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17.11.17 / Digitales »Selber-Ernten« / Wie man am Rechner eine Parzelle aus der Ferne beackert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Digitales »Selber-Ernten«
Wie man am Rechner eine Parzelle aus der Ferne beackert

Die Digitalisierung ist als Schlagwort nicht nur für ein neues Bundesministerium gut. Martin Kruszka und Torsten Hütter verdienen mit ihrem Unternehmen IPGarten schon jetzt Geld damit. Sie sprechen von „selbstorganisierter und gesunder Ernährung“. 

Anders als Verlage bieten sie keine digitalen Berater zum Anbau von Pflanzen, sondern einen echten Acker. Eine Art „Big Brother“ für Pflanzen. Sie versorgen Berliner mit Nahrungsmitteln aus einer computergesteuerten, über das Internet überwachten kleinteiligen Landwirtschaft, und das abseits von Wachstumsregionen in Warnau, nahe Stendal. 

Computerspiel und eigener Bioanbau treffen hier aufeinander. Städter können vom heimischen PC eine Parzelle von 16 Quadratmetern steuern, in Echtzeit auf Kameras zugreifen und von der Saat bis zur Bewässerung übers Internet ordern, was sie möchten. Ein neunköpfiges Team beackert die Parzellen vor Ort nach den Wünschen der „Fernbauern“ in der Stadt. Mehr als        40 Kräuter- und Gemüsesorten stehen zur Auswahl. Die Bestellanfragen zeigen eine große, bundesweite Nachfrage. Statt Arbeitsplatzverlust durch neue Technik entstehen neue Verdienstmöglichkeiten, weil die „zu 99 Prozent transparent“ arbeitende Beackerung von der konventionellen Landwirtschaft Enttäuschte anspricht. 

Möglich ist das Geschäftsmodell durch die Fortschritte in der Sensortechnik. Insgesamt fast jeder fünfte Landwirtschaftsbetrieb nutzt digitale Vernetzung, so der Deutsche Bauernverband. Je größer der Betrieb, desto häufiger kommen Sensordaten oder gar miteinander kommunizierende Maschinen zum Einsatz – rund ein Drittel der Wertschöpfung in der Landwirtschaft entfällt inzwischen auf Elektronik. 

Für den 100 Kilometer von Berlin entfernten Kleinbetrieb war die Digitalisierung ein Überlebensmodell. Die Entfernung zur Stadt erschwert es Kunden, sich selbst zu kümmern. So kam es zur Idee, ein PC-Spiel in die Realität zu übertragen: Sensoren und Sendemasten erfassen und übertragen Daten wie Bodenfeuchte und Temperatur ins Internet. Statt sich die Finger schmutzig zu machen, lässt der Nutzer andere arbeiten, hat aber volle Kontrolle. Wer keine Kraft oder Zeit hat, kann trotzdem anbauen. Es gibt einen internen Markt. Wer möchte, kann die Erträge auch spenden. Allerdings sind Lieferungen noch auf den Berliner Raum beschränkt. SG