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17.11.17 / Niederlande legen Veto ein / Den Haag hat beschlossen, eine Reihe von Dokumenten, die den Absturz von MH17 betreffen, nicht freizugeben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Niederlande legen Veto ein
Den Haag hat beschlossen, eine Reihe von Dokumenten, die den Absturz von MH17 betreffen, nicht freizugeben
Florian Stumfall

Als im Juli 2014 über der Ukraine eine malaysische Passagier-Boeing abgeschossen wurde, erschienen die Umstände rätselhaft. Nur eines erschien den Leitmedien der Nato-Länder sofort zweifelsfrei erwiesen: Es seien die Russen gewesen, wahrscheinlich sei sogar Wladimir Putin persönlich dafür verantwortlich. Nach drei Jahren, die mit verschiedenartigen Untersuchun-gen des Vorfalls verflossen sind, ist deshalb davon auszugehen, dass, wenn dabei je der Hauch eines Beleges für die russische Schuld aufgetaucht wäre, dieses alle Blätter und Nachrichtensendungen, die am ersten Tag bereits ihr Urteil gefällt hatten, mit Getöse erfüllt hätte. Doch nichts dergleichen geschah.

Stattdessen beschloss das niederländische Ministerium für Sicherheit und Justiz, eine Reihe von Dokumenten, die den Absturz der Boeing 777 betreffen, nicht freizugegeben. Dem Ministerium zufolge „überwiegen das Recht der Regierung auf Vertraulichkeit ihrer Tätigkeit, die Einheit der Staatspolitik und die Sensibilität der Frage nach der Wichtigkeit der Freigabe von Informationen“. Dieser Beschluss entspricht einer Vorlage des Staatsrats der Niederlande, einem Verfassungsorgan mit Beratungsfunktion. 

Möglich ist ein derartiges Verfahren, weil das multinationale sogenannte Gemeinsame Ermittlungsteam (Joint Investigation Team, JIT) unter der Maßgabe angetreten ist, dass jedes der teilnehmenden Länder das Recht hat, gegen die Veröffentlichung irgendwelcher Erkenntnisse aus der Aufklärung ein Veto einzulegen. Dieses Vetorecht ist umso bemerkenswerter, als nicht nur die Niederlande, Malaysia, Australien und Belgien dem Gemeinsamen Ermittlungsteam angehören, sondern auch die Ukraine, deren Beteiligung am Abschuss nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. 

Stieße man also bei der Untersuchung auf Hinweise, die für eine Beteiligung der Ukraine sprechen – was, wie gesagt, nicht auszuschließen ist –, so könnten diese durch deren Veto unterdrückt werden. Nun hat zwar nicht die vom Westen unterstützte Ukraine, sondern nur das westeuropäische Holland vom Vetorecht Gebrauch gemacht, doch nährt es nichtsdestotrotz den Verdacht, dass das in den Niederlanden sitzende Gemeinsame Ermittlungsteam nicht ergebnisoffen ermitteln solle, sondern von vornherein die Aufgabe gehabt habe, Russland die Schuld zuzuschieben und dabei hinderliche Tatsachen und Indizien unter den Teppich zu kehren.

Zusätzliche Nahrung erfährt dieser Verdacht, durch die Art und Weise wie das Gremium mit Material umgeht, das ihm von Russland als Beitrag zur Aufklärung zugeleitet wird. So haben russische Stellen vor über einem Jahr der niederländischen Generalstaatsanwaltschaft Radar-Daten zugestellt, die zu neuen Erkenntnissen führen könnten. Darauf erfolgte zunächst keine Reaktion. Schließlich, auf wiederholte Mahnung, erklärten die niederländischen Experten, sie könnten die russischen Daten nicht entschlüsseln. Die russische Seite hat daraufhin im August die bewussten Daten im geforderten sogenannten „Asterix-Format“ nachgereicht. 

Russische Medien haben gemutmaßt, das Gemeinsame Ermittlungsteam werde das Material trotzdem weiterhin unberück-sichtigt lassen. Im selben Sinne schrieb der politische Analytiker Ruslan Ostaschko, der Westen werde wohl nur mit einem russischen Schuldeingeständnis zufrieden sein. Alle anderen Fakten, Dokumente und Beweise würden nicht wahrgenommen. „Ich bin mir dessen sicher“, so Ostaschko weiter, „wenn es irgendwelche Dokumente gäbe, die Russlands Schuld beweisen könnten, wären sie schon vor langer Zeit veröffentlicht worden. Russlands Wunsch zu beweisen, dass es im Recht ist, ist richtig und nötig, man muss es tun. Aber es wird schwerfallen zu bewirken, dass der Westen Russland zuhören wird.“

Bei dem russischen Material handelt es sich um Radardaten, wie sie jeder Flughafen und jeder militärische Fliegerhorst herstellt und dokumentiert, so auch die zuständigen russischen Stellen. Die niederländische Staatsanwaltschaft hatte von Russland wie von der Ukraine die einschlägigen Daten angefordert. Russland stellte sein Material den Niederlanden zur Verfügung. 

Von Seiten der ukrainischen Luftfahrtbehörden hingegen verlautete, man verfüge „zufälligerweise“ über keine Radar-aufzeichnungen aus der betreffenden Zeit und aus der fraglichen Region. Es sei damals keine Radarstation aktiv gewesen. Dieser angebliche Zufall ist umso erstaunlicher, um nicht zu sagen unglaubwürdiger, als zwei Tage zuvor eine ukrainische Militärtransportmaschine abgeschossen worden war. Trotzdem lässt man es der Ukraine durchgehen, was in einem vergleichbaren Fall bei Russland ungleich schwerer vorstellbar wäre.