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17.11.17 / Islam in Deutschland – Blick in ein weitgehend unbekanntes Feld

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Islam in Deutschland – Blick in ein weitgehend unbekanntes Feld
Dirk Klose

Niemand in Deutschland weiß genau, wie viele Moscheen es hierzulande gibt, – weder die zuständigen Bundesbehörden noch die einzelnen Bundesländer oder Kommunen. Das erstaunt insofern, als doch mittlerweile rund fünf Millionen Menschen islamischen Glaubens in Deutschland leben.

Der für Nachrichtensendungen der ARD arbeitende Journalist Constantin Schreiber hat lange als Reporter in arabischen Ländern gelebt. Er spricht fließend arabisch, und so kann er in seinem Buch „Inside Islam“ authentisch berichten, was in Moscheen in Deutschland während der zentralen Freitagsgebete gepredigt wird. Binnen acht Monaten hat er 13 Moscheen besucht, die meisten in Berlin, andere in Hamburg, Leipzig, Magdeburg und Karlsruhe. Bis auf eine Ausnahme traf er auf die sunnitische Glaubensrichtung, er erlebte sowohl türkisch- als auch arabischsprachige Predigten. Nirgends wurde ihm der Zutritt verwehrt, auf Fragen antwortete er offen, er arbeite als Journalist, was (in den hier geschilderten Fällen) akzeptiert wurde.

Schreiber hat ein gleichbleibendes Schema: Er nennt Moschee, Glaubensrichtung, Sprache und Predigtthema, dann wichtige politische Ereignisse der Woche, schildert die jeweilige Moschee (teils in schäbigen Hinterhöfen, teils repräsentative Bauten), zitiert dann, wo immer möglich, vollständig die jeweilige Predigt und informiert am Ende über nachträgliche Bemühungen um Interviews mit den jeweiligen Imamen, die teils stattfanden, teils verweigert wurden.

Wer mit christlichen Predigten halbwegs vertraut ist, wird bemerken, dass hier, in den muslimischen Predigten, unentwegt das Lob Gottes angestimmt und der Prophet (Mohammed) und seine Familie gepriesen werden, dass aber der liebende Gott, wie ihn Christen glauben und anrufen, fast völlig fehlt. Daraus folgt eine strikte Glaubensanweisung, was bei jeder Abweichung sofort zum Verdacht der Häresie führt (besonders deutlich in der einzigen schiitischen Predigt). 

Und daraus folgt weiter eine deutliche Abgrenzung gegenüber allem, was in Deutschland – verallgemeinert: im „Abendland“ –  politische Rechte und gesellschaftliche Werte sind. „Koran und Demokratie sind unvereinbar“ sagt einmal ein Prediger, und ein anderer warnt in den Dezembertagen vor der „Weihnachtsgefahr als der größten aller Gefahren“. Demgegenüber wirken dann doch Bekenntnisse zur gemeinsamen Ächtung von Mord und Terror blass.

Der Autor nennt drei Schwerpunkte, die ihm in den Predigten auffielen: zum einen religiöse Werte, zweitens das Leben in Deutschland und schließlich politische Bezüge. Wobei die arabisch gehaltenen Predigten mehr religiösen Charakter haben, während die türkischsprachigen stark politisiert sind – was kein Wunder ist, gibt doch die Religionsbehörde in Ankara die Themen vor.

Für deutsche Leser öffnet das Buch den Blick in ein fast unbekanntes Feld. Man nimmt mit Erstaunen, wohl auch mit etwas Erschrecken wahr, welch ganz andere, uns in Vielem fremde Welt inzwischen unser Nachbar ist. Das Buch enthält allerdings keine 

Hasspredigten. Ob freilich die geringe Auswahl von nur 13 Texten repräsentativ ist für muslimische Predigten in Deutschland generell, muss offen bleiben.

Eine überraschende Gemeinsamkeit entdeckt man dann aber auch: In vielen Predigten wird ständig gemahnt, dem rechten Glauben treu zu bleiben, regelmäßig zum Freitagsgebet zu kommen, fleißig zu spenden und sich für die Gemeinde einzusetzen. Offensichtlich klappt es mit der Glaubenstreue doch nicht immer so, wie es der Koran verlangt. Ein ähnliches Problem haben ja die christlichen Kirchen in Deutschland seit Langem, auch hier schwächt sich die Glaubensintensität ab. Man könnte glauben, die vieldiskutierte Säkularisierung der heutigen Welt mache vor keiner Glaubensschranke halt. 

Constantin Schreiber: „Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird“, Econ Verlag, Berlin 2017, gebunden, 256 Seiten, 18 Euro