungarn, und zwar wegen der in Transkarpatien ansässigen ungarischen Minderheit in der Ukraine. Mitte Oktober fand in der ungarischen Hauptstadt Budapest vor der dortigen Botschaft der Ukraine eine Demonstration statt. Das Motto lautete: „Selbstbestimmung für Transkarpatien“. Dort waren Parolen zu lesen wie: „Transkarpatien gehört rechtlich zu Ungarn. Selbstbestimmung für alle unterdrückten Nationen, die gezwungen sind, in der Ukraine zu leben.“

Damit haben sich die ungarischen Demonstranten nicht nur zu Parteigängern der Russen im ukrainischen Donbass gemacht, sondern auch noch weitere Bundesgenossen angesprochen. Im Umland von Lemberg nämlich wie in der Stadt selbst leben viele Polen, die sich mehr Autonomie wünschen. Der Sprecher der polnischen Gemeinde in Lemberg, Sergej Lukjanenko, sagte vor einigen Monaten, der wirtschaftliche Rückstand westukrainischer Gebiete hinter den polnischen Grenzregionen betrage etwa 50 Jahre. Lemberg habe Chancen nur in Polen. Dass sich die Regierung in Kiew in eine solche Zusammenarbeit einmische, halte er, Lukjanenko, für „überflüssig“. Damit taten die Polen in Galizien das Gleiche wie die Russen im Donbass, diesen trug ihr Verlangen nach Autonomie im Gegensatz zu jenen jedoch den Krieg ein.

Außerdem machen die Polen gegenüber der EU eine Rechnung besonderer Art auf, um zu begründen, warum sie keine Asylsucher aus Nahost oder Afrika haben wollen: „Wir werden keine Flüchtlinge aufnehmen“, so wird Innenminister Mariusz Blaszczak zitiert, „weil wir bereits Ukrainer aufgenommen haben.“ 

Zusätzlich belastetet wird die Stimmung zwischen Polen und der Ukraine durch den Film „Wolyn“ des polnischen Regisseurs Wojciech Smarzowski, bei dem es um die Massaker geht, die im Zweiten Weltkrieg von der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) in Wolhynien an Polen verübt worden sind. Die UPA arbeitete damals mit der deutschen Wehrmacht zusammen. 

Eine solche Erinnerung ist nicht ohne aktuellen Bezug. Denn der ukrainische Präsident Petro Poroschenko feierte den 14. Oktober offiziell als Gründungstag der UPA und stellte deren Mitglieder als Vorbild hin, dem das ukrainische Volk nacheifern solle.

Schlechte Stimmung herrscht auch zwischen Kiew und Prag. Vor kaum zwei Wochen meinte der tschechische Präsident Milos Zeman, Russland könnte zur Aussöhnung mit der Ukraine diese wegen des Verlustes der Krim entschädigen. Daraufhin erklärte der ukrainische Premier Wolodymyr Hrojsman den tschechischen Präsidenten offiziell zu einer „psychisch kranken Person“. Der wiederum ließ seinen Sprecher Jiri Ovacek erwidern: „Ich betrachte die unhöflichen Angriffe einiger ukrainischer Politiker auf den Präsidenten der Tschechischen Republik, Milos Zeman, als Schreie aus einer Neandertaler-Höhle. Sie haben keinen Platz im modernen Europa.“

Gute Beziehungen unterhält die Ukraine eigentlich nur zu den Ländern, die den Putsch auf dem Kiewer Maidan vom Februar 2014 organisiert und finanziert oder wenigstens unterstützt haben, grob gesagt, die USA und die EU. Für diese westlichen Demokratien spielt die Ausrichtung der Regierung in Kiew keine Rolle. Entscheidend für EU wie NATO ist vielmehr, dass die Ukraine ein ideales Aufmarschgebiet gegen Russland darstellt, in geopolitischer wie militärischer Hinsicht. Da ist das politische System für die Entscheidungsträger sekundär.