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24.11.17 / Zahl der Schüler steigt rasant / Berlin will marode Gebäude mit Milliarden sanieren – Doch jetzt fehlen auch noch Lehrer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-17 vom 24. November 2017

Zahl der Schüler steigt rasant
Berlin will marode Gebäude mit Milliarden sanieren – Doch jetzt fehlen auch noch Lehrer
Norman Hanert

Über den Zeitraum von zwei Jahrzehnten hat sich an Berlins Schulgebäuden ein Sanierungsbedarf in Milliardenhöhe angestaut. Nun fließt zwar Geld, dafür fehlt aber Personal. 

Wie marode die Substanz vieler Berliner Schulgebäude mittlerweile ist, zeigte sich unlängst bei einer Protestaktion an der Spandauer Carlo-Schmid-Schule. Ausstaffiert mit Bauhelmen und Schutzmasken demonstrierten dort 45 Lehrer gegen den  baulichen Zustand ihrer Wirkungsstätte, der schon seit Jahren für Unmut unter Schülern und Lehrpersonal sorgt. 

Die Protestaktion sorgte berlinweit für Schlagzeilen, denn ihr Auslöser war gravierend: Während der Herbstferien war ein Wasserschaden entstanden, der Teile einer Decke des Schulfoyers einstürzen ließ. Die Spandauer Sekundarschule gilt zwar als Extremfall, ein milliardenschwerer Sanierungsbedarf an Schulen besteht allerdings im ganzen Stadtgebiet. Seit vor gut 20 Jahren der damalige rot-rote Senat unter Klaus Wowereit (SPD) die Parole „Sparen bis es quietscht“  ausgab, hat sich der bauliche Zustand vieler Schulen drastisch verschlechtert. 

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bezifferte im Frühjahr den akuten Finanzbedarf für Reparaturen mit 1,6 Milliarden Euro. Die Bildungsbehörde ermittelte sogar einen generellen Sanierungsstau an den Schulen von insgesamt mehr als vier Milliarden Euro. Eine Berliner Gesamtübersicht förderte große Unterschiede beim akuten Sanierungsbedarf zu Tage. In der Folge wurden sogar Vorwürfe laut, einige Berliner Bezirke hätten ihre Schulen verkommen lassen. 

Insgesamt will der Senat bis zum Jahr 2026 rund 5,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um einerseits marode Schulen zu sanieren, aber auch um völlig neue Schulbauten zu errichten. Das Vorhaben erscheint nicht nur notwendig, weil viele Schulen baufällig sind. Berlin rechnet durch anhaltendenden Zuzug für die kommenden Jahren zudem mit einem massiven Anstieg der Schülerzahl. 

In Bezirken wie Lichtenberg oder Pankow sagt eine Prognose zwischen 30 und 40 Prozent mehr Schüler voraus. Wie aus dem Schulentwicklungsplan des Landes hervorgeht, muss sich Berlin bereits für den Zeitraum 2022/23 auf rund 40000 zusätzliche Schüler einrichten. Deren Gesamtzahl soll dann bei rund 336000 liegen. Die Hauptstadt benötigt dafür 2500 zusätzliche Lehrer, in großer Zahl aber auch neue Unterrichtsräume. 

Wie aus der Investitionsplanung des Landes hervorgeht, sollen schon bis zum Jahr 2021 in Berlin 51 Schulneubauten mit mehr als 80000 neuen Schulplätzen entstehen. Trotz der Bereitstellung der finanziellen Mittel ist ein Erfolg der Schulbauoffensive keineswegs garantiert: Berlins Verwaltung ist vielerorts personell ausgedünnt, beim Schulbau kommt Kompetenzgerangel hinzu. Bereits seit einiger Zeit läuft der Versuch des Senats, die bezirklichen Hochbauämter beim Schulbauprogramm teilweise zu entmachten. Bei Bauvorhaben mit einem Kostenrahmen von mehr als zehn Millionen Euro will der Senat, dass die Bezirke von einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Unterstützung erhalten. 

Das wird dort aber kritisch gesehen: Tatsächlich haben gerade die Bezirke damit zu kämpfen, dass der Arbeitsmarkt in Berlin im Bereich der Inge­nieure und Bauplaner wie leergefegt ist. Doch die Bezirke haben inzwischen ein eigenes Zehn-Punkte-Programm zum Schulbau vorgelegt. Sie setzen auf die Stärkung der eigenen Hochbauämter, aber auch auf eine Zusammenarbeit unter den Bezirken, um Synergie-Effekte nutzen zu können. 

Aufgegriffen wurde in dem Papier auch eine Anregung, die aus den Reihen der Berliner AfD gekommen ist. Andreas Otti, Stadtrat der AfD in Berlin-Spandau, hatte vorgeschlagen, sich um Zeitsoldaten der Bundeswehr zu bemühen, um Planer und Bauleiter für das Schulbauprogramm zu finden. In Frage kommen Zeitsoldaten, die bei der Bundeswehr beispielsweise Ingenieurswesen studiert haben. 

Der Stadt­rat sieht seinen Vorschlag als Chance, sehr gut ausgebildete Fachkräfte nach Berlin zu holen: „Die Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr sind sehr pflichtbewusst, sehr lösungsorientiert und haben eine hohe Leistungsdichte“, so Otti gegenüber der PAZ. Aus seiner eigenen Dienstzeit wisse er zudem, dass Berlin für viele Bundeswehrangehörige als Arbeitsort durchaus attraktiv sei. 

Dass diese Idee zur Fachkräftegewinnung für die Berliner Verwaltung aus den Reihen der AfD kommt, ist naheliegend: Ehemalige Bundeswehrangehörige spielen im Berliner Landesverband und in der Fraktion im Abgeordetenhaus eine prominente Rolle. 

Der Landes- und Fraktionschef Georg Pazderski war 41 Jahre lang Berufsoffizier, zuletzt im Rang eines Oberst im Generalstabsdienst. Karsten Woldeit, Vize-Fraktionschef im Abgeordetenhaus und stellvertretender Landesvorsitzender, war ebenso Berufssoldat. Andreas Otti ist ein ehemaliger aktiver Offizier der Luftwaffe, der als Stadtrat nun unter anderem für die Liegenschaftsverwaltung des Bezirks Spandau zuständig ist.