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17.11.17 / Brandenburgs Regentin / Angies edler Tropfen – In der Uckermark befindet sich einer der nördlichsten Weinberge Deutschlands

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Brandenburgs Regentin
Angies edler Tropfen – In der Uckermark befindet sich einer der nördlichsten Weinberge Deutschlands
Wolfgang Reith

Für gewöhnlich denkt ein Weinliebhaber bei deutschem Wein an die bekannten Anbaugebiete in Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern oder Baden-Württemberg. Ein edler Tropfen kommt seit Langem sogar auch aus Sachsen, doch wird er außerhalb dieses Bundeslandes nur selten angeboten. Au­ßerdem gibt es noch das anerkannte Weinbaugebiet Saale-Unstrut in Sachsen-Anhalt, bekannt vor allem durch die Sektmarke „Rotkäppchen“. 

Weiter östlich und nördlich wurde aber auch schon seit dem Mittelalter Wein angebaut, so etwa in Brandenburg, Mecklenburg und bis 1945 in Niederschlesien („Grünberger Stein“), wo sich seit einigen Jahren polnische Bauern bemühen, die Tradition aus der Vorkriegszeit wiederzubeleben. 

Vor allem nach 1990 hat der Weinbau im Norden und aus der Mitte Deutschlands eine Renaissance erfahren. Dabei wurde er in Brandenburg schon im Jahre 1175 erstmals urkundlich erwähnt. Doch mit der Verwüstung der Landstriche im Dreißigjährigen Krieg  kam das Ende, zudem setzten strenge Winter und später der Befall durch Reblaus und Mehltau den Pflanzen zu, und schließlich setzte sich die Weinkonkurrenz  aus dem Süden mit wesentlich günstigeren Preisen durch.

Erst 1984, und damit zur DDR-Zeit, begann man in Werder an der Havel wieder mit der Re­kultivierung des Weinbaus, wo im September 1989, also kurz vor dem Fall der innerdeutschen Grenze, die erste große Lese stattfand. Heute ist der „Werderaner Wachtelberg“ die nördlichste Qualitätsweinlage Deutschlands.

Als Qualitätsweine gelten Wei­ne mit der Abkürzung „QbA“, die für „Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete“ steht, sowie „QmP“, für „Qualitätswein mit Prädikat“. Alle Qualitätsweine rangieren über den „einfachen“ Land- und Tafelweinen. Insgesamt verfügt das Bundesland Brandenburg über 30 Hektar zugelassene Rebfläche, die sich auf 18 Standorte verteilt, von denen der Weinberg in Werder an der Havel mit 6,2 Hektar den größten bildet.

Die kleinste und zugleich nördlichste zugelassene Anbaufläche Brandenburgs befindet sich im alten uckermärkischen Glashüttendorf Annenwalde, das bis 1974 eine selbstständige Gemeinde war, dann ins benachbarte Densow eingemeindet wurde, welches seit 2003 wiederum einen Ortsteil der Stadt Templin bildet. Angelegt wurde der Weinberg 2003 am Südhang des Densowsees (hinter dem restaurierten Gutshaus), wo man 520 Rebstöcke der Sorte „Regent“, eines trockenen Rotweins, pflanzte. 

Initiator war seinerzeit der Glas­künstler und Bildhauer Werner Kothe zusammen mit seiner Ehefrau Christa, die bereits 1995 den eingetragenen Verein „Glashütte Annenwalde“ gegründet hatten. Immerhin war das Dorf 1754 als Siedlung an einer Glashütte entstanden, die 111 Jahre lang produzierte, ehe sie 1865 stillgelegt wurde, weil die industrielle Glasfertigung billiger war.

Durch Unterstützung der Mitglieder des genannten Vereins gelang es im Jahre 2000 zunächst, eine neue Glashütte zu errichten und damit an die Tradition des Ortes anzuknüpfen. Drei Jahre später kam dann der Gedanke zur Anlage des Weinbergs auf, bei dessen Vollendung die Vereins­mitglieder tatkräftig mitwirkten. 2005 sollte eigentlich die erste Lese erfolgen, doch eine Woche zuvor wurden sämtliche Trauben von Waschbären abgefressen. Um eine Wiederholung im Jahr darauf auszuschließen, installierte man noch rechtzeitig vor der Ernte eine Weidezaunelektrik, und so konnte tatsächlich am 21. September 2006 erstmals eine Weinlese stattfinden. 

Den Ertrag brachten die Winzer nach Schloss Rattey ins benachbarte Mecklenburg, wo seit 1999 professioneller Weinbau betrieben wird und wo die Trauben dann bis April 2007 weiter ausgebaut und gekeltert wurden. Das fertige Produkt ergab 80 abgefüllte Flaschen dieses Jungfernweins. Mit rund 100 Litern ist der Rebensaft aus Annenwalde eine echte Rarität und wird auch nur vor Ort verkauft. 

Nach erfolgreicher Kreation rief das Ehepaar Kothe dazu auf, Anregungen für einen Namen des seltenen Weins einzureichen. 26 Personen reagierten, und 96 Vorschläge gab es dabei, von denen man letztlich die Bezeichnung „Regent in der Uckermark“ favorisierte, weil sie die Rebsorte mit dem Anbaugebiet zusammenfass­te. In einer kleinen Zeile darunter steht auf dem Etikett die Ergänzung „Der Wein aus dem Land der Kanzlerin“, denn Angela Merkel verbrachte ja den größten Teil ihrer Kindheit und Jugend in Templin. Um dem zusätzlich Ausdruck zu verleihen, wurde das Wort „Regent“ um die etwas schwächer wirkenden Buchstaben „in“ erweitert („Regentin“), und so wird der Wein im Volksmund denn auch scherzhaft „Angie Wein“ genannt.

Seit 2012 können Weinfreunde für den Betrag von 50 Euro ein Jahr lang die Patenschaft für einen Weinstock erwerben, eine Idee, die bei einem Studienaufenthalt im österreichischen Burgenland entstand, das ebenfalls als Weinanbauregion be­kannt ist. Für den Preis erhält man ein ganzjähriges Besuchsrecht im Weinberg, darf mindestens zwei Stunden bei der Arbeit darin mitwirken und ge­nießt den Vorzug zum Erhalt von fünf Flaschen jedes Jahrgangs. Außerdem wird an einem der Rebstöcke ein gläsernes Schild mit dem Namen des Paten angebracht.

Unter den Arbeiten des Künstlers Kothe erfreuen sich übrigens aus Glas gefertigte Sonnenuhren einer besonderen Beliebtheit, von denen ein Exemplar sogar schon den Weg bis nach Kapstadt genommen hat.