20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.11.17 / Es ist was faul im Euro-Staat / EZB-Chef Mario Draghi als Warner – Die Bürde der faulen Kredite

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Es ist was faul im Euro-Staat
EZB-Chef Mario Draghi als Warner – Die Bürde der faulen Kredite
N. H.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, mahnt gemeinsame Anstrengungen zum Abbau von Problemkrediten in den Bilanzen europäischer Banken an. Auf einer Konferenz zur Bankenregulierung in Frankfurt sagte er: „Gegenwärtig ist das wichtigste Thema hier, die faulen Kredite anzugehen“. Draghi erklärte, bei großen Geldinstituten seien die Bestände an faulen Krediten zwar zurückgegangen, das Problem sei allerdings nicht behoben. Viele Banken seien noch immer nicht in der Lage, große Verluste zu verkraften. 

Von der EZB wurde zum Ende des ersten Quartals das Volumen problematischer Kredite auf 865 Milliarden Euro beziffert. Nimmt man kleinere Geldhäuser mit hinzu, die nur von den nationalen Bankenaufsichten überwacht werden, dann ist das Problem der faulen Kredite vermutlich noch brisanter für die Stabilität des Bankensektors. Zudem sinkt mit diesen Altlasten auch die Bereitschaft der Banken, neue Kredite zu vergeben. Diese Zurückhaltung bremst wiederum das Wirtschaftswachstum. 

Die EZB hat allerdings für ihr Anleihenkaufprogramm unter anderem angeführt, sie wolle damit die Wirtschaft ankurbeln. Auf der Hand hätte es eigentlich gelegen, das Problem der faulen Kredite zügig anzugehen, um den Banken wieder die Finanzierung der Wirtschaft zu erleichtern. Im Zuge der Anleihenkäufe ist stattdessen die EZB ins Risiko gegangen. 

Seit dem Sommer letzten Jahres kauft die EZB auch Firmenanleihen auf. Sie ist inzwischen sogar zum größten Nachfrager am Markt für Unternehmensanleihen mutiert. Das hat nicht nur die Anleihenkurse verzerrt, sondern auch Großbanken wie der französischen BNP Paribas, die Anleihen platziert haben, gute Einnahmen beschert. Weniger rosig ist die Lage allerdings für kleinere Firmen und für Geldhäuser, die nicht zur Liga der großen Investmentbanken gehören. 

Der Zeitpunkt, zu dem der 70-jährige Draghi den Berg fauler Kredite zum Thema macht, wirft noch aus einem anderen Grund Fragen auf: Die achtjährige Amtszeits des Italieners läuft im Herbst 2019 ab. Da somit vergleichsweise wenig Zeit für eine Lösung des massiven Kreditproblems verbleibt, entsteht der Eindruck, Draghi wolle sich noch vor dem Ende seiner Amtszeit als „früher Warner“ in Position bringen. Obendrein wird Draghi seinem Nachfolger vermutlich eine stark aufgeblähte EZB-Bilanz voller Risiken hinterlassen. 

Bemerkenswert ist, dass sich Draghi nun scharfer Kritik aus seinem Heimatland Italien gegenüber sieht. Dort wird befürchtet, dass unlängst vorgestellte Richtlinien zum künftigen Umgang mit neuen Problemdarlehen zu einer Belastung für die italienischen Banken werden. Besorgt ist man in Italien zudem, dass die neuen Regeln auch auf den Berg bereits vorhandener Problemkredite angewendet werden. In der Eurozone entfällt etwa ein Viertel aller faulen Kredite auf italienische Banken.