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24.11.17 / Auf den Spuren Atatürks / Saudi-Arabien setzt auf Nation statt Islam als Identitätsstifter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-17 vom 24. November 2017

Auf den Spuren Atatürks
Saudi-Arabien setzt auf Nation statt Islam als Identitätsstifter
Thomas W. Wyrwoll

Es ist soweit: Nach langem Stillstand und der alleinigen Berufung auf die Rolle eines „Hüters der Heiligen Stätten“ zieht Saudi-Arabien die nationalarabische Karte. Kronprinz Mohammed bin Salman bin Abdulaziz Al Saud formulierte, dass die islamische Geschichte zwar wichtig sei, man aber auch eine vielhundertjährig ältere Geschichte der Araber habe, an die es zu erinnern gelte. Zudem verfüge man im Lande auch über archäologische Zeugnisse der europäischen Kulturen, an denen man daher ideellen Anteil habe. Solche Worte galten noch vor Kurzem als Sakrileg.

Seit 2010 zog einer Karawane gleich die Ausstellung „Roads of Arabia“ um den Globus, wobei sie 2012 Station in Berlin machte. Auf eindrucksvolle Weise zeigte sich hier ein anderes Arabien: als blühende Kultur auf hohem Niveau, mit der Welt verbunden und beispielweise die eigenen Frauen gut behandelnd. Die US-geführten Medien wurden damals nicht müde, die Ausstellung in ein negatives Licht zu rücken. Nicht gezeigt wurde sie umgekehrt freilich in Riad, da sie den dortigen Klerikern schwer gegen den Strich ging. Zeitgleich zu der vom Kronprinzen betriebenen Säuberung von korrupten Prinzen und anderen ihm feindlichen Zeitgenossen wird die Ausstellung jetzt erstmals in Riad der heimischen Öffentlichkeit vorgestellt. Parallel dazu findet ein mit Pomp angekündigtes, aber chaotisch organisiertes „Erstes Saudisches Archäologie-Forum“ statt, bei dem die meisten ausländischen Experten fehlen und sich fragwürdige Figuren eingeschlichen haben. Die symbolische Aussage dieser Bemühungen ist aber dessen ungeachtet eindeutig.

Man sucht sich in Saudi-Arabien, seiner nationalen Kulturgeschichte zu besinnen, um so ein Fundament für die beiden großen Vorhaben des Kronprinzen, seine reformerische „Vision 2030“ und die unlängst neu vorgestellte Kontinent-übergreifende und griechisch-arabisch benannte Megastadt „Neom“ am Roten Meer, zu erhalten. Deren Umsetzung ist für Arabien überlebenswichtig, denn das „Zeitalter nach dem Öl“ wird dank Elektroauto und dergleichen bereits lange vor dem Aufbrauchen des Öls anbrechen. Neom befindet sich unter deutscher Aufbauleitung, und eine deutsche Beteiligung ist auch den anderen Vorhaben des Prinzen sowie seinem Beraterstab zu wünschen, denn dann hätte das Königreich beinahe eine Garantie, es mit Menschen zu tun zu haben, die ihre Aufgaben sowohl beherrschen als auch im Sinne einer arabischen Zeitenwende fruchtbar voranbringen bringen wollen. Eine alle Ebenen umfassende Achse Berlin–Riad wäre nämlich fraglos im Interesse sowohl des arabischen als auch des deutschen Volkes.