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10.11.17 / 1932 gab es 1000 Elche / Jagd und Jäger in Ostpreußen, Teil III

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

1932 gab es 1000 Elche
Jagd und Jäger in Ostpreußen, Teil III

Der  niedersächsische leitende Forstdirektor Horst F. Buschalsky (62) ist ein profunder Kenner der einzigartigen Natur Ostpreußens, ihrer Tiere und der dortigen Jagdverhältnisse. Seinen Vortrag anlässlich der Gedenkveranstaltung zur Gründung des Ostpreußischen Jagdmuseums vor 60 Jahren (siehe PAZ 43, Seite 19) veröffentlicht die PAZ in mehreren Teile. Lesen hier die dritte Folge von „Jagd und Jäger in Ostpreußen – einst und heute“.

Aus der pflegenden und hegenden Tätigkeit heraus, verbunden mit praktischem, wissenschaftlich fundiertem Können und Wissen, entwickelte sich über vier Förster- und Jägergenerationen in Ostpreußen das, was an Wildbeständen und Waldbildern seit Anfang des 19. Jahrhunderts bis 1945 aufgrund des Erfolges weit über die Provinzgrenzen hinaus anerkennend bewundert wurde. Dabei spielen zwei Namen eine große Rolle: das ist der Elchwald und das ist die Rominter Heide. Aber zurück zur Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts.

Wenn das Elchwild sich vor der ausbreitenden Landbewirtschaftung in den zurückliegenden Jahrhunderten besser halten konnte als andere Großwildarten, so liegt das nicht daran, dass es von den Wilderern und Jägern weniger geschätzt wurde; aber sein natürlicher Lebensraum war sehr viel schwerer zugänglich und es war als Verzehrer von Weichholz nicht gezwungen, auf offenes Gelände zu wechseln. Weniger vor der Ausbreitung der Landwirtschaft als vielmehr vor den Niederwald- und Moorentwässerungen und dem damit verbundenen Baumartenwechsel wich der Elch zurück. So ist er 1725 noch als Standwild in allen Wäldern östlich der Passarge (diese fließt von Osterode nach Norden bei Frauenburg in das Frische Haff) und westlich in den Waldgebieten um Osterode anzutreffen.

Unter König Friedrich I. (1701 – 1713) werden in der Kaproner Heide vor den Toren Königsbergs in seiner Regierungszeit viele Hundert Elche erlegt, und Friedrich Wilhelm I. lässt dort 1718 40 Stück und 1731 56 Stück zur Strecke bringen. Auch 1780 ist das Elchwild in seinem Verbreitungsgebiet von 1725 noch Stand- oder Wechselwild. In der Folge geht es aber rasch abwärts. In den Jahren 1790 bis 1800 verschwindet der Elch im Westen ganz. 1840 fällt der letzte masurische Elch, 1842 der letzte in Preußisch Eylau. 1852 sind die letzten Reste zwischen Angerburg und Goldap verschwunden, eben nicht nur, weil er scharf bejagt wurde, sondern vornehmlich als Folge der Umwandlung der bis dahin vorkommenden Moore in Wiesen und der Nieder- und Bruchwälder in Wirtschaftswälder mit entsprechendem Baumartenwechsel.

In der zusätzlichen Folge von Siebenjährigem Krieg, der napoleonischen Besetzung und der Revolution 1848 schrumpft der Elchbestand von 500 bis 600 Stück Mitte des 18. Jahrhunderts auf nicht mehr als elf nach einer Zählung von 1849. Von diesem niedrigsten Bestand erholte sich das Elchwild durch Schonung und Schutz bis auf 300 Stück im Jahre 1886. Zur Jahrhundertwende 1900 gab es bereits 390 und 1905 bereits wieder 700 Elche. Bis zum Ersten Weltkrieg stieg die Zahl auf 800 an, um dann durch Kriegseinwirkung und Wilderei nach 1918 wieder auf 230 zurück zu gehen. 

Der Vorsitzende der ostpreußischen Jägerschaft, Manfred von Kobylinski, regte in den 1920er Jahren ein Elchhegeprogramm an. Forstleute aus der Elchniederung schlossen sich dieser Forderung an. Die sozialdemokratische Regierung in Ostpreußen unter Ministerpräsident Otto Braun, der ein begeisterter Jäger war, erließ für das Elchwild zwischen 1920 und 1925 Schonverordnungen. Eine von Forstmeister Schirmacher, Oberförster in Nemonien, durchgeführte Zählung ergab einen Elchbestand von weniger als 200 Stück, worauf der Oberpräsident eine dreijährige Schonung verfügte. So stieg der Wildbestand bis 1925 wieder auf 500 Stück an. Danach wurde in größeren Waldgebieten wieder eine moderate Bejagung zugelassen, weil die auch den Verbiss- und Schälschaden zu tragen hatten. So erhöhte sich der Bestand bis 1932 auf rund 1000 Stück und darüber hinaus auf 1500 Stück. Damit war der Elchbestand in der ostpreußischen Elchniederung gesichert. Ansonsten gab es in Deutschland keine Elche mehr.

So fällt der Höhepunkt der Elchhege in die letzten 25 Jahre von 1920 bis 1945. Danach beendet zugleich das Ende des Zweiten Weltkriegs das wertvolle Werk selbstloser Jäger und Förster.

An einige Namen sei hier erinnert: es sind die Hegemeister Rodenwald (Tawe), Riedel (Inse), Knoefel (Pait), Wallin (Gilge) und die Förster Weber (Kastaunen II), Quednau (Siberien), Schulz (Matzgirren), der Oberförster Meyer (Tawellingken), der Landforstmeister Wrobel, der Elchjägermeister Kramer (Pait) und der Oberförster Orlowski (Tawellingken). Sie und alle Ungenannten haben sich um den Erhalt des Elchwildes in Ostpreußen äußerst verdient gemacht. Das kann man allerdings nicht vom letzten Jagdherrn im Elchwald sagen. Der so genannte „Reichsjägermeister“ Göring und seine Jagdgäste, betrieben die Jagd auf kapitale Elchschaufler ungezügelt und maßlos. Die Nutzung der Elchschaufler war nicht mehr nachhaltig. Viele Hirsche wurden zu früh gestreckt; der zahlenmäßige Elchbestand konnte dadurch aber nicht mehr negativ beeinflusst werden. Aber qualitativ wurde dem Elchwild Schaden zugefügt. Besonders begehrt waren die kapitalen Schaufler, von denen es aber zu wenige gab, so dass viele Elche viel zu jung gar nicht die obere Altersklasse erreichten. 

1945 war das alles zu Ende. Der Elchbestand wurde wie immer nach Kriegen und menschlichen Katastrophen zusammengeschossen. Direkt nach dem Krieg wurde der Elchbestand von russischen Soldaten ausgerottet. Seit Ende der 1950er Jahre sind aus Litauen wieder Elche in den Elchwald zugewandert. Ferner wurden in den 1960er Jahren aus Weißrussland und dem Moskauer Gebiet Elche wiedereingebürgert. Am Ende dieses Jahrzehnts sollen wieder 500 Elche vorhanden gewesen sein, so dass seit 1969 auch wieder gejagt werden durfte. In den Folgejahren vermehrte sich das Elchwild bis in die 1980er Jahre sehr stark auf 1800 Stück. 2005 wird ein Bestand von 1300 Stück angegeben und ein jährlicher Abschuss von 200 bis 250 Stück. 

Der Forstprofessor Horst Kramer aus Göttingen, Sohn vom letzten Elchjägermeister Hans Kramer, schildert die heutige Situation in Nordostpreußen in der vierten erweiterten Auflage 2006 des Buches seines Vaters „Elchwald – einst und heute“ wie folgt:

„Der heutige Zustand des Elchwaldes, seiner Landschaft, seiner Wälder und seines Wildbestandes muss nicht nur den Forstmann sehr betrüben. Eine jahrzehntelange Aufbauarbeit einer naturgerechten und wirtschaftlich erfolgreichen Forstwirtschaft, verbunden mit einem die Belange des Waldbaus berück-sichtigenden, weltweit bekannten Jagdbetrieb, ist vernichtet worden. Der Besucher des Elchwaldes und seiner Umgebung ist nach wie vor bestürzt über die Situation der Dörfer und der Land- und Forstwirtschaft. … Während bis vor Kurzem alle Erinnerungen an die deutsche Vergangenheit beseitigt wurden, lässt man sie heute nicht nur in Königsberg wiederaufleben. Im Elchwald wurde neben der Renovierung und Unterhaltung einiger alter Forstgehöfte vor allem die Instandsetzung der Gebäude von Pait (ein ehemaliges kaiserliches Jagdhaus) zügig in Angriff genommen und zum Teil bereits abgeschlossen.“

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe mehr über das ostpreußische Leibrevier Kaiser Wilhelms II



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