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17.11.17 / Lars kriegt nix / Weihnachtsklassiker auf den Kopf gestellt – Den »Söhnen Hamburgs« ist nichts heilig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Lars kriegt nix
Weihnachtsklassiker auf den Kopf gestellt – Den »Söhnen Hamburgs« ist nichts heilig
Andreas Guballa

Vorsicht, Verwechselungsgefahr: Die „Söhne Hamburgs“ haben nichts mit dem Sänger Xavier Naidoo zu tun, dessen Musikgruppe unter dem Namen „Söhne Mannheims“ bundesweit bekannt ist. Die Hamburger „Söhne“ sind mehr auf Witz als auf Kontroversen aus. Kurz vor Weihnachten bespaßen sie den Norden.

Als eine Boyband von Männern im besten Alter lösen die Norddeutschen beim Publikum allerdings einen ähnlichen Kreischfaktor aus wie ihre Mannheimer Kollegen. Als „Die Söhne Hamburgs“ bespielen Sänger Stefan Gwildis, Pianist Joja Wendt und Allrounder Rolf Claussen gemeinsam und mit vereinten Talenten den Norden. Zur Freude des Publikums – vor allem aber zur eigenen.

„Stimme, Instrument, Improvisation – klar, dass das zusammen passt wie Hamburg und Hafen. Es wird das gemacht, worauf wir Lust haben. Ob das jetzt ein Rock­stück ist, ein Boogie, Soul oder Salsa. Alles ist erlaubt“, sagt der älteste „Sohn“, Gwildis, und er­gänzt: „Bei den virtuosen Ge­schichten darf man schon die Ohren anlegen. Es gibt da nicht die übliche Stringenz wie in den Solo-Programmen. Und wir ha­ben einen Heidenspaß dabei, mal richtig auf den Putz zu hauen.“

Prominenter Geburtshelfer des Trios war Komiker Otto Waalkes. Bei einer Geburtstagsfeier ließ Deutschlands bekanntester Ostfriese den entscheidenden Satz fallen: „Da kommen ja die Söhne Hamburgs“ – mit einem leichten Anflug von Neid in der Stimme, dass er, als gebürtiger Emder, sich dieser Gruppe nicht würde an­schließen können. 

Offensichtlich hatte es dieses Anstoßes bedurft: Claussen, Gwildis und Wendt kennen sich seit vielen Jahren. „Mein alter Schul­kumpel Rolf Claussen und ich haben früher viel Straßenmusik gemacht und sind einem Burschen begegnetet, der sein Klavier durch Hamburg schob. Das war Joja Wendt. Damals haben wir schon gesagt: Wir müssen unbedingt mal was zusammen machen. In Hamburg dauert so etwas eben manchmal ein bisschen länger“, erzählt Gwildis.

So kam zusammen, was zusam­mengehört: Als „Söhne Hamburgs“ verknüpfen Claussen, Gwildis und Wendt die in ihren jeweiligen Karrieren ge­sammelten Erfahrungen und Kunstgriffe mit der anarchischen Spiel- und Improvisationsfreude aus ihren bunten Anfangsjahren als Straßenmusiker auf der Mönckebergstraße, beim alljährlichen Alstervergnügen oder in der Talentschmiede des Schmidt-Theaters. Und was daraus erwächst, ist ein an jedem Abend neuer, virtuoser Reigen aus Liedern, Szenen, artistischen Einlagen, Slapstick und einem gerüttelt Maß trockenen Humors. „Der Spaß ist so groß, dass es uns oft schwerfällt, am Ende des Abends überhaupt die Bretter zu verlassen“, sagt der 59-jährige Gwildis.

Auf der Bühne bearbeiten die drei Protagonisten mit Lust ihre eigenen Lebensumstände und Be­findlichkeiten, genauso wie jene ihrer Babyboomer-Generation allgemein, besingen die Musiker-Steuererklärung und sich selbst 

– die „Männer in den besten Jahren“. Und natürlich geht es um Hamburg, um das neue Wahrzeichen über dem Wasser („Elbphilharmonie“) und das zum Sinnbild für den Verkehrsinfarkt gewordene alte, den Elbtunnel, gleich darunter („Licht am Ende des Tunnels“). Besonders geht es aber um die Menschen dieser Stadt, wie die Fischverkäuferin, der sie wunderbar zweideutige Eindeutigkeiten wie „Du hast schon so viele ausgenommen“ widmen. 

Der inhaltlichen Par­forcejagd steht der musikalische in nichts nach: Boogie, Soul, Jazz, Klassik und altes Hamburger Liedgut – jeder singt, jeder spielt, manchmal auch allesamt alles gleichzeitig und zusammen. Das Instrumentarium reicht von Gi­tarre und Bass über skurrile Straßeninstrumente Marke Eigenfabrikat bis hin zu einem sechs Meter langen Konzertflügel – begeh- und vor allem betanzbar und mit eigener Showtreppe versehen.

„Wir haben auch einen Extrablock mit Weihnachtsliedern im Programm, denn wir haben festgestellt, dass viele Weihnachtslieder deutschen Ursprungs sind. Deshalb haben wir den Ur­sprungstext ausgegraben“, sagt Gwildis. Bei den „Söhnen“ wird der weihnachtliche Pop-Ohrwurm „Last Christmas“ einfach in „Lars kriegt nix“ umgedichtet. 

Und was sagen die Familien dazu, dass die drei Herren so kurz vor dem Fest noch so umtriebig sind und auf Tournee gehen? „Wir spielen zirka zehn Termine – da hat man immer noch genug Zeit, in den Supermarkt zu gehen, um Dominosteine und Spekulatius zu kaufen. Und zu viel Zeit vorher mit der Familie zu verbringen, ist auch nicht gut. Dann hat man sich unterm Weihnachtsbaum ja nichts mehr zu sagen.“