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24.11.17 / Fluch des Erfolgs / Tesla schwächelt bei der Serienfertigung seines begehrten Mittelklassemodells

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-17 vom 24. November 2017

Fluch des Erfolgs
Tesla schwächelt bei der Serienfertigung seines begehrten Mittelklassemodells
Friedrich List

Dass Tesla die Interessentenschlange für sein stark nachgefragtes Mittelklassemodell „Model 3“ zeitnah beliefern kann, steht in Frage. Während sich das junge Unternehmen mit der Umstellung von Hand- auf Serienfertigung herumplagt, bereiten nicht nur große US-amerikanische Autobauer wie General Motors, sondern auch die deutsche Industrie die Markteinführung eigener Elektroautos vor.

Der Autobauer Tesla war 2003 angetreten, um Autos mit elektrischem Antrieb für breitere Käuferschichten zu produzieren. Die Firmengründer um Martin Eberhard, Marc Tarpenning und Ian Wright, aber auch der etwas später hinzugekommene Elon Musk wollten die technischen und ökologischen Vorteile des Elektromotors massentauglich machen und so die Entwicklung eines ökologisch unbedenklichen Verkehrssystems vorantreiben.

Bislang hat das Unternehmen vier verschiedene Pkw-Modelle auf den Markt gebracht. Als erstes präsentierte Tesla 2006 den „Roadster“, einen zweisitzigen Sportwagen, der von einem maximal 215 Kilowatt leistenden Elektromotor angetrieben wird. Der „Roadster“ ist das erste Elektroauto, das seinen Strom aus Lithium-Ionen-Akkus bezieht, in diesem Fall aus 6831 Akkus, wie sie auch in Laptops verwendet werden. Der „Road­ster“ und seine schnellere Sportvariante wurden bis 2011 produziert. Das nächste Modell war eine fünfsitzige Limousine, das bis heute produzierte Modell S. Seit 2013 ist es auch auf dem deutschen Markt verfügbar. Tesla baute zudem, erst in den USA, dann in Europa, ein Netz von Schnellladestationen auf, welche die E-Autos in rund 40 Minuten auf 80 Prozent Kapazität laden können. Mit zwei Jahren Verspätung kam im September 2015 der „Roadster“-Nachfolger „Model X“ auf den Markt. Das „Model 3“, mit dem Tesla auch in der Mittelklasse Fuß fassen will, wurde erstmals im März 2016 vorgestellt und war sofort ein Verkaufserfolg. Bis heute sind über 518000 „Model 3“-Autos vorbestellt; im Sommer kamen pro Woche 1800 Bestellungen zusammen. 

Tesla zog den Anlauf der Serienproduktion vor und bekam schnell Probleme beim Aufbau der Fertigung. Waren Teslas bisher mehr oder weniger in Handarbeit produziert worden, sollte das „Model 3“ nun wie jeder andere Pkw auf einer Fertigungsstraße hergestellt werden. Außerdem plante das Unternehmen, die Fertigung von 50000 Autos 2017 auf 500000 Fahrzeuge im kommenden Jahr zu steigern. Aber zwischen Juli und September verließen nur 260 Fahrzeuge statt der geplanten 2500 das Tesla-Werk im kalifornischen Fremont. Der Grund liegt einmal in den langwierigen Einstellungsprozessen der Montagestraße für die Karosserie. 

Um reibungslos zu laufen, müssen alle Roboter exakt miteinander vertaktet sein, und auch bei den Menschen muss jeder Handgriff sitzen. Nach Presseberichten ist es aber immer noch so, dass die Arbeiter die Probleme mit den Fertigungsrobotern ausgleichen müssen. Immer wieder müssen die Abläufe getestet werden. Dieselben Schwierigkeiten haben zwar auch andere Autobauer, wenn sie ein neues Modell in die Großserienfertigung bringen. Erschwerend kommt aber bei Tesla hinzu, dass das Unternehmen nicht denselben Erfahrungsschatz mitbringt wie ein alteingesessener Konzern. Nichtsdestotrotz hatte Musk auf eine längere Testphase zum Produktionsanlauf verzichtet. Eine andere Baustelle ist die Batteriefabrik des Unternehmens in Nevada, in der die Produktion ebenfalls hinter den Erwartungen zurückbleibt. Zudem gibt es Schwierigkeiten mit dem „Model X“. Tesla musste 11000 bereits ausgelieferte Wagen zu Reparaturen in die Werkstatt rufen. 

Die Folgen für den Autobauer sind dramatisch. Der Aktienkurs fällt. Das Unternehmen musste für das dritte Quartal 2017 einen Verlust von 533 Millionen Euro oder 619 Millionen US-Dollar vermelden. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres verdiente Tesla rund 18,7 Millionen Euro. Tesla hat auf die Schwierigkeiten mit Entlassungen reagiert, konnte aber einen Einbruch des Aktienkurses nicht verhindern. Die Tesla-Aktie verlor zwischen Mitte September und Mitte November mehr als 90 Dollar – in einem Börsenmarkt, der ansonsten aufwärts gerichtet ist. Vergangenen Dienstag (11.55 Uhr) lag der Kurs bei 263,75 Euro.