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24.11.17 / Folgt dem Petro-Dollar der Petro-Yuan? / China, Saudi-Arabien, Venezuela und Russland stellen die Standardwährung für Ölgeschäfte in Frage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-17 vom 24. November 2017

Folgt dem Petro-Dollar der Petro-Yuan?
China, Saudi-Arabien, Venezuela und Russland stellen die Standardwährung für Ölgeschäfte in Frage
Florian Stumfall

Die Börse im chinesischen Shanghai beginnt in Kürze mit Öltermingeschäften, die auf dem chinesischen Yuan basieren und nicht mehr auf dem US-Dollar. Dies ruft naheliegenderweise einige Reaktionen hervor. 

Seit Jahrzehnten gilt auf dem internationalen Erdölmarkt ein scheinbar unumstößliches Gesetz: Wo immer das Schwarze Gold verhandelt wird, geschieht das auf der Grundlage des US-Dollar als Verrechnungseinheit. Das hat zur Folge, dass jeder Staat und jeder Privatmann, der Öl erwerben will, dazu Dollar braucht, die er, wenn er sie nicht vorrätig hat, zunächst kaufen muss. Das bedeutet eine immense Nachfrage nach US-Dollar, die diese Währung stützt und die aberwitzige Verschuldung der USA finanziert.

Diese Ordnung scheint sich nun aufzulösen. Das japanische Wirtschaftsorgan „Nikkei“ teilte unter Berufung auf eigene Quellen mit, dass die ersten Terminverträge auf Grundlage des Yuan noch in diesem Jahr abgeschlossen würden. Der ägyptisch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Ibrahim Oweiss hält es für möglich, dass bald der Begriff „Petro-Dollar“ durch den „Petro-Yuan“ abgelöst wird. Westliche Medien zeigen sich besorgt, dass die Rolle des US-Dollar als globales Zahlungsmittel erstmals ernsthaft gefährdet sei. 

China ist mit einer Einfuhr von täglich fast neun Millionen Barrel Öl einer der größten Teilnehmer am Ölmarkt weltweit. Wenn Ölgeschäfte künftig nicht nur in Dollar, sondern auch in Yuan abgerechnet werden, so wird das die Nachfrage nach der chinesischen Währung ebenso erhöhen, wie es diejenige nach dem Dollar mindert. Für China bedeutet das eine Belastung seiner Ausfuhren dadurch, dass der Yuan teurer wird, aber im Gegenzug kann es billiger einkaufen. 

Für die USA heißt das, dass das bisherige Finanzsystem in Frage gestellt wird. Dieses bestand darin, dass die monströsen Schulden der USA – hauptsächlich verursacht durch ständiges Kriegführen in aller Welt – nicht mehr im bisherigen Maße von all den Ländern finanziert werden, die am Welthandel teilhaben. Das heißt aber, dass das gesamte Finanzsystem der USA gefährdet wird, während China allenfalls die Sorgen eines Landes mit starker Währung wird tragen müssen.

In Peking jedenfalls scheint man das so zu sehen. Cheng Fengying vom Institut für Weltwirtschaft der Chinesischen Akademie für Internationale Beziehungen in Peking, sagt: „Ungeachtet der vorhandenen Risiken wird China unweigerlich den Weg einer Internationalisierung des Yuan gehen.“ Wang Zhimin, Direktor des Forschungsinstituts für Probleme der Globalisierung bei der Universität für Globale Wirtschaft in Peking, sagt dazu. „Einige Länder haben sich bereits auf die Umstellung auf den Yuan im Ölhandel geeinigt, beispielsweise China und Russland.“

Russland als Partner Chinas auf vielen Feldern hat darüber hinaus mit Peking vereinbart, einen Investitionsfonds in Höhe von etwa zehn Milliarden Dollar zu schaffen, um die Verrechnungen nicht nur des Ölhandels in Yuan und Rubeln zu vereinfachen.

Als weiteres, strategisch wichtiges Land in der Ölproduktion dürfte sich Saudi-Arabien anschließen. Das vermutet der Chef-Ökonom des US-Consulting-Unternehmens High Weighted Economic Review, Karl Weinberg: „Ich vermute, dass die Zahlungsgeschäfte für Öl in Yuan kommen werden, und sobald sich Saudi-Arabien dazu entschließt, dies zu akzeptieren – weil die Chinesen sie dazu zwingen werden – wird der Rest des Ölmarktes ihnen folgen.“ Dabei ist der Zwang aus China rein wirtschaftlicher Art. Er resultiert aus der Rolle Pekings als größter Nachfrager. Oder mit anderen Worten: Wer zahlt, schafft an. Vor Kurzem gab Riad bekannt, dass eine Emission von Bonds vorbereitet wird, die auf Yuan lauten.

Als bedeutender Ölexporteur hat sich auch Venezuela vom Dollar losgesagt. Das hat in erster Linie politische Gründe, denn die USA betreiben den gewaltsamen Versuch eines sogenannten Re-

gime Change in dem südamerikanischen Land. Es hat bereits im internationalen Handel damit begonnen, nicht mehr in Dollar zu rechnen. Präsident Nicolás Maduro erklärt: „Wir verkaufen Erdöl und unsere ganze Produktion und bewerten bereits in chinesischen Yuan.“ Diese Entscheidung führt er auf die Sanktionen zurück, die Washington gegen Venezuela verhängt hat: „Sie haben uns einen riesigen Schaden zugefügt. Wir sind gezwungen, uns zu verteidigen.“

Was Chinas Stellung nicht nur auf dem internationalen Ölmarkt weiter festigt, ist der Umstand, dass es die Möglichkeit einer Konvertierung des Yuan in Gold anbietet. Tatsächlich sind heute bereits sowohl der chinesische Yuan als auch der russische Rubel faktisch goldgedeckt. Kein Zufall auch, dass sich die Türkei in ihrer derzeitigen Abwendung vom Westen bemüht, Dollar-Bestände in Gold umzutauschen. Gleichzeitig muss die US-Notenbank ständig gegen den Verdacht ankämpfen, sie habe das Gold in Fort Knox – nicht nur das eigene, sondern das von verschiedenen Ländern – längst verfrühstückt.

Angesichts der exorbitanten Verschuldung der USA, die durch die Entwicklung auf dem internationalen Ölmarkt möglicherweise bald nicht mehr finanzierbar sein wird, und eines Euro, der ein finanztechnisches Kartenhaus mit einem Risiko von mehreren Billionen darstellt, gewinnt mit einem Mal das Gold wieder eine zentrale Bedeutung im weltweiten Finanzwesen. Es scheint, als würde das Öl als nach wie vor entscheidender Energieträger jetzt die Rolle eines Katalysators zwischen den Ländern spielen, die mit Finanzwerten jonglieren, die nur aus Papier oder Computerdaten bestehen und anderen, die mit Realwerten arbeiten.