28.03.2024

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10.11.17 / Konstruktiv

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

Konstruktiv
Manuel Ruoff

Zumindest, wer in der Bundesrepublik zur Schule gegangen ist, wird sich daran erinnern, dass er mindestens einmal in seiner Schullaufbahn die Lehren lernen musste, welche die Väter des Grundgesetzes in ihrer Weisheit aus dem Scheitern der Weimarer Republik gezogen haben. Zu diesem Kanon zählt nicht zuletzt das konstruktive Misstrauensvotum. Die linksradikale und die rechtsradikale Opposition sollten nicht mehr wie in der Spätphase der Weimarer Republik in der Lage sein, das Land an den Rand der Unregierbarkeit zu bringen, indem sie sich – destruktiv – auf den Sturz des Kanzlers einigen, ohne sich – konstruktiv – auf eine Alternative geeinigt zu haben. Dafür sollte nun im Grundgesetz die Einführung des konstruktiven Misstrauenvotums sorgen.

Wie wertlos dieses konstruktive Misstrauensvotum in Wahrheit ist, zeigt die gegenwärtige Situation. Seit dem Zusammentritt des 19. Bundestages ist Bundeskanzlerin Angela Merkel nur noch geschäftsführend im Amt, wie es die Weimarer Regierungschefs gewesen waren, wenn sich nach ihrem Sturz das Parlament nicht auf einen neuen Kandidaten hatte einigen können. Und schwächt das in irgendeiner relevanten Form die Amtsautorität der Bundkanzlerin? Nein!

Und damit sind wir beim springenden Punkt. Entscheidend für die Autorität eines Kanzlers ist nicht, ob er geschäftsführend im Amt ist oder nicht, sondern ob er eine Mehrheit im Parlament hat, mit der er Gesetze durchbringen kann. Und wenn er die nicht hat, nützt es ihm auch nichts, wenn die Einführung des konstruktiven Miss­trauensvotums ihn vor dem Sturz schützt.