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10.11.17 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Stille Verwesung / Wie eine Republik langsam vergammelt, was einen Polizeipräsidenten empört, und wofür ein tapferer Kleriker einsteht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-17 vom 10. November 2017

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Stille Verwesung / Wie eine Republik langsam vergammelt, was einen Polizeipräsidenten empört, und wofür ein tapferer Kleriker einsteht

Oha! Das klingt ernst:  „Die zunehmend ungeordnete, zum Teil chaotische und konfliktträchtige Welt hat das sicherheitspolitische Umfeld Deutschlands und Europas dramatisch verändert.“ Denn „die EU-Erweiterung ist weitgehend aufgegeben, weitere Staaten haben die Gemeinschaft verlassen. Europa hat seine globale Wettbewerbsfähigkeit verloren“.

Hätten Sie sich das je vorstellen können? Nein? Müssen Sie auch nicht, jedenfalls noch nicht. Die Zitate stammen aus einer „Strategischen Vorausschau“ der Bundeswehr, die dem „Spiegel“ zugesteckt wurde. In dem vertraulichen Papier vom vergangenen Februar spielen die Militärexperten angeblich erstmals die Trends der näheren Zukunft durch. Das, was Sie eben gelesen haben, ist ein Szenario für das Jahr 2040.

So, so, Deutschlands „Umfeld“, also unsere Nachbarschaft,  könnte sich in den kommenden 22 Jahren „dramatisch“ verändern. Das wird dann aber auch Zeit, denn schließlich müssen unsere Partner und Freunde jenseits der Grenzen doch mit uns mithalten. Sollten die Armeen Polens oder der Schweiz ähnliche Studien ausarbeiten, stünde da hinsichtlich Deutschlands vermutlich, dass sich unser Staat „zunehmend ungeordnet, zum Teil chaotisch und konfliktträchtig“ darstelle, da er sich „dramatisch verändert“. Nur dass der Text dort nicht unter der Überschrift „Szenario 2040“ liefe, sondern unter „Lagebeschreibung 2017“. 

Wirklich? Na ja, aber das erscheint uns denn doch ein biss­chen übertrieben, als ginge unser Staat gerade unter lautem Knall in Rauch auf oder versänke krachend im Chaos. Danach sieht es nicht aus. Wer sich beispielsweise die Entwicklung der deutschen Hauptstadt näher anschaut, wo sich die nationalen Verhältnisse wie unter dem Brennglas verdichten, der bekommt eher den Eindruck, dass die Bundesrepublik in den Zustand der stillen Verwesung übergegangen ist, statt in lärmigem Radau zu verpuffen. 

Staat bedeutet in unserem Verständnis vor allem Rechtsstaat. Der Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel setzt uns davon in Kenntnis, dass „ein funktionierendes Rechtssystem nicht mehr vorhanden ist“. Wie der Zerfall eines Rechtssystems plastisch aussieht, davon bekamen wir dieser Tage einen pikanten Einblick. Der Bericht eines Lehrers der Polizeiakademie in Berlin-Spandau hat einigen Staub aufgebwirbelt: Polizeischüler türkischer und arabischer Herkunft scheinen demnach dabei zu sein, die Trennung zwischen Polizei und Unterwelt nachhaltig zu verwischen (siehe dazu die Kolumne von Eva Herman auf Seite 8. Die Kollegin hat über den Themenkomplex noch einiges mehr zu erzählen).

Ein langjähriger Berliner LKA-Beamter hat in einem Brief an seinen Polizeipräsidenten Klaus Kandt behauptet, dass die Unterwanderung von Verwaltung und Justiz durch Mitglieder polizeibekannter „Großfamilien“ bereits begonnen habe. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der erste Schuss zwischen „rivalisierenden Ethnien“ in der Polizeiakademie falle, so der Beamte.

Kandt ist verständlicherweise aufgebracht. Nein, nicht über die beschriebenen Zustände, sondern über die Beschreibung der Zustände, versteht sich: „Für mich erschöpft sich dieses Schreiben in haltlosen, diffamierenden, möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Bemerkungen“, empört er sich im Berliner „Tagesspiegel“. 

Der Chef der Deutschen Polzeigewerkschaft, Rainer Wendt, findet die Aufnahme der  Männer aus den Clans in den Polizeidienst sogar gut. Das sei doch eine Chance zur Integration. Die Polizei als Integrations- und Resozialisierungsanstalt. Das sind in der Tat ganz neue Perspektiven.

In jedem Falle haben die Polizisten die Warnung ihres Präsidenten hoffentlich verstanden: „möglicherweise sogar strafrechtlich relevant“! Also, wer hier noch mal den Schnabel aufmacht, der sollte sich warm anziehen. Merke: Auch ein Staat in Verwesung kann hart durchgreifen – allerdings meist nur gegen diejenigen, die noch an ihn glauben. Am besten fährt derjenige, der den Gammelstaat völlig ignoriert. Was am leichtesten gelingt, wenn man nicht einmal Bürger des Staates ist. Bis zu 520000 „irregulär aufhältige“ Ausländer stromern in Deutschland herum, schätzt die Bremer Migrationsforscherin Dita Vogel. Also Leute, die das Land eigentlich verlassen müssten. Tun sie aber nicht. Und warum auch: Sie tauchen einfach ab, warten ein Weilchen, und schon wird das Asylverfahren wegen „Nichtbetreibens“ eingestellt. Das kann passieren, weil der Bewerber nicht zur Anhörung kommt, nicht mehr auf Briefe antwortet oder als „unbekannt verzogen“ abgehakt wird.

Wenn die Rück­führung über längere Zeit scheitert, bekommen die Antragsteller fast automatisch einen Aufenthaltstitel. Man nennt das in Fachkreisen „aus dem Verfahren herauswachsen“. Da die Verwaltungsgerichte in Asylklagen ersaufen, dürften die „Herauswüchsigen“ bald sprunghaft mehr werden. Die Zahl der Verfahren ist von 69000 Mitte 2016 auf 320000 Mitte 2017 angeschwollen. Ein Vorstandsmitglied vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter spricht von „Entgleisung“, „Chaos“ und „Überforderung“ in den Gerichten. 

Na also, „wir schaffen das“. Und die großen Kirchen schaffen kräftig mit. Der Flüchtlingsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Hamburgs Erzbischof Stefan Heße, mahnt zur weiteren Aufnahme von „Flüchtlingen“. Die große deutsche Protestantin Katrin Göring-Eckardt, immerhin von 2009 bis 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hat ja bereits festgestellt: „Nächstenliebe hat keine Obergrenze!“

Miese Kritiker werfen den Kirchen neuerdings vor, sie machten aus der Asylsucher-Betreuung ein Riesengeschäft. Schließlich bekämen sie dafür ordentlich Geld aus der Staatskasse. Das mit dem Staatsgeld ist zwar richtig. Doch wir wollen deshalb nicht die Aufopferungsbereitschaft unseres Klerus infrage stellen, wenn es um sein „gesellschaftliches Engagement“ geht. Da befasst man sich bei weitem nicht nur mit der Asylfrage, auch der bedrohliche Klimawandel treibt die Kirchen gewaltig um. Dafür fegen sie sogar ihre Gotteshäuser leer. Ja wirklich, so „engagiert“ sind die!

Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, beklagt sich im Blättchen „Chrismon“: „Wenn die Kirche zu einem Themenabend einlädt ,Was kommt nach dem Tod?‘, dann sind die Säle voll. Machen wir eine Veranstaltung zum Klimawandel, kommen deutlich weniger.“

Er hätte auch sagen können: Wenn wir diese klerikalen Nebensächlichkeiten anbieten wie die tief religiöse Frage, was uns nach dem Ableben erwartet, strömen diese Figuren in Scharen herbei. Wollen wir dagegen unsere eigentliche Aufgabe wahrnehmen, sprich, das Parteiprogramm der Grünen unters Volk bringen, hört uns so gut wie keiner zu. Was für eine verrückte Welt! Man könnte glatt verzweifeln.

Aber nicht Heinrich Bedford-Strohm, der lässt sich von tumber Ignoranz und Gegenwind nicht beirren. Denn der ist aus anderem Holz, wie er anlässlich der Schlussveranstaltung des Luther-Jahres stolz bekannte: Man müsse, so der EKD-Ratsvorsitzende, wie der große Reformator vor 500 Jahren mutig für die eigene Meinung einstehen.

Bravo! Das sagt einer, der im Dezember 2016 beim Besuch auf dem Tempelberg zu Jerusalem sein Kreuz abgelegt hat, um Andersgläubige nicht herauszufordern. Die hatten ihn um diese Geste der Unterwerfung gar nicht gebeten, er hatte sich das nur so gedacht.

Ist Bedford-Strohm etwa ein Feigling? Niemals! Hätten sie von ihm verlangt, auf dem Tempelberg den menschengemachten Klimawandel zu leugnen, wäre er ganz bestimmt standhaft geblieben: „Hier stehe ich ...!“ Nachgiebig ist man eben nur bei Dingen, die einem sowieso nicht so wichtig sind. Bei den entscheidenden Dogmen weicht der Tapfere dagegen keinen Millimeter zurück.