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17.11.17 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Wehe dem, der petzt! / Wieso wir mit den Texas-Morden nichts anfangen konnten, wofür es keinen oder doch einen Beleg gibt, und wer schweigen kann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-17 vom 17. November 2017

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wehe dem, der petzt! / Wieso wir mit den Texas-Morden nichts anfangen konnten, wofür es keinen oder doch einen Beleg gibt, und wer schweigen kann

Schade, gerade hatten wir uns wieder eingeschossen auf den unerhörten „privaten Waffenbesitz“ als Ursünde moderner Gesellschaften, da machen uns die Nachrichten aus den USA alles kaputt. Die dortige „Waffenlobby“, eine von Trumps besonders abscheulichen Gruselgarden, zeigte sich nach dem Massaker in der texanischen Kirche ja wieder mal völlig uneinsichtig, woran man sehen konnte, was für skrupellose Kerle das sind – so schallte es durchs moralsichere Deutschland. Sind denn nicht schon genug Leute gestorben, weil jedem Heini dort drüben der Besitz eines eigenen Schießeisens erlaubt ist?

Ja, das war die Erzählung, und wer wollte ihr widersprechen? Wer wohl? Die Wirklichkeit war so frech: Der Killer, der 26 Menschen in dem Gotteshaus ermordete, hatte sich seine Waffe illegal besorgt. Das machen Mörder und andere Unterweltler in Deutschland auch so. Der Unterschied zu den USA: Dort konnte ein legal bewaffneter Bürger den Massenmörder stoppen, bevor er noch mehr Menschen tötete. Wer hätte ihn in Deutschland aufgehalten? Und womit? 

Eben. Das schreckliche Geschehen erwies sich wider Erwarten als völlig unbrauchbar für die gewünschte Richtung. Daher verschwand die Debatte über die „notwendigen Schlussfolgerungen der Tat von Texas“ genauso blitzartig wieder aus den Medien wie das Thema dort hochgeredet worden war.

Wir im trauten Deutschland wollen eh keine Privatwaffen, weil wir uns auf den Schutz durch unsere Polizei verlassen. Deshalb sind uns die Meldungen über die Zustände an der Berliner Polizeiakademie, über welche die PAZ vergangene Woche berichten musste, besonders auf den Magen geschlagen.

Umso erleichterter saugen wir die Klarstellungen von Polizeipräsident Klaus Kandt in uns auf, die wir Anfang der Woche in der RBB-„Abendschau“ genießen durften. Für eine Unterwanderung der Polizei durch kriminelle Clans kenne er keinen einzigen Beleg, räumt Kandt da alle Befürchtungen in dieser Richtung ab. Der Fall eines Polizeischülers werde jedoch geprüft, der Kontakt zu einer Rockergruppe haben soll. Für den jungen Mann sehe es nicht gut aus.

Da waren wir für einen kurzen Moment verwirrt. Es gibt also keinen einzigen Beleg für die Verstrickung von Polizeischülern ins kriminelle Milieu, sagt Kandt, um sogleich selber einen möglichen Beleg für das, wofür es keinen Beleg gibt, aus der Tasche zu ziehen.

Und wie ist das mit den alarmierenden Meldungen über Polizeischüler orientalischer Herkunft, die durch Hassausbrüche, Gewalttätigkeit gegenüber Kollegen und Lernverweigerung aufgefallen sind? Ach, kontert Kandt, die Ausbildung sei eben „umgestellt“ worden. Dadurch gebe es jetzt nicht nur deutlich mehr Auszubildende, sondern auch Veränderungen in der „Struktur“ der Polizeischüler.

In der „Struktur“? Was meint er denn damit? Na ja, bleiben wir fair: Was soll der arme Mann denn sonst sagen? Dass es mit einem Anteil von 45 Prozent noch nie so viele angehende Berliner Polizisten mit ausländischen Wurzeln gab? Und dass Leute mit bestimmten Herkünften manchmal komische Vorstellungen von Lerneifer, Kameradschaft und gutem Benehmen mitgebacht haben?

Kandt ist Polizeipräsident einer rot-rot-grünen Regierung. Da müsste er regelrecht Rückgrat besitzen, um solche Wahrheiten öffentlich einzuräumen. Ergo schwadroniert er lieber von „Strukturen“. Und statt zuzugeben, dass die Politik das Niveau der Polizeiausbildung den Immigranten zuliebe abgesenkt hat, überschmiert er die Entwicklung mit der Vokabel „Umstellung“. 

Richtig wach wurde Kandt, als die Forderung nach einer externen Untersuchungskommission durch den Raum geisterte. Das hieße ja: Versierte Leute von außerhalb des Berliner Polizeiapparats sollten den Laden mal auf mögliche weitere „Belege“ hin abklopfen.

Nein, nein, nein, auf keinen Fall: „Kann ich mir nicht vorstellen“, schiebt der oberste Polizist so ein Ansinnen kategorisch vom Tisch. Er wüsste auch gar nicht, warum da einer von draußen was untersuchen sollte. 

Merkwürdig, nicht wahr? Stellen Sie sich vor, jemand wirft Ihnen aus heiterem Himmel vor, Sie hätten Falschgeld im Schreibtisch. Was würden Sie dem antworten? Ist doch klar: „Guck selber nach, du Wicht!“ Klaus Kandt dagegen stemmt sich mit beiden Händen gegen die geschlossene Schublade und schreit: „Finger weg, da ist nichts drin!“ Tststs ...

Das Verhalten erinnert an Mafia-Clans. Bei denen ist es oberstes Gebot, dass der „Familie“ niemand in die Karten schaut. Und wehe dem, der petzt! Im Mutterland der Mafia, in Italien, nennt man die Pflicht zur strikten Verschwiegenheit „Omertà“. Wer gegen die „Omertà“ verstößt, dem blühen harte Strafen. Wie wir vergangene Woche berichtet haben, hat Kandt dem LKA-Beamten, der die Zustände an der Polizeiakademie öffentlich gemacht hat, bereits strafrechtliche Konsequenzen in Aussicht gestellt.

Wie es an der Schule der Ordnungshüter wirklich zugeht, können wir nur erahnen. Äußerungen von Repräsentanten geben aber Anhaltspunkte. So erklärte der Vizeleiter der Akademie, Boris Meckelburg, „80 Prozent“ der angehenden Polizisten seien „total pflegeleicht“. 

Na, wer sagt’s denn! Dann ist ja alles in ... Moment mal: Heißt das etwa, dass 20 Prozent irgendwie auffällig, problematisch, in besonderer Weise „pflegebedürftig“ sind? Jeder fünfte?

Genau das soll es offenbar bedeuten, wie Kandts Stellvertreterin Margarete Koppers mittels einer nicht minder derangierten Beschwichtigung unfreiwillig enthüllt. An der Berliner Polizeiakademie gebe es „die gleichen Disziplinlosigkeiten wie an jeder anderen deutschen Schule“, so Koppers. 

Es geht dort demnach nicht anders zu als an einer beliebigen Brennpunktschule, wo 20 Prozent Problemkinder die Norm sind. Das soll uns beruhigen? Im Ernst? Jetzt müssen wir uns nur noch vorstellen, wie es wäre, wenn die 20 Prozent Pöbel- und Prügelgören von der Brennpunktschule später vom Staat mit Schusswaffen ausgerüstet würden, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu garantieren, so wie dereinst die Berliner Polizeischüler  – und wir fühlen uns genauso entspannt wie beim Ritt auf einer rostigen Treibmine.

Margarete Koppers wechselt übrigens demnächst den Posten, sie steigt zur Chefin der Berliner Generalstaatsanwaltschaft auf. Diese Personalentscheidung garantiert eine sehr gute, enge und vor allem diskrete Zusammenarbeit der Justiz- und Polizeiorgane von Berlin.

Übereifrige Kritiker wagen den Blick in den Abgrund und fragen, ob es hier irgendwo einen Zusammenhang gibt zu dem Phänomen, dass sich die Organisierte Kriminalität in der deutschen Hauptstadt derart ungeniert ausbreiten konnte. An dieser Stelle wollen wir aber nicht weiterbohren.

Da bewegen wir uns lieber auf vertrautem Terrain, wo noch jeder weiß, wie man lästige Fragen oder Kritik vom Tisch wischt. „Wir haben hier eine Diskussion, bei der alle türkisch- und arabischstämmigen Mitarbeiter sich einem Generalverdacht ausgesetzt sehen“, donnert Polizeipräsident Kandt      – der den „Generalverdacht“ schnell ausmerzen könnte, wenn er externe Ermittler jeden Einzelverdacht untersuchen ließe. Aber das will er ja nicht. Innensenator Andreas Geisel droht gar: „Wird hier Stimmung gemacht gegen Migranten in der Polizei? Das werde ich nicht dulden.“

Muss er auch nicht, denn wir haben ja schon wieder alles beisammen: Den Verdacht auf „Generalverdacht“ und den Rassismusvorwurf. Wo diese Geschütze aufgefahren werden, schlägt sich jeder, der zu den Guten gehören will, in die Büsche. Und hält die Klappe, denn Sie wissen ja: Wer die heilige Omertà bricht, der darf sich nicht wundern ...