26.04.2024

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17.11.17 / Im Zeitalter der »Fake News«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Im Zeitalter der »Fake News«
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Wie Falschmeldungen und Gerüchte heute entstehen können! Bedrückend ist, dass gerade Journalisten dabei leichtgläubig und undistanziert reagieren. Letztlich entsprechen „Fake News“ dem Informationsangebot und einem Informationsbedürfnis. Besteht kein Vertrauen zur Nachrichtenquelle, kommen schnell Gerüchte auf. Heute erleben wir viele politisch motivierte Lügen mit teilweise verheerenden Folgen. 

Wie diese leicht im Spannungsfeld zwischen Politik, Medien und Öffentlichkeit wirken können, legt das Buch „Fake News machen Geschichte“ ausführlich dar. Im Januar 1933 kursierten in Berlin Gerüchte von einem Militär­putsch, die Reichswehr würde niemals einen Hitler als Kanzler anerkennen. Ex-Kanzler von Papen und der Politiker Hugenberg brachten Reichspräsi­dent Hindenburg mit diesem Gerücht zur Aufgabe seines Widerstandes gegen den von ihm verachteten „böhmischen Gefreiten“. Er fürchtete einen Generalstreik, einen etwaigen Bürgerkrieg. 

Doch niemand überprüfte damals je das Gerücht, kein einziger Anruf erfolgte bei jener Division in Potsdam. Es war auch von niemandem bewusst gestreut, es entstand aus verdächtigen Ereignissen, unbegründeten Vermutungen und Andeutungen – doch ohne jenes Gerücht über einen Staatsstreich hätte Hindenburg, glauben heute Historiker, Hitler zweifellos nicht zum Reichskanzler ernannt. 

Ende  1944 ließen deutsche Agenten durch Desinformationen Schweizer Zeitungen und den US-Nachrichtendienst an eine „Alpenfestung Hitlers“ glauben. Diese veranlassten den US-General Eisenhower, seine Truppen nur 100 Kilometer vor Berlin zu stoppen und die Hauptstadt den Sowjettruppen zu überlassen, um seine Soldaten gegen jene „Alpenfestung“ einzusetzen, die indes niemals existierte. Berlin aber fiel völlig in Moskauer Hände ... 

Fünf Jahre später lancierte die DDR-Führung die Falschmeldung, die sehr vielen Kartoffelkäfer im Lande seien von US-Flugzeugen abgeworfen worden. Trotz der großen Propaganda fand sich kein einziger Zeuge. In Wahrheit wollte Ost-Berlin von der Tatsache ablenken, dass es an chemischen Gegenmitteln fehlte und die Pflanzenschutz-Arbeiter nachlässig gewesen waren. 

1966 behauptete der SED-Chefpropagandist Norden auf einer internationalen Pressekonferenz, Bundespräsident Heinrich Lübke hätte „Hitlers KZ-Lager gebaut“. Obwohl die Dokumente zumeist manipuliert und gefälscht waren und keines die Unterschrift Lübkes trug, fanden sie großes Echo bei den Linken, der „Stern“ forderte sogar den Rücktritt des Bundespräsidenten. Inzwischen ist bewiesen: Lübke hat sich keiner Zusammenarbeit mit dem NS-Regime schuldig gemacht. 

Die Baader-Meinhof-Gruppe  („RAF“ genannt) überzog die Bundesrepublik jahrelang mit Terroraktionen und Morden. Nach ihrer Verhaftung verfügten  sie in ihren Gefängniszellen über Radio, einen Fernseher und Zeitungen. Wahrheitswidrig verbreiteten die Linken die Mär von ihrer „brutalen Isolierung“, sogar  Jean-Paul Sartre tönte von „Folter“ und RAF-Anwalt Otto Schily (später Bundesinnenminister) sah ihre „Verwesung bei lebendigen Leibe“. Leider erwies sich Bonns Gegen-Propaganda als ziemlich hilflos.

Bei der Verkündung des neuen DDR-Reisegesetzes am 9. November 1989 deutete SED-Politbüromitglied Günter Schabowski sehr wohl als Voraussetzung die Erlaubnis der DDR-Behörden an, was die Journalisten wohl überhörten und es so dann über die Medien zu der Falschmeldung „Öffnung der DDR-Grenzen“ kam. Die große Frage ist: Wer war der Vater jener Frage? Oder kam sie von einem Geheimdienst ,und von welchem?

Zur Weltfinanzkrise (2008) beteuerten Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück, den Sparern, ihre Einlagen seien sicher: „Dafür steht die Bundesregierung ein.“ Die politische Erklärung war ein bewusst falsches Versprechen: Sie war nicht rechtsverbindlich, die Bundes­regierung konnte die Sicherheit niemals gewährleisten. Doch der Bluff gelang, die Menschen be­ruhigten sich. 

Vor zwei Jahren meldete eine Zeitung wiederholte Vergewaltigungen einer 13-jährigen Russland-Deutschen, was die Polizei schnell dementierte. Tags darauf aber bekräftigte Russlands TV mit der Folge großer Demonstrationen von Russland-Deutschen. Inzwischen gab das Mädchen zu, die Story erfunden zu haben. 

Nach Bundesjustizminister He4iko Maas sollen jetzt Anbieter auf Beschwerden über Fake News innerhalb von 24 Stunden reagieren. Doch wer entscheidet, was eine Fake News ist – letztlich in nur 24 Stunden nach der Anzeige? Ein äußerst interessantes Buch! 

Lars Keil/Sven Kellerhoff: „Fake News machen Geschichten“; Ch. Links-Verlag, Berlin 2017, gebunden, 323 Seiten, 20 Euro